KlangfabrikTrotz abgesagter Partys – Polizei bereitet sich aufs Wochenende vor
Siegburg – Es ist das Ende einer Ära: Nach mehr als zehn Jahren hat die Diskothek Klangfabrik für immer ihre Türen geschlossen. Die Gründe für seine Entscheidung erklärte Geschäftsführer Pascal Frangenberg am Dienstag in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Für das Wochenende waren zwei große Abschiedspartys in der Klangfabrik geplant. Im Laufe der Woche entschieden sich die Veranstalter allerdings dazu, die Veranstaltungen abzusagen.
„Aufgrund der extrem hohen Nachfrage und der zu erwartenden großen Besuchermenge, haben wir uns in Abstimmung mit der Polizei und der Ordnungsbehörde schweren Herzens dazu entschlossen, auf eine Closing-Party zu verzichten“, teilte die Diskothek auf ihrer Internetseite mit. Damit ist klar: Nach mehr als zehn Jahren ist das Kapitel Klangfabrik in Siegburg geschlossen. Trotz der Partyabsagen habe die Polizei Vorbereitungen für das Wochenende in Siegburg getroffen. Das teilte Polizeisprecher Maximilian Reese am Freitag auf Anfrage dieser Redaktion mit. Weitere Details nannte die Polizei nicht.
Klangfabrik in Siegburg schließt: Das sind die Gründe
Am Dienstag hatte Frangenberg in einem Gespräch mit dieser Redaktion mitgeteilt, dass er die Disco nicht wieder öffnen wolle. Nach der tödlichen Messerattacke in der Disco hatte der 40-Jährige viele Gespräche mit Vertragspartnern und Mitarbeitern geführt und schließlich den Entschluss gefasst, den Betrieb aufzugeben. „Die Schere zwischen dem Anspruch, für die nötige Sicherheit zu sorgen und außerdem Spaß zu verbreiten, ist einfach zu groß geworden“, begründet Frangenberg seine Entscheidung. Er habe seinen Gästen glückliche Momente und eine Abwechslung vom Alltag bieten wollen. Das sei so aber nicht mehr möglich.
Zum Zeitpunkt der tödlichen Attacke in seiner Diskothek war Frangenberg gerade mit seiner Frau und den zwei Kindern im Kroatien-Urlaub. „Wir waren alle total geschockt und haben sofort die vorzeitige Abreise organisiert“, schildert der 40-Jährige die Stunden nach dem Vorfall. Die Frage, mit der er sich in den folgenden Tagen beschäftigte: „Wie geht es jetzt weiter?“
Zunächst hätten intensive Gespräche mit den Mitarbeitern auf dem Programm gestanden, um den Abend aufzuarbeiten. „Alle waren total geschockt – sowas ist unvorstellbar“, erinnert sich der Klangfabrik-Chef. Nur wenige Angestellte hätten die Attacke mitbekommen, erst während des Rettungseinsatzes sei das Ausmaß klar geworden. Er selbst habe sich immer wieder gefragt, ob er etwas hätte anders machen können.
Eigentlich, so Frangenberg, müsste er Metalldetektoren an den Eingängen einsetzen, stichprobenartige Kontrollen reichten nicht. „Mit einem unbeschwerten Abend ist sowas aus meiner Sicht aber nur schwer zu vereinbaren“, sagt der Familienvater.
Nach dem Aus der Klangfabrik soll keine Disco mehr in das Gebäude einziehen
Der Vermieter, sagt Frangenberg, habe zugestimmt, den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen. Bis Ende September liefen nun Entkernungsarbeiten in den Räumen – dann sei endgültig Schluss. Eine Diskothek soll laut Aussage des Geschäftsführers nicht mehr in das Gebäude kommen. Trotz allem blickt Frangenberg auf eine aus seiner Sicht „tolle Zeit“ in der Klangfabrik zurück: „Tausende hatten Spaß, wir haben tolle Momente erlebt und Künstler nach Siegburg geholt, die nur schwer zu bekommen sind.“
Die Geschichte
Von der Fabrik zur Diskothek
Das Phrix-Gelände mit seinem 55 Meter hohen Turm steht für ein finsteres Kapitel der Siegburger Industriegeschichte. In den 1920 Jahren wurde dort eine Zellulosefabrik gebaut; in der NS -Zeit mussten Zwangsarbeiter aus Polen, der Ukraine und Russland unter extrem gesundheitsschädlichen Bedingungen schuften.
Die erste Disco 1983
In den 60er Jahren wurde der Betrieb eingestellt. Die erste Disco eröffnete im Jahr 1983, auf Pastiche und Steffi folgte 2012 die Klangfabrik. Die Anwohner monierten damals, sie seien über die Eröffnung nicht informiert worden. Der damalige Bürgermeister Franz Huhn hielt dem entgegen, in einem Gewerbegebiet lasse sich eine Disco planungsrechtlich nicht verhindern. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Beschwerden. Zuletzt wurden vom Siegburger Ordnungsamt am 25. Juni 40 Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz festgestellt.
Ämter aus dem Rathaus
2014 begann Eigentümer Hannspaul Egge mit der Sanierung der Osthallen, erster Mieter: das Sozialpsychiatrische Zentrum des ASB. Zeitweise war das Areal für ein neues Rathaus im Gespräch. Nun wird der Bau am Nogenter Platz saniert, einige Ämter sind vorübergehend auf dem Phrixgelände untergebracht. (ah)
Nun ist nach zehn Jahren Schluss – und auch das Kapitel Großraumdisco in Siegburg ist nach vielen Jahren geschlossen. „Sehr schade“ findet der 40-Jährige das. Nach der Pandemie sei der Bedarf so groß wie nie zuvor. Nach dem Aus „seiner“ Klangfabrik will sich der Veranstalter nun um die anderen Standbeine seiner Firma, der „Klang & Gastro GmbH“ kümmern – Konzerte und Familienveranstaltungen statt Diskothek. Hier will er auch versuchen, einige seiner Mitarbeiter unterzubringen.
Stadt Siegburg prüft Verbot des Abschiedswochenendes in der Klangfabrik
30 Teilzeitkräfte und fünf Festangestellte arbeiten in der Klangfabrik – für sie sei das Ende völlig unvorbereitet gekommen. „Sie verstehen die Gründe der Schließung, sind aber sehr traurig.“
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Der Eigentümer, hat bereits Pläne mit dem Gebäude: eine hochwertige Veranstaltungsfläche, unter anderem für Hochzeiten und Schulungen. Am Freitag und Samstag solle es eine Abschiedsparty geben, kündigte die Klangfabrik am Dienstag auf ihrer Internetseite an. Einlass für Jugendliche ab 16 Jahren werde nur mit einem Einlassberechtigungsschein und einer volljähriger Begleitperson möglich sein. „Zudem werden wir tragbare Metalldetektoren am Eingang einsetzen“, kündigt Frangenberg an. „An den letzten Abenden soll hier nichts mehr passieren.“
Die Stadt Siegburg äußerte aber am Dienstag große Besorgnis über die angekündigten Abschiedspartys: „Die Verwaltung befindet sich hierzu in Abstimmung mit der Polizei und prüft die Möglichkeit, das Veranstaltungswochenende zu untersagen.“