Rund um die Uhr wurden die Prototypen im Werk getestet.
WiederverwertungBei Igus in Troisdorf werden Fischernetze zu Fahrrädern
Wind und Wetter haben häufig Folgen für herkömmliche Fahrräder. Vor allem Räder, die in Küstennähe genutzt werden, rosten schnell - das hat Igus-Inhaber Frank Blase beobachtet und so kam ihm die Idee für seine Neuentwicklung: Ein Fahrrad nahezu komplett aus Kunststoff. Und dabei setzt die Firma Igus auf sinnvolle Wiederverwertung von Rohstoffen: „Unser neu entwickeltes Fahrrad hat weltweit den höchsten Anteil an recycelbaren Kunststoffen“, betont Geschäftsführer Dr. Thilo Schultes. Im April wird es in den Handel gehen. Und das Kunststoff-Fahrrad müsse nicht geschmiert oder gefettet werden. Es ist somit wartungsarm.
In dem neuen Forschungszentrum der Firma an der B 8 in Spich sind inzwischen 150 der modernen Kunststoffräder gebaut worden. „Wir arbeiten daran, die Serienproduktion aufzubauen“, berichtet Projektleiter Sven Terhardt. 1243 Euro wurden als Verkaufspreis kalkuliert. 5000 Räder sind als Jahresproduktion angepeilt. 1200 Vorbestellungen gebe es schon.
Der Kunststoffrahmen der Fahrräder von Igus aus Troisdorf besteht zu 60 Prozent aus recycelten Fischernetzen
Der Kunststoffrahmen der Fahrräder besteht zu 60 Prozent aus recycelten Fischernetzen. „Sie finden somit eine sinnvolle Weiterverwendung“, so Schultes. Eine Spezialfirma schreddere sie und liefere den Rohstoff nach Troisdorf-Spich. Im Schleudergussverfahren werden daraus die einzelnen Teile wie Rahmen und Gabel hergestellt. „Das Fahrrad ist so gestaltet, dass der Kunststoffrahmen für alle späteren Belastungen im Alltag ausreichend Festigkeit bietet“, so Schultes.
Geplant ist, dass das neue Rcyl-Bike weltweit vertrieben wird. In Ländern, in denen sehr viel Plastikabfall anfällt, sollen lokale Produktionen direkt an den Müllhalden aufgebaut werden. Damit wird Kunststoff ohne Umwege direkt in einen neuen Kreislauf überführt. So könnten auch Arbeitsplätze und Mobilität in Afrika oder Südamerika entstehen.
Die Prototypen werden in Troisdorf regelrecht unter Wasser gesetzt, um die Zuverlässigkeit sicherzustellen
Die Kugeln im Lager der Räder sind aus Glas, Keramik oder Kunststoff. Sie laufen problemlos bei Anwendungstemperaturen zwischen -40 Grad und +80 Grad, auch unter Wasser gibt es keine Probleme. Das sei wichtig, da Biker in den Regen kommen können oder durch tiefe Pfützen fahren. Auf einem speziellen Teststand wurde dies ausführlich getestet. „Bei 20.000 Kilometern haben wir noch keine Probleme gehabt“, sagt Terhardt. Der Testbetrieb im Duschverfahren läuft aber weiter rund um die Uhr.
Als Citybike soll das neue Rad seinen Einsatzschwerpunkt haben. Mit seinen 18 Kilogramm Gewicht ist es solide und durch den Kunststoff auch robust im Fahrradständer. Die Farbe Orange wurde gewählt, damit es im Straßenverkehr gut zu erkennen ist. Es sind aber auch andere Farbtöne möglich. „Wir richten uns nach den Wünschen der Kunden“, so Terhardt. Igus ist schon mit einigen Anbietern von Leihrädern im Gespräch. „Da unsere Entwicklung im Gegenteil zu lackiertem Stahl Wind und Wetter trotzt, ist dieser Einsatzbereich optimal.“ Auch Hotels haben Interesse gezeigt, das neue Rad ihren Gästen anzubieten.
„Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten für den Einsatz des Kunststoffrades“, so Terhardt. Der Kauf des Fahrrades sei über eine Anfrage auf der Webseite www.rcyl.bike möglich. „Wir überlegen derzeit, ein Händler-Netz aufzubauen, eigene Stores in den großen Städten zu eröffnen oder mit bestehenden Händlern zusammenzuarbeiten.“