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Walking TheatreStudiobühne Siegburg zeigt „Hänsel und Gretel“ im Wald von Kaldauen

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Ausgelassenes Spiel der Geschwister: Alexandra Ebert als Gretel (oben) und Lea Marie Meier als Hänsel. 

Siegburg – „Drink doch ene met“, grölt der Holzfäller, als er aus der Kneipe stolpert und lachend auf den Waldboden fällt. Doch die Lage ist tragisch: Statt zwei Brote für die Familie zu kaufen, hat der Vater von Hänsel und Gretel fast das ganze Geld in der Kneipe „Zur winkenden Katze“ versoffen. Die wird sich später ins Hexen-Restaurant „Zum hinkenden Spatzen“ verwandeln. Auf der Tafel annonciert die dämonische Besitzerin, die mit Vorliebe lilafarbenen Samt und Leopardenfell-Look trägt, bizarre Spezialitäten wie „Geräucherte Menschenleber in Kräutersauce“ oder „Zartes vom Kind“.

Märchenhaft gruselig geht es zurzeit rund um den Kaldauer Waldkindergarten „i-Tüpfelchen“ zu. Dort laufen die Proben für das „Walking Theatre mit Hänsel und Gretel“. Ein originelles Konzept, das René Böttcher als Leiter der Studiobühne entworfen hat und das von Regisseurin Cynthia Oblas realisiert wurde.

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Knusperhäuschen-Flair: Der Waldkindergarten i-Tüpfelchen ist wie gemacht für „Hänsel und Gretel“.  

Der Anstoß kam von den Humperdinck-Freunden, die sich zum 100. Todestag des Siegburger Komponisten eine „Hänsel und Gretel“-Inszenierung gewünscht hatten. Die Idee löste in der Studiobühne zunächst wenig Begeisterung aus – angesichts eines Stücks, das im Opernrepertoire „ein bisschen durchgenudelt ist“, wie Böttcher urteilt.

Doch der ausgewählte Schauplatz im Wald von Kaldauen erwies sich als ideal. „Eine natürliche Kulisse“, wie sich Dr. Susanne Haase-Mühlbauer als Vorsitzende der Humperdinck-Freunde begeisterte, die in eine Probe hineinschnupperte.

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Optimistisch gibt sich der Vater (Samuel Küßner), doch die Mutter (Marie Illies) ist verzweifelt angesichts großer Armut. 

Für Waldzauber und Knusperhäuschen-Flair sind nämlich keine Aufbauten nötig. Die schiefen Häuschen des Waldkindergartens bieten ein filmreifes Ambiente, in dem sich auch das Publikum frei bewegen kann; zugelassen sind bis zu 40 Zuschauer.

So kann man Hänsel und Gretel beim Toben an den Spielgeräten des Kindergartens hautnah erleben oder durch die Fenster ins Haus der Familie schauen, wenn sie vor dem kargen Abendbrot „Ein Männlein steht im Walde“ singend und klatschend zum Grooven bringt.

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Cynthia Oblas verbindet in ihrer Fassung Fiktion mit Fakten, Humperdinck und Grimm mit zeitgemäßen Dialogen. In dem Klassiker nämlich ist die Klimakatastrophe bereits angekommen, wenn die Familie feststellt, dass der geschädigte Wald ihnen kein Auskommen mehr bieten kann. Das wird auch fürs Publikum anschaulich, wenn es in der Aufführung durch den borkenkäfergeplagten Wald flaniert, geleitet von den Stimmen der vier Sängerinnen und Sänger sowie eines live spielenden Bläserquintetts mit Studierenden der Musikhochschule Köln.

Walking Theatre

Premiere von „Hänsel und Gretel“ ist an der Baumschulallee 26 am Samstag, 4. September, um 13 Uhr. Danach folgen neun Aufführungen zu unterschiedlichen Zeiten. Karten gibt es unter 02241/2615141 oder per E-Mail.

Blätterrascheln, das Knistern des Feuers oder die Explosion des Ofens werden von der Tontechnik eingespielt.

Möglich wurde das Projekt durch das Sponsoring der Rhein-Energie-Stiftung. Die etwa einstündige Aufführung, so Cynthia Oblas, „ist geeignet für Menschen ab sechs Jahren“. Um festes Schuhwerk wird gebeten. Es gibt keine festen Sitzplätze. Dafür aber Waffeln von der knauserigen Bäckerin, die im Stück Hänsel und Gretel partout kein Brot schenken will.