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Ampel in der AnalyseDas sind die Gewinner und Verlierer im Koalitionsvertrag

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Die Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP

Berlin – Jetzt, da der Koalitionsvertrag steht, erzählen die Verhandlerinnen und Verhandler doch manches Detail, wie sie gerungen und sich teilweise angeschrien haben, wie sie zeitweise den Raum verließen, um nach einer Auszeit an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Am Ende steht der Kompromiss.

Würde man die knapp 180 Seiten in Rot, Grün und Gelb einfärben, um zu dokumentieren, welche Passagen wessen Handschrift tragen, es ergäbe sich ein recht buntes Bild, die Farben recht gleichmäßig verteilt.

Die Farbe Rot

Die Sozialdemokraten kriegen das Kanzleramt und bestimmen damit die Richtlinien der Politik - sie haben also bei den vielen neuen Themen und Krisen der kommenden Jahre den Hut auf. Dafür mussten sie ihren kleineren Koalitionspartnern manchen Stich über den Tisch reichen. So setzten FDP und Grüne gegen die SPD durch, dass ein Koalitionsausschuss aus Partei- und Regierungsspitzen einmal im Monat tagt und die „Leitlinien“ der Arbeit der Koalition bestimmt.

Olaf Scholz hatte damit Wahlkampf gemacht, dass er Menschen mit sehr hohen Einkommen höher besteuern möchte. Dieses zentrale Wahlkampfversprechen konnte die SPD nicht durchsetzen. Auf Druck der Liberalen wird es gar keine Steuererhöhungen geben. Die SPD hat sich in den vergangenen Jahren immer gegen bewaffnete Drohnen gesträubt. Nun findet sich eine Formulierung im Koalitionsvertrag, die dem Wahlprogramm der Grünen ähnelt. Dafür liest sich die Passage zur Rentenpolitik wie aus dem Wahlprogramm der SPD entliehen: Rentenniveau bleibt, Beitragshöhe auch, Rentenalter steigt nicht.

Die Farbe Grün

Beim Klima und in der Landwirtschaft konnten die Grünen am Ende eine Reihe konkreter Punkte durchsetzen: 15 Millionen Elektro-Autos bis 2030, ab 2030 soll 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Es wird ein Klima-Sofortprogramm geben. Strenge Vorgaben für Tiertransporte und Schlachtungen ab 2022. Zugleich mussten die Grünen bei vielen Punkten Federn lassen: Eines ihrer zentralen Wahlkampfversprechen, das Energiegeld, findet sich nicht im Koalitionsvertrag.

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Ihr Wunsch nach einem Vetorecht gegenüber neuen Gesetzen mit klimaschädlichen Wirkung wurde zu einem Klima-Check geschrumpft. Beim Kohleausstieg ist das Wort „idealerweise“ vor dem Ausstiegsjahr 2030 erhalten geblieben. Es kann also auch 2038 werden, wie es aktuell Beschlusslage ist. Es schmerzt die Grünen auch, dass das Verkehrsministerium an die FDP gegangen ist. Nur wer Schlüsselressorts besetzt, kann seine eigenen Punkte aus dem Koalitionsvertrag auch konsequent umsetzen. Weiterer Punkt für die Grünen: Die Kindergrundsicherung, ein Konzept dafür haben sie seit Jahren in der Schublade.

Die Farbe Gelb

Der wichtigste Sieg für die Liberalen ist die Eroberung des Finanzministeriums. Es ist neben dem Kanzleramt das mächtigste Ministerium, das für alle Ressorts Spiegelreferate beherbergt und über deren Haushalte wacht. Auch sonst sind die Liberalen mit ihren Ministerien bestens bedient. Ihre zentralen inhaltlichen Punkte hatte die FDP schon in den Sondierungen gemacht: Keine Steuererhöhungen, Schuldenbremse bleibt, kein Tempolimit.

Kröten musste die FDP bei der Sozialpolitik schlucken. Bei der Rente kommt zwar der Einstieg in eine Aktien-Rente mit 10 Milliarden Euro - das ist mit Blick auf das Rentenproblem aber sehr wenig. Auch das Zurückdrehen der Hartz-IV-Reformen steht der liberalen Programmatik entgegen. Dass zwar formal die Schuldenbremse eingehalten wird, für Investitionen nun aber Geld auf Pump in staatliche Institutionen und Unternehmen fließen soll, die bisher nicht durch Effizienz aufgefallen sind, ist ein Manko für die Liberalen.

Der größte Verlierer im Koalitionsvertrag ist der Kampf gegen die Pandemie. Zur aktuellen Lage finden sich nur wenige dürre Worte.