Führungskräfte oder Studentin: Damit Job und Privatleben funktioniert, braucht es Unterstützung.
WeltfrauentagDrei Frauen aus dem Rhein-Sieg-Kreis berichten, wie Kind und Karriere harmonieren
Kind? Karriere? Womöglich beides? Auch im Jahr 2024 ist das keine Frage, die Frauen für sich in jedem Fall einfach beantworten können. Wir haben drei Frauen aus dem Rhein-Sieg-Kreis nach ihren Erfahrungen gefragt.
Als Abteilungsleiterin Paketauslieferung führt Yvonne Pöttgens – je nach Jahreszeit und Zahl der Aushilfen – zwischen 700 und 800 Beschäftigte. „Für einen selbst ist das ja relativ normal“, stellt sie fest beim Gespräch in ihrem Büro am Langeler Ring in Troisdorf-Spich. „Für mich ist das der Weg, den ich gewählt habe.“ Und den sie mit Unterstützung ihres Arbeitgebers auch weiter beschreiten könne. Schon während des Studiums – „klassisches Businessmanagement Richtung Personalmanagement“ – habe sie festgestellt, dass ihr das liegt.
Der Ehemann hat seine Stunden reduziert, um die Tochter zur Kita zu bringen
Beim Fernsehen hat sie gearbeitet, „ich habe viel koordiniert, hatte eine kleine Teamverantwortung“. Nach dem Studium kam Pöttgens 2015 direkt zur Post und dort in ein Trainee-Programm für Führungskräfte. „Zwei Frauen und drei Männer“ waren in dem 18 Monate dauernden Programm, „das ist immer sehr ausgeglichen“. 2017 übernahm sie die Leitung der Zustellbasis in Geilenkirchen, zuletzt war die 34-Jährige Leiterin der Basis „Köln 1“ in der Innenstadt.
Dazwischen lagen auch zehn Monate Pause und die Geburt einer Tochter. „Das war sehr entspannt“, lobt Pöttgens ihren Arbeitgeber. „Du kommst wieder, wann du magst“ war die Botschaft, mit der sie in die Elternzeit ging. Die Rückkehr in eine gleichwertige Beschäftigung und Bezahlung sei garantiert worden, „super flexibel“ könne sie sich selbst organisieren. „Ich habe immer Chefs gehabt, die das unterstützt haben“, erzählt Yvonne Pöttgens.
Sie räumt aber auch ein: „Mein Mann hat seine Stunden reduziert.“ Während sie frühmorgens von Kerpen nach Troisdorf fährt, bringt er die Tochter zur Kita und holt sie am Nachmittag ab. Zudem könne er eher im Homeoffice arbeiten als sie.
18 Monate lang kam Yvonne Pöttgens in den Genuss eines Förderprogramms für Frauen in Führungspositionen. „Eine superschöne Stütze“, erinnert sie sich. Profitiert habe sie vor allem von individuellen Coachings und vom Aufbau guter Netzwerke. „Ich glaube, wir können besser netzwerken“, sagt sie über Frauen mit Blick auf männliche Kollegen. „Wir sind offener und nutzen sie effizienter.“ Zugleich sieht sie aber auch die großen Lücken in der Betreuungslandschaft: „Es gibt viel mehr Frauen, die in Führungspositionen arbeiten könnten“, wenn denn die Kinderbetreuung gut gelöst sei. „Da würde ich mir mehr Unterstützung wünschen.“
Das Baby ist bei Meisterschaften und Trainerfortbildungen dabei
Selina Dreesbach aus Königswinter-Oberpleis ist Mutter, Ehefrau, Studentin und im Vereinssport Multifunktionärin. Das sei aber kein Problem, weil der knapp 20 Wochen alte Sohn Max alles geduldig mitmache, berichtet die 26-Jährige: „Er ist bei Meisterschaften und Trainerfortbildungen mit dabei. Und beim Online-Studium hört er gerne geduldig zu.“
Seit 2022 ist Selina Dreesbach verheiratet. Ihr Mann befindet sich gerade in Elternzeit und helfe gut mit, „dass ich alles unter einen Hut bekomme“. Bei der Troisdorfer Leichtathletik-Gemeinschaft ist sie mittlerweile Sportliche Leiterin, Jugendausschuss-Vorsitzende und trainiert auch noch den U12- und U14-Nachwuchs.
Und gar nicht nebenbei, sondern sehr konzentriert, bringt sie auch noch ihr Lehramt-Studium voran. Da sie zu Deutsch und Mathematik als drittes Fach Sport gewählt hat, studiert sie sowohl an der Uni Siegen als auch an der Sporthochschule Köln.
Den Internationalen Frauentag findet sie gut: „Weil an diesem Tag thematisiert wird, dass Frauen in den gleichen Positionen immer noch weniger verdienen als Männer.“ Insgesamt sei ein solcher Tag wichtig, damit Frauen mehr Wertschätzung entgegengebracht werde, „wobei ich glaube, dass dies in anderen Ländern deutlich relevanter ist als in Deutschland“.
Auch im typischen Frauenberuf sind in der Leitungsebene mehr Männer
Ob sie in einem „typischen Frauenberuf“ arbeite? Das ist eine Frage, auf die Sonja Boddenberg mit einem entschiedenen Ja antwortet: Nach wie vor seien in der pädagogischen Arbeit 30 Prozent der Beschäftigten Männer und 70 Prozent Frauen, sagt die Leiterin des Siegburger Kinderheims Pauline von Mallinckrodt. In der Leitungsebene indes sieht das anders aus: „Da sind schon noch mehr Männer.“
Anderswo zumindest, wie die 48-jährige Diplom-Psychologin betont. In der Leiterrunde des Diözesan-Caritasverbands, dem das Haus angeschlossen ist, hielten sich die Geschlechter in etwa die Waage. Und in der Pauline, wie das Heim kurz heißt, sind die Frauen in Führungspositionen klar in der Überzahl.
Beim ersten Kind reduzierte Sonja Boddenberg aus Siegburg die Stunden
Sonja Boddenberg arbeitet selbst seit 2001 im Haus, übernahm 2008 dessen Leitung. Inzwischen zählt das Kinderheim 225 Beschäftigte, die 140 Jungen und Mädchen betreuen. „Ich habe gar keine schlechten Erfahrungen“, betont die alleinerziehende Mutter von drei Kindern. „Ich habe aber auch einen Arbeitgeber, der sehr flexibel war.“ So habe sie beim ersten Kind ihre Stundenzahl reduziert; „da stand ich vor der Frage, ob ich die Heimleitung behalten kann“.
Unterstützung kam damals von der Träger-GmbH, aber auch vom Stellvertreter. Außerdem verweist Boddenberg auf ein eng geknüpftes familiäres Netz und die kurzen Wege im Stadtteil, wo sie selbst auch wohnt. Diese Unterstützung gibt sie heute weiter. „Wir sind relativ flexibel mit Teilzeitstellen“; außerhalb des wirklichen Gruppendienstes – die Kinder müssen ja rund um die Uhr versorgt sein – könnten sich die Kolleginnen und Kollegen auf der Leitungsebene die Zeiten frei einteilen, „solange die Arbeit läuft“. In begrenztem Umfang sei auch Homeoffice möglich.
„Ich hätte gerne mehr Männer im Erziehungsdienst“, wünscht sich die Heimleiterin; „weil ich finde, dass Männer und Frauen unterschiedliche Rollen erfüllen.“ Es gebe im Haus Gruppen, in denen kein Mann im Dienst sei, dabei machten die Jungen etwa die Hälfte 140 betreuten Kinder und Jugendlichen aus. Und die hätten in ihren Herkunftsfamilien oft ein schwieriges Rollenbild erlebt. Letzten Endes aber sei ihr „wichtig, dass jeder das machen kann, was er will“ – egal, ob Mann oder Frau.