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Standesamt SiegburgAndrea Müller-Battermann hat in 40 Jahren 3.500 Ehepaare getraut

Lesezeit 4 Minuten

Hilfsbereit und recht autark: Andrea Müller-Battermann, Leiterin des Siegburger Standesamts, geht in Altersteilzeit.

  1. Immer wieder beschäftigte sie bei aller Hilfsbereitschaft, ob Scheinehen geschlossen werden sollten.
  2. Mit der Leitung des Standesamts übernahm Müller Battermann auch die Friedhofsverwaltung.
  3. Sorge bereitet ihr, dass immer weniger junge Kollegen den Weg ins Standesamt einschlagen.

Siegburg – 3500 Ehepaare hat Andrea-Müller Battermann getraut, das erste vor 40 Jahren, zwischen Menschen aller Nationen und mit allen Feinheiten, die nach den jeweiligen Landesgesetzen zu beachten sind. Doch vor drei Jahren wusste sie beim besten Willen nicht mehr, wie sie einem irakischen Paar zum Bund fürs Leben verhelfen sollte: Die nötigen Dokumente musste der Mann aus Mossul besorgen, wo eine erbitterte Schlacht zwischen dem so genannten Islamischen Staat und der Anti-IS-Koalition tobte.

„Da habe ich einen leidenschaftlichen Brief an das Oberlandesgericht geschrieben, dass er die Dokumente einfach nicht beibringen kann.“ Und der Kollege am OLG habe Herz gezeigt. „Meine Passion war immer, den Leuten zu helfen“, betont die 62-jährige Amtsleiterin, die jetzt den passiven Teil ihrer Alterszeit antritt.

1973 hatte sie ihre Verwaltungsausbildung für den gehobene Dienst angetreten und als junge Inspektorin eher aushilfsweise im Standesamt angefangen. Doch als eine Kollegin ihren Abschluss nicht schaffte, blieb sie und arbeitete sich immer tiefer in den Bereich ein. „Die Anforderungen an Standesbeamte sind sehr hoch, das wird oft unterschätzt“, sagt sie heute, schon allein durch die unterschiedlichen Rechtssysteme der Länder. Wenn etwa eine Portugiesin einen Argentinier in Deutschland heirate, müsse das Recht aller drei Länder beachtet werden. Anders als in der Schweiz, wo nur die Gesetze der Eidgenossen zum Zuge kämen.

Als junge Beamtin bei einer ihrer ersten Trauungen. Manchmal hatte sie später, wenn es um Scheinehen ging, auch ihren Hund dabei.

Immer wieder beschäftigte sie bei aller Hilfsbereitschaft, ob Scheinehen geschlossen werden sollten. Eine Frage, die sie regelmäßig in getrennten Befragungen klären musste, mit gezielten Fragen zum Kennenlernen des Paars etwa. Vorgekommen sei auch, dass angeblich Verlobte in solchen Gesprächen aggressiv wurden: „Da habe ich dann meinen Hund mitgenommen. Das war ein gutes Gefühl, den hinter mir sitzen zu haben.“

Auch lustige Momente hat sie in Erinnerung, etwa an eine Schauspielerin, die statt Goldringen Exemplare aus Weingummi mitbrachte. Wer in Siegburg in vergangener Zeit getraut wurde, hat bereits zur Anmeldung auch ein Exemplar des „Goldenen Kochbuchs“ geschenkt bekommen. Im Scherz kündigte Müller-Battermann einmal einem jungen Paar an, sie würde bei der Trauung Rezeptkenntnisse abfragen. Am großen Tag zeigten sich die beiden enttäuscht: „Sie haben ja gar nicht gefragt?“ Die Beamtin dachte zunächst, sie habe tatsächlich vergessen, nach dem Ja-Wort zu fragen.

Zur Person

Andrea Müller-Battermann wurde 1957 in Troisdorf geboren, wuchs aber in Siegburg auf.1973 begann sie ihre Verwaltungsausbildung im gehobenen Dienst, 1979 traute sie als Standesbeamtin das erste Ehepaar.

1996 wurde sie Amtsleiterin, zunächst in einer Doppelspitze mit einer weiteren Kollegin. Ab 2006 führte sie das Amt alleine weiter. Zudem übernahm sie die Leitung der Friedhofsverwaltung und etablierte am Nordfriedhof neue Bestattungsformen und das Café T.O.D.

Die 62-Jährige war Vertrauensperson aller Standesbeamten im Rhein-Sieg-Kreis. Sie ist Mutter eines Sohnes und einer Tochter im Erwachsenenalter, seit kurzem Großmutter und in zweiter Ehe verheiratet. (ah)

Die Frischvermählten meinten aber die Prüfung der neuen Kochkenntnisse. „Wir haben doch die Käseplätzchen gebacken!“ Anders als früher sei für viele die standesamtliche die einzige Trauung und die Ansprüche entsprechend hoch. Aber fünf Seiten Text zu den Personalia der Brautleute für den Text zur Trauung auszuwerten, ginge dann doch zu weit. Mit der Leitung des Standesamts übernahm Müller Battermann auch die Friedhofsverwaltung. Sie ging ganz neue Wege, um mit dem Café T.O.D. und vielen kulturellen Veranstaltungen das Thema Sterben aus der Tabu-Zone zu holen. Führungen, Lesungen, Konzerte und nächtliche Illuminationen des Nordfriedhofs sind heute etwa an der Tagesordnung.

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„Es ist wichtig, dass die Leute darüber reden“, sagt sie und betont, wie wichtig die richtige Wahl der Bestattungsart sei und das Gespräch darüber. „Man braucht eine Klagemauer“, wirbt sie für die Bestattung auf dem Friedhof. Vorsitzende des Tod und Leben e.V. will sie weiterhin bleiben.

Sorge bereitet ihr, dass immer weniger junge Kollegen den Weg ins Standesamt einschlagen. Die Bezahlung sei vergleichsweise niedrig, Rechtspfleger würden bei ähnlichen Anforderungen besser verdienen. Standesbeamte seien aber sehr autark, was ihr immer wichtig war. Sie selbst jedenfalls habe die Arbeit „mit Leib und Seele gemacht“.