Eklat im Rheinbacher RatSPD, UWG und FDP verweigern Debatte über Klimaschutz
Rheinbach – Für einen Eklat haben Mitglieder von drei Fraktionen während der jüngsten Sitzung des Rheinbacher Stadtrats gesorgt: Noch bevor Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) überhaupt vier gemeinsame Anträge von CDU und Grünen zum Klimaschutz aufrief, verließen SPD, UWG und FDP fast geschlossen den Saal. So entzogen sie sich einer Diskussion. Zuvor hatten sie noch versucht, die Themen von der Tagesordnung nehmen zu lassen und die Debatte zurück in den Ausschuss zu verlagern.
Ihre Begründung: Die beiden Mehrheitsfraktionen – CDU und Grüne – wünschten offensichtlich keine Diskussion über die Anträge. SPD-Sprecher Georg Wilmers ließ mit dieser Erklärung nicht nur CDU und Grüne konsterniert zurück, sondern auch Bürgermeister Banken, der sagte: „Das habe ich noch nie erlebt!“
SPD-Fraktionschef greift CDU und Grüne scharf an
Wilmers legte bei der Begründung für den Auszug aus dem Ratssaal noch nach und behauptete: „Es sind rein politische Schaufensteranträge.“ Dazu betonte er: „An einer inhaltlichen Diskussion besteht seitens Grün-Schwarz allem Anschein nach weder Interesse noch Bereitschaft.“
Schwarz-Grün wollten „rücksichtslos von ihrer Mehrheit im Rat Gebrauch machen und ihre Vorstellungen durchstimmen“, so Wilmers, der fortfuhr: „Eine Mehrheit im Rat kann dies tun, wenn sie ohne Rücksicht auf die Umsetzbarkeit unbedingt ihren politischen Willen zum Ausdruck bringen will. Es hat aber mit einer seriösen Entscheidungsfindung und mit dem, was wir als Demokratie verstehen, wenig zu tun.“ Wohlgemerkt: Der Auszug aus dem Rat erfolgte, bevor die Diskussion überhaupt begonnen hatte.
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CDU-Sprecher Markus Pütz machte die Aktion entsprechend fassungslos: „Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang und zudem furchtbar undemokratisch.“ Die Anträge seien allesamt im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen am 30. November bereits inhaltlich behandelt worden: „Da hätte die SPD doch ihre Argumente vorbringen können. Warum hat sie das nicht getan?“, fragte er. Auf ein Gesprächsangebot nach der jüngsten Ausschusssitzung im Januar habe es von Seiten der „Oppositions-Fraktionen“ ebenfalls keinerlei Reaktion gegeben.
Grüne: Stadtrat sticht Ausschuss
Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Heribert Schiebener konnte es kaum glauben: „Bei einem Ausschuss-Patt entscheidet der Rat als Herz der Demokratie vor Ort!“ Bei der Frage, wie konsequent der Stadtrat beim Klimaschutz handele, gingen die Überzeugungen der Fraktionen nun einmal deutlich auseinander, so Schiebener: „Dann greift ein Prinzip der Demokratie: Alle stimmen gemäß ihrer Überzeugung ab und die Lösung wird umgesetzt, für die sich jeweils eine Mehrheit findet.“
Beschlüsse des Rheinbacher Stadtrates
Städtische Gebäude
Als erstes städtisches Gebäudeensemble soll der Schulkomplex Städtisches Gymnasium und Gesamtschule Dederichsgraben mithilfe der Bundesförderung für effiziente Gebäude energetisch saniert werden, um einen klimaneutralen Betrieb zu ermöglichen. Im nächsten Jahr soll dafür eine Planung vorgelegt werden.
Bis 2035 sollen alle städtischen Gebäude energetisch saniert werden, wozu insbesondere eine adäquate Wärmedämmung und ein CO₂-neutrales Heizsystem gehören. (jst)
Bauleitplanung
Die Verwaltung soll einen Vorschlag erarbeiten, wie Klimabelange stärker bei der Bauleitplanung berücksichtigt werden können. Als Grundlage soll ein Leitfaden der „Projektgruppe der Klimaregion Voreifel“ dienen, der unter Leitung von Hermann Schlagwerk entstand. (jst)
Neubau und Sanierung
Neubauten und Komplett-Sanierungen städtischer Gebäude sollen künftig mit nachgewiesenem Standard bei der Nachhaltigkeit erfolgen. Grundlage sollen die Kriterien der Deutschen Gesellschaft Nachhaltiges Bauen sein, von denen mindestens 65 Prozent als „Goldstandard“ erfüllt werden müssen.
Dabei sollen gesunde, recycelte und regionale Baustoffe bevorzugt, der Holzbau gestärkt und die Nutzung von erneuerbaren Energien zur Eigenversorgung mit Strom und Wärme ebenso wie die Dachbegrünung gefördert werden. (jst)
Bebaubare Flächen
Die Verwaltung soll einen Vorschlag erarbeiten, wie das Rheinbacher Baulandmanagement in Richtung des von CDU und Grünen favorisierten „Revolvierenden Baulandfonds“ hin entwickelt werden kann. Es sieht vor, dass die Stadt Grundstücke kauft, entwickelt und dann überplant und erschlossen weiterverkauft. Von der Wertsteigerung will die Stadt die Hälfte den Alteigentümern überlassen.
Eine neue Gesellschaft oder die Wirtschaftsförderungsgesellschaft sollen das Sondervermögen für diesen Zweck verwalten. Als Startkapital solle ein Betrag von einer Million Euro bei der Haushaltsberatung für 2022 eingestellt werden. Außerdem sollten alle geeigneten Flächen im städtischen Besitz an die neue Gesellschaft übertragen werden. (jst)
Es sei an der Zeit, nicht nur Lippenbekenntnisse abzulegen, sondern auch zu handeln. Sachliche Debatten mit allen Ratsfraktionen seien sein Wunsch.
Letzter Liberaler moniert fehlende Kostendarstellung
Von den Freidemokraten stellte sich allein Sebastian Ruland als einziger verbliebener „Oppositioneller“ der Diskussion. Er vermisste eine Aufstellung der Kosten, die bei der Umsetzung der Anträge auf die Stadt zukämen. Ruland stellte in Frage, ob die Verwaltung überhaupt in der Lage sei, die Inhalte umzusetzen. Auch der Erste Beigeordnete Raffael Knauber und Fachgebietsleiterin Margit Thünker-Jansen brachten einige Bedenken und Anregungen vor, die letztlich dazu führten, dass die Anträge an einigen Stellen angepasst wurden.
So wurden mit den Stimmen von CDU und Grünen „wichtige Weichen gestellt, um zukunftsorientierte und enkeltaugliche“ Lösungen, so Schiebener, umzusetzen. Gerade bei Klimabeschlüssen sei ein Minimalkonsens „nicht zukunftsorientiert“.
Bau und Betrieb von Gebäuden seien ein zentraler Bereich, um den CO₂-Ausstoß zu verringern. Zumal sich Investitionen zu Baubeginn über die Lebensdauer der Gebäude durch geringere Heizkosten und weniger Schadstoffe amortisierten.