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„Es ist gespenstisch“Siegburger reagieren mit Trauer und Wut aufs endgültige Kaufhof-Aus

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Frau betritt Geschäft.

Kurz vor der Schließung: Ein letzes Mal betreten die Siegburger ihren Kaufhof in der Fußgängerzone.

Bevor das große Kaufhaus in der Siegburger Fußgängerzone endgültig dicht macht, haben sich die Bürger verabschiedet. Die Stimmungslage.

Schade. Traurig. Frustrierend. Die meisten Menschen, die am Mittwoch aus dem Siegburger Kaufhof kamen, haben dem Ende des Geschäftes mit einem weinenden Auge entgegengeblickt. Ein letztes Mal sind sie durch die leeren Regalreihen gelaufen und haben geschaut, was es noch zu ergattern gab.

„Es ist gespenstisch“, stellt Inge Urban fest. Sie und ihr Partner Gerhard Grube seien erstaunt gewesen, wie leer tatsächlich alles sei. Gekauft haben die beiden nichts. „Wir wollten uns besonders dickes Papier zulegen. 120 Gramm pro Quadratmeter. Gab es aber nicht“, berichtet Grube.

Inge Urban und Gerhard Grube: Zum letzten Mal haben die Lohmarer den Kaufhof besucht. Gekauft haben sie nichts, ihren Wunschartikel gab es nicht mehr.

„Stattdessen kann man die Ausstattung kaufen“, wundert sich Urban. Die Tische, auf denen die Waren verkauft wurden, will das Geschäft offenbar auch loswerden. Die beiden Lohmarer finden es schade, dass der Kaufhof nun aus der Stadt verschwindet: „Es war immer sehr praktisch.“

Bis zu 70 Prozent reduziert: Schnäppchenjagd im Siegburger Kaufhof

Der Meinung ist auch Anne Kretz. Die Siegburgerin sei öfters nach der Arbeit dort einkaufen gegangen. „Hier hat man ja alles bekommen. Wenn mal was fehlte, bin ich zum Kaufhof gegangen. Schon frustrierend, dass das jetzt wegfällt“, sagt Kretz. Zum Abschluss hat sie sich ein kleines Holzkistchen gekauft. Nur 50 Cent habe es gekostet.

Für Bianca Gruber aus Königswinter war ein Kofferanhänger der letzte Artikel, den sie dort gekauft hat. Sie stimmt es traurig, dass durch die Schließung nun viele ihre Arbeitsplätze verlieren. Geärgert hat Gruber auch die Gier, die sie bei vielen Kunden in den Reihen des Kaufhauses beobachtet habe. Um bis zu 70 Prozent sind kurz vor der Schließung viele Waren reduziert.

Schließung nach fast 50 Jahren: Paul Gemünd hat Bau des Kaufhofes in seiner Jugend mitverfolgt

Eine besondere Beziehung zu dem Kaufhaus hat Paul Gemünd. Er hat 1974 seine Ausbildung im damaligen Café Sauerborn in der Kaiserstraße absolviert. Schräg gegenüber wurde zu der Zeit das Gebäude von Galeria Kaufhof erbaut. „Ich habe jeden Tag gesehen, wie es langsam hochgewachsen ist,“ erinnert sich Gemünd. Knapp 50 Jahre später schließt es nun. Ein komisches Gefühl sei es für ihn, wenn die Gänge nun alle leer sind.

Paul Gemünd: der Siegburger hat während seiner Ausbildung 1974 den Bau des Siegburger Kaufhofs täglich mitverfolgt. Nun ist er traurig, dass das Geschäft schließt.

Ihn ärgert am meisten, dass Entscheidungen heutzutage zunehmend aus wirtschaftlichen Gründen, statt aus menschlichen und sozialen Perspektiven getroffen werden. „Aber so ist das in einer Zeit, in der viel im Internet bestellt wird. Dort ist es eben meist günstiger, ich ertappe mich ja selbst immer häufiger dabei“, gibt Gemünd zu.

Aus Siegburg-Wolsdorf kamen Paul und Gertrud Schreckenberg ein letztes Mal in die Fußgängerzone und sind durch das große Geschäft gebummelt. „Es ist ganz traurig für Siegburg, nicht gut fürs Stadtbild“, befürchtet die Ehefrau. Sie fragt sich, wo man denn jetzt in Siegburg noch hingehen solle. Ihr Ehemann wollte sich eigentlich ein Hemd kaufen, doch das habe es nicht mehr gegeben. „Stattdessen gibt es Gläser zu Hauf“, fügt seine Frau hinzu.

Henriette Fritzen aus Neunkirchen hat kurz vor Schluss ein letztes Mal nach Parfüm geschaut, auch davon sei schon alles ausverkauft gewesen. Sie habe ihr Parfüm schon immer dort gekauft, in Zukunft müsse sie wohl auf die Parfümerie am Markt ausweichen. „Es ist doch blöd, wenn der Kaufhof schließt, der wird hier wirklich fehlen“, trauert Fritzen.