In Bonn verurteiltTroisdorfer Brüder planten offenbar Entführung von Wolfgang Overath
Bonn/Troisdorf – . Sie wollten das ganze große Ding drehen: Zwei Brüder aus Troisdorf, beide in Geldnot, planten eine Entführung, um an Bares zu kommen. Der Jüngere, 29 Jahre alt, forschte im Internet nach geeigneten Personen und stieß bei Google auf den Namen Wolfgang Overath, den heute 79 Jahre alten Fußball-Weltmeister von 1974, der in Siegburg lebt.
Warum der Plan aufgegeben wurde, konnte das Bonner Landgericht nicht ermitteln, denn statt des Ex-Fußballers suchten sich die kriminellen Brüder ein anderes Opfer aus: Einen Troisdorfer Geschäftsmann, den einer der beiden vom Kicken mit dessen Sohn kannte.
Das Gericht verurteilte die beiden Brüder zu Haftstrafen auf Bewährung
Doch die Entführung scheiterte. Die 10. Große Strafkammer verurteilte die beiden Angeklagten gestern wegen versuchten gemeinschaftlichen Menschenraubs zu einem Jahr beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten Haft. Die Strafen wurden für jeweils drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Zudem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen und Geldauflagen von 1800 bzw. 2400 Euro an die Staatskasse zahlen. Weil beide klamm sind, dürfen sie die Beträge in Raten abstottern.
Brüderpaar wollte 100.000 Euro von der Familie ihres Opfers erpressen
Die Idee zu der Entführung hatte der 29-Jährige, der als Putzmann arbeitete und seinen ein Jahr älteren Bruder, einen Lageristen, zu der Tat anstiftete. Der Dritte im Bunde war nach Erkenntnissen des Gerichts ein Kollege des 30-Jährigen.
Nachdem die Wahl auf den Unternehmer gefallen war, der mit Spielautomaten und Wettbüros ein Vermögen gemacht hatte, wurde er ausbaldowert. 100.000 Euro wollten sie von seiner Familie erpressen.
Er habe sich das Geld zurückholen wollen, das er in den Spielhallen des Firmenchefs verzockt hatte, sagte der 29-Jährige aus. Die Automaten seien nämlich gezinkt. „Für diese Behauptung“, so Kammervorsitzender Marc Eumann, „gibt es keine Anhaltspunkte“.
Die Drei kauften für 800 Euro in Köln einen gebrauchten Kombi als Tatfahrzeug, klauten dafür Kennzeichen, schraubten sie am Rotter See an und verklebten den Innenraum mit dunkler Folie. Dort sollte der Entführte versteckt werden, denn die Miete eines Containers, der als Verlies dienen sollte, scheiterte, weil sie nicht flüssig waren.
Kurz vor der Tat am Abend des 3. Februar 2021 bekam der ältere Bruder kalte Füße und stieg aus. Der Jüngere und der Kollege blieben bei ihrem Plan, fuhren zum Haus des Unternehmers und passten ihn ab, als er von der Arbeit heimkehrte. Der jedoch ahnte Böses, als gegen 20.23 Uhr zwei mit Sturmhauben vermummte Gestalten auf ihn zukamen und der 29-Jährige ihn plötzlich am Arm packte.
Ein Passant schlug die Täter in die Flucht, sie ließen das Auto mit laufendem Motor stehen
Der 55-Jährige wehrte sich und konnte sich aus dem Griff befreien; als dann auch noch ein Passant mit Hund aufmerksam wurde und rief: „Lassen Sie den Mann in Ruhe!“, gaben die Täter Fersengeld und ließen das Auto mit laufendem Motor stehen.
Auf der Flucht warf der Arbeitskollege seine Handschuhe in ein Gebüsch, die von der Polizei zwar gefunden wurden. Die daran haftende DNA ließ die Kripo aber nicht auslesen, obwohl der 30-Jährige ihn im Verhör verpfiffen hatte. Erst das Gericht besah sich die Spur genauer und ist sich somit sicher, den dritten Mann zu kennen. Gegen ihn ermittelt nun die Staatsanwaltschaft, er hat mit einem Strafverfahren zu rechnen.
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Der geschockte Unternehmer bekam eine Woche Polizeischutz und fuhr dann auf Anraten der Beamten mit seiner Familie in die Schweiz in Urlaub. Bei seiner Rückkehr waren die Täter in Haft, die Ermittler hatten sie über den Autokauf identifiziert.
Prozess in Bonn: Brüderpaar bat den Unternehmer um Verzeihung
Der ältere Bruder legte vor Gericht ein volles Geständnis ab; er erhielt dennoch eine Freiheitsstrafe, weil er die Tat mit vorbereitet und sie nicht verhindert hatte. Der jüngere rang sich nur zu einem Teilgeständnis durch und wurde auch deswegen härter bestraft. Beide haben das Opfer um Verzeihung gebeten, der Geschäftsmann, der als Nebenkläger auftrat, nahm die Entschuldigung indes nicht an.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft verzichteten auf Einsprüche gegen das Urteil. Der Nebenkläger erbat sich Bedenkzeit.