In den beiden Städten kommen unterschiedliche Systeme zum Einsatz: Die einen erfassen Mobilfunkdaten, die anderen rechnen Bewegung in Zahlen um.
Mit Kameras und SensorenWie Siegburg und Troisdorf Kundenströme messen
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Kundenströme zu messen ist das Ziel, das die Wirtschaftsförderer mit der Installation von Kameras und Sensoren verfolgen.
Copyright: Quentin Bröhl
„Ariadne's Analytics ist das Tor zu tiefen Einblicken“, verspricht die Werbung. Einblicke, auf die die Stadt Siegburg hofft: Mehrere Dutzend Kameras des Anbieters hat die Stadt im vergangenen Jahr gekauft, seit November liefern 28 Geräte, montiert an Laternen im Stadtgebiet, Daten über Besucherströme in der Innenstadt.
„Wir hatten das dem Wirtschaftsförderungs- und dem Digitalausschuss vorgeschlagen“, sagte Dezernent Bernd Lehmann; die Politik stimmte zu, rund 40.000 Euro Einstiegskosten für die Geräte und die Installation wurden im vergangenen Jahr investiert. Die laufenden Kosten liegen laut Lehmann „im unteren vierstelligen Bereich“ jährlich.
In der Siegburger Innenstadt wird jeder Besucher nur einmal gezählt
Seit November wird jeder Besucher der Stadt registriert, der mit einem Smartphone in der Tasche die Innenstadt aufsucht: Zwischen Europaplatz und der Holzgasse in Höhe des Restaurants Sirtaki und die Kaiserstraße hinauf bis zur Johannesstraße wurden Laternen mit den Sensoren ausgestattet. Die erfassen die eindeutigen Signale, die ein jedes Smartphone aussendet.
Wer also dreimal an einem Messpunkt vorbeigeht, wird dennoch nur einmal gezählt. Dabei sei der Datenschutz gesichert, betonen die Entwickler wie auch Bernd Lehmann. Die Signale würden anonym verarbeitet, ein Erstellen von Bewegungsprofilen für namentlich bekannte Smartphone-Nutzer sei nicht möglich.

In Siegburg registrieren die an Laternen montierten Sensoren die Daten von Mobiltelefonen. Jedes Gerät wird dabei nur einmal gezählt - egal, wie oft der Eigentümer an der Messstelle vorbeigeht.
Copyright: Dieter Krantz
Wo betritt ein Besucher die Innenstadt? Wie lange hält er oder sie sich hier auf? Welche Laufwege sind besonders frequentiert? Dies – und wesentlich mehr – lässt sich aus den Daten herauslesen. Wenig überraschend, so stellte Bernd Lehmann dem Ausschuss dieser Tage vor, identifizierte das System die Bereiche „Markt Nord/West“ und „Süd/West“ als die meistbesuchten in der Stadt.
Wir werden das noch ausbauen
Fast 900.000 Besucherinnen und Besucher wurden im Monat Dezember insgesamt registriert, im Januar war es die Hälfte. Längere Aufenthalte auf dem mittelalterlichen Markt werden ebenso nachvollziehbar wie der Bummel in Gruppen. Die Software, von der Stadt in einem Abo-Modell genutzt, erlaubt es, bestimmte Daten, Wochentage und Areale zu vergleichen. In der Stadtverwaltung hofft man, so auch den Erfolg von verkaufsoffenen Sonntagen oder Veranstaltungen messen zu können.
„Wir werden das noch ausbauen“, kündigte Bernd Lehmann in der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses an. Die Verwaltung würde das System gerne auch in der Mühlenstraße installieren, der Arbeitskreis Innenstadt schlug die Brauhofpassage als weiteren Einsatzort vor.
Das Troisdorfer System rechnet Silhouetten in Zahlen um
Seit geraumer Zeit schon werden in Troisdorf Passantenströme digital erfasst. Bis Ende 2023 waren die Verantwortlichen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Trowista) auf die Auswertung vom Mobilfunkdaten angewiesen. „Datenschutzrechtlich schwierig“ sei das gewesen, sagt Zentrenmanager Stephan Frings. Seit etwa einem Jahr können die Wirtschaftsförderer auf Daten von aktuell 15 Kameras in der Innenstadt zugreifen.
„Wir messen mit datenschutzkonformen Kameras“, erklärte Stephan Frings. Die im Frühjahr 2024 installierten Geräte sind nur in der Lage, Silhouetten, Größe und Geschwindigkeit eines Objekts zu erkennen. Auch können sie Radfahrer und Fußgänger oder Autos auseinanderhalten. Ein Bild, und sei es auch nur ein grauer Fleck auf einem Monitor, sehe aber niemand, versichert Frings: Das System rechnet direkt um in Zahlen und Grafiken. Die Daten sind teilweise über das Mobilitätsdashboard der Stadt auch öffentlich einsehbar.

Trowista-Chef Alexander Miller (rechts) und Wirtschaftsförderer Stephan Frings stellten das Gerät vor.
Copyright: Quentin Bröhl
Montiert werden die Geräte in den Geschäften, „wir brauchen Strom“; aber auch in der Stadtbibliothek im City-Center hängt eine Kamera. Von dort erfasst sie wie die übrigen Geräte, was sich vor der Ladenfront tut. Mit 80 oder 90-prozentiger Genauigkeit übrigens, wie Frings erklärt: „Wir haben teilweise manuell dagegen gemessen“; bei Fußgängergruppen beispielsweise sind die Kameras unter Umständen überfordert.
„Die Innenstadt besser verstehen“ wollen Frings und seine Kollegen mithilfe der Daten. So erlaubt die Technik beispielsweise, „Hotspots“ wie die Galerie am Wilhelm-Hamacher-Platz oder das City-Center mit der Stadtbibliothek zu erkennen. Umgekehrt sei sichtbar, dass die Zulaufstraßen wie Alte Poststraße oder Hippolytusstraße eben keine derartige Frequenz haben.
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In Troisdorf können kleine Kameras an den Scheiben verschiedener Geschäfte die Menschenströme erkennen. Trowista-Chef Alexander Miller (rechts) und Wirtschaftsförderer Stephan Frings stellen das Gerät vor.
Copyright: Quentin Bröhl
Von qualifizierten Daten sprach im Sommer 2024 der wenig später verstorbene Trowista-Geschäftsführer Wolf-Dieter Grönwoldt n diesem Zusammenhang, „nicht so Gefühltes.“ Tatsächlich sieht auch Stephan Frings in den Daten „im weitesten Sinne eine Grundlage, um miteinander zu reden“. A- und B-Lagen zu kennen, erlaube es beispielsweise, Nutzungskonzepte entsprechend abzustimmen. Die Datenbasis helfe zudem bei der Ermittlung von marktgerechten Mietpreisen.
Das System ermittelt zudem, in welcher Richtung die Menschen unterwegs sind. Man sehe aber auch, so betont Stephan Frings, „wie lang unsere Fußgängerzone ist" – ein längst erkanntes Problem. Und nicht jeder, der sich hier bewegt, ist auch ein potenzieller Kunde: Die Fußgängerzone, zur Benutzung mit dem Fahrrad freigegeben, ist zugleich der direkteste Weg durch die Innenstadt. Zu guter Letzt sei allen Beteiligten klar, so Frings: Frequenz ist nicht gleich Umsatz.
Grund zur Zuversicht geben die Daten aber: „Wir sind wieder bei Zahlen, wie sie vor Corona waren“, sagt Wirtschaftsförderer Frings.