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Tierschutz an der SiegDas Revier der Biber wird größer

Lesezeit 4 Minuten
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Komplett geschält wurde dieser Stamm. Für den Biologen ist die Lage eindeutig: Hier ist der Biber am Werk.

Rhein-Sieg-Kreis – Mit einem großen Schreck begann die Erkundungstour im neuen Revier der Biber. Klaus Weddeling entdeckte in Ufernähe ein totes Tier im Wasser. „Hoffentlich ist es nicht einer unserer Biber“, sagte der Mitarbeiter der Biologischen Station des Kreises. Rot gefärbte Nagezähne waren gut zu erkennen, auch die Körpergröße und Fellfarbe passten in etwa.

Mit einem Stock zog er den Kadaver des Nagers an Land. „Es ist ein Nutria“, erkannte der Biologe schnell. Wäre es ein Biber gewesen, hätten die Überreste zur genauen Ermittlung der Todesursache gesichert werden müssen. „Zum Glück war dies aber nicht der Fall“, stellte Weddeling erleichtert fest.

Die Tierfreunde im Kreis sind froh, dass Biber an der Sieg wieder eine Heimat gefunden haben. „Das zeigt, dass die jahrzehntelangen Anstrengungen des Naturschutzes Früchte getragen haben“, sagt Weddeling. Die Gewässer seien mittlerweile sauber und teilweise so renaturiert, dass die Nager wieder zurückkehren könnten. Die streng geschützten Tiere sollen auf keinen Fall gestört werden, deshalb bleibt der Ort ungenannt.

Erste Anzeichen für die Rückkehr gab es vor drei Jahren

Erste Anzeichen für die neuen Bewohner gab es schon im März 2018. Das Ufer der Sieg im Siegburger Stadtteil Zange hatten die Mitarbeiter der Biologischen Station mit Naturfreunden des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) nach Biberspuren abgesucht, nachdem es Hinweise aus der Bevölkerung gegeben hatte. Es wurden an vielen Stellen die typischen Fraßhinweise gefunden, die teilweise älter, teilweise aber auch noch frisch waren.

Bei der Exkursion dabei war Ute Köhler, als Vorstandsmitglied beim BUND im Rhein-Sieg-Kreis für Biber zuständig. Sie berichtete, dass in der vegetationsarmen Zeit Biber als Vegetarier auf Baumrinde als Nahrung zurückgriffen. Im Sommer fänden sie genug andere Pflanzen in der Natur.

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Weddeling bückt sich und hebt einen völlig abgenagten Ast hoch. „Ein typischer Biberknüppel“, erklärt er. Daneben sind die Trittsiegel des Nagers im feuchten Schlamm klar zu erkennen. In dem Altarm der Sieg fühlen die Tiere sich wohl. Es bestehe Hoffnung, dass sie dort auch länger bleiben.

Die Suche nach dem neuen Platz dauerte einige Zeit. Im März 2020 entdeckte Weddeling am Siegufer in Buisdorf deutliche Hinweise. Biber hatten eine stattliche Weide gefällt, um die jungen Äste an der Krone zu erreichen. Der mächtige Stamm des Baumes war wie ein Streichholz umgeknickt. Die Nagespuren rund um die keilförmige Bruchstelle zeigten deutlich, dass Biber aktiv waren.

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Äste ohne Rinde sind ein sicherer Hinweis darauf, dass der Biber sich angesiedelt hat. Der Nager ist streng geschützt.

Reiherenten, Höckerschwäne und Enten sind die Mitbewohner der Biber. Das Ufer ist schwer zugänglich. Gelber Besenginster fällt ins Auge, auch Schwertlilien sind zu entdecken. Das Naturschutzgebiet ist ein kleines Paradies. „Die Biber haben sich eine schöne Stelle ausgesucht“, meint Weddeling.

Fellproben sollen den Ursprung klären helfen

Nun muss noch geklärt werden, um welche Biberart es sich handelt. Deshalb hat Weddeling Fellfallen aufgestellt, die er auf der Tour leert. Vorsichtig werden die Haare in ein Probenröhrchen gegeben. Das wird versiegelt und an das Senckenberg-Institut geschickt. „Es gibt kanadische und Europäische Biber“, erklärt Weddeling.

Die Tiere aus Übersee seien meist größer und hätten 40 Chromosomen, während der Europäische Biber 48 habe. Die kanadische Art ist in Deutschland sehr selten und gelangte durch Flucht aus Zoos in die Natur.

Zähne wachsen permanent nach

Der Beißer mit seinen Stahlzähnen tauchte als Unhold in James-Bond-Filmen auf. Der Biber kann da mithalten. Er hat je zwei Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer.

Sie sind wegen ihrer Eisenablagerungen im Zahnschmelz gelb bis orange gefärbt. Dadurch sind sie härter und so für den dauerhaften Nage-Einsatz perfekt geeignet. Da die Schneidezähne besonders beansprucht werden, sind sie zudem wurzellos und wachsen permanent nach.

Sind Konkurrenten im Revier, reagieren Biber übrigens angriffslustig. Dann beißen sie auch schon mal heftig mit den langen Zähnen schmerzhaft zu, um den Artgenossen zu vertreiben. (vr)

Vielleicht gibt es noch weitere Stellen, an denen Biber zu finden sind. Weddeling bittet darum, Sichtungen und Fraßspuren – aktuelle und frühere – am besten mit Foto und genauer Bezeichnung des Standortes per E-Mail an Ute Köhler – ute.koehler@bund-rsk.de – zu senden, die sich beim BUND um das Biberprojekt kümmert und mit der Biologischen Station des Kreises zusammenarbeitet.