Grade erst hat China drei Astronauten zu seiner Weltraumstation Tiangong geflogen. Welchen Zweck hat die Station und welche weiteren Projekte plant China im All? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Auf zum „Himmelspalast“Was planen die Chinesen im All?
Der Autor ist China ist nicht an der internationalen Raumstation ISS beteiligt, auch weil die USA ihrer Welttraumbehörde Nasa eine Zusammenarbeit mit China verbieten. Inzwischen treibt das Land immer stärker seine eigenen Raumfahrtprojekte voran. Die chinesische Weltraumstation Tiangong (zu deutsch: „Himmelspalast“) nahm zu Beginn dieses Jahres ihren regulären Betrieb auf, am Dienstag wurden drei neue Astronauten dorthin geflogen. Wenn die internationale Raumstation ISS spätestens im Jahr 2031 den Betrieb einstellt und bis dahin keine privaten Stationen gebaut werden, wird die Tiangong die vorerst einzige Weltraumstation sein. Welche Art von Forschung wird dort betrieben und dürfen auch andere Staaten Tiangong nutzen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Wie sieht die chinesische Raumstation aus?
Mit einen Durchmesser von 39 Metern ist die chinesische Raumstation etwa viermal kleiner als die internationale Raumstation ISS. Sie besteht aus dem Kernmodul Tianhe, (auf Deutsch: himmlische Harmonie) das Raum für bis zu sechs Personen bietet, den beiden Labormodulen Wentian („Himmelsbefragung“) und Mengtian („Himmelstraum“) und Solarpanels. Geplant ist außerdem eine Erweiterung mit dem Weltraumteleskop Xuntian. Es soll in der Nähe der Station im All installiert werden und regelmäßig dort andocken, um Treibstoff zu tanken und für Wartungsarbeiten.
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Die Weltraumstation Tiangong kreist in einer Umlaufbahn in etwa 340 bis 420 km Höhe um die Erde. Sie ist mit bloßem Auge zu sehen: Am besten dann, wenn auf der Erde Nacht herrscht, aber die Station von der Sonne angestrahlt wird. Das ist meist in den frühen Morgenstunden oder nach Sonnenuntergang der Fall. Auf der Seite www.astroviewer.net lässt sich für jeden Standort auf der Erde ermitteln, wann die Tiangong und die ISS das nächste Mal gut sichtbar sind.
Wieso heißt die Weltraumstation „Himmelspalast“?
Während des kalten Krieges war die Namensgebung bei chinesischen Weltraumprojekten noch stärker politisch geprägt. So wurde eine chinesische Trägerraketenreihe in Anlehnung an die kommunistische Geschichte des „long march“ („langer Marsch“) benannt. Zuletzt gab es eine Tendenz zu eher poetischen Namen. So sind die Mondmissionen Chinas nach Chang„e, der chinesischen Göttin des Mondes benannt.
Vor der Namensfindung für die Weltraumstation hatte Wang Wenbao, Direktor des China Manned Space Engineering Office, gesagt, man suche nun einen „lebendigen, hoffnungsvollen und widerhallenden Namen“. Zudem solle die Bevölkerung an der Namensfindung beteiligt werden, da das Projekt das nationale Ansehen und das „Gefühl des nationalen Stolzes und Zusammenhalts“ fördern solle. Tatsächlich war jeder Chinese und jede Chinesin aufgerufen, Ideen einzureichen. Von 152.640 eingereichten Namensvorschlägen wurden zunächst 30 ausgewählt, aus denen dann 20 Millionen Chinesen und Chinesinnen online die besten zehn bestimmten. Aus diesen wählte eine Kommission schließlich den Nahmen Tiangong („Himmelspalast“) aus, der Name wurde vom chinesischen Staatsrat genehmigt und im Oktober 2011 vom Büro für bemannte Raumfahrt bekannt gegeben.
Welche Art von Forschung wird auf der Station betrieben?
Die Forschung, die auf Tiangong betrieben wird, ähnelt der, der sich auch die ISS widmet. So werden Experimente in der Schwerelosigkeit durchgeführt. Dabei wird zum Beispiel getestet, wie sich bestimmte Stoffe im All verhalten, um neue Materialen für die Raumfahrt entwickeln zu können. Auch die Auswirkung der Schwerelosigkeit auf den Menschen ist Teil der chinesischen Weltraumforschung. Mit dem Weltraumteleskop will China außerdem neue Informationen über ferne Galaxien und die Entstehungsgeschichte des Alls gewinnen.
Zudem wird im All mit Saatgut experimentiert. So werden auf Tiangong aus Reissamen Pflanzen gezüchtet. Dabei soll untersucht werden, wie sich die Schwerelosigkeit auf die Blütezeit auswirkt. Bereits seit den 80er-Jahren führt China Saatgutversuche im All durch. Ziel ist es zum einen, Mutationen zu erzeugen, um dann genetisch veränderten Reis auf der Erde anbauen zu können und bessere Ernteergebnisse zu erzielen. So versucht China bereits seit einiger Zeit, einen speziellen Weltraumreis mit optimierten Eigenschaften zu züchten. Dazu wurden bereits Setzlinge genutzt, die 2020 in der unbemannten Mondsonde Chang„e 5 gezüchtet worden waren. Die Anzucht von Nutzpflanzen im All könnte außerdem in Zukunft dazu dienen, Astronauten und Astronautinnen zu ernähren und die von China geplante Mondstation zu versorgen.
Darf Tiangong nur von China genutzt werden?
Die Weltraumstation Tiangong wird von der chinesischen Raumfahrtagentur China Manned Space Agency (CMSA) betrieben. Sie soll aber in der Zukunft auch für internationale Forschungsprojekte genutzt werden können. China hat bereits angekündigt, die Station ausbauen zu wollen. Künftig wolle man dann auch Astronauten und Astronautinnen anderer Weltraumagenturen einladen und zudem Weltraumtourismus auf Tiangong möglich machen.
Was plant China noch im Weltraum?
Insgesamt gilt Tiangong als wichtiger Baustein in Chinas Weltraumprogramm, weil daraus Erkenntnisse für künftige Missionen zum Mond und zum Mars gewonnen werden können, die China ebenfalls plant. So hat China angekündigt, bis 2030 eine bemannte Mission zum Mond schicken zu wollen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters mit Berufung auf chinesische Medien berichtete, will China in fünf Jahren außerdem mit dem Bau einer Mondstation beginnen. Dabei soll ein speziell konstruierter Roboter aus Mond-Regolith Bausteine herstellen. In jedem Fall sind in den kommenden Jahren etliche Mondmissionen Chinas geplant, die unter anderem dazu dienen sollen, den Mond vor dem Bau einer bemannten Station besser zu erkunden. Im Rahmen der chinesischen Missionen war es bereits erstmals gelungen, mit einer Sonde auf der erdabgewandten Seite des Mondes zu landen.
Gibt es ein neues Wettrennen im All?
Falls China seine Pläne zeitnah umsetzt, könnte es damit den USA zuvorkommen. Auch die Nasa will bald wieder Menschen zum Mond schicken. Ursprünglich war schon für Ende 2024 geplant, drei Männer und eine Frau mit einer der Artemis-Missionen zum Mond zu fliegen. Eine bemannte Mond-Mission wurde nun aber auf frühestens 2025 verschoben. Und auch die Nasa plant eine bemannte Mondstation: das „Artemis Base Camp“, in dem sich Astronauten und Astronautinnen bis zu einen Monat lang aufhalten können sollen. Ein Test des Raketensystems „Starship“ von Elon Musks Unternehmen SpaceX, das die Nasa gerne für Flüge zum Mond nutzen würde, wurde im April durchgeführt.
Derzeit ist jedenfalls noch offen, ob den USA oder China die nächste bemannte Mondlandung gelingt. Es wäre in jedem Fall das erste Mal seit 1972, dass Menschen wieder den Mond betreten. Nasa-Chef Bill Nelson hatte zuletzt in einem Interview gesagt, man befinde sich derzeit in einem „Wettrennen im All“. Er warf China vor, es wolle auf dem Mond eine Vormachtstellung ausbauen. Es gelte aufzupassen, dass China nicht „unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Forschung“ einen Platz auf dem Mond beanspruchen und dann versuchen werde, andere Länder von dort fernzuhalten, so Nelson zu Beginn dieses Jahres. Nelson warnte auch davor, China könne vom Mond aus Satelliten und Kommunikationstechnik anderer Staaten stören. Ein Vertreter der chinesischen Botschaft in Washington hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. China strebe eine friedliche Nutzung der Weltraumtechnik an und eine gemeinsame Zukunft der Menschheit im Weltraum.
Zuletzt war im kalten Krieg von einem Wettrennen im All die Rede. Damals war es den USA gelungen, vor Russland eine bemannte Mission erfolgreich zum Mond zu fliegen. Möglich wäre, dass nun eines Tages China und Amerika auf dem Mond um die Nutzung von Rohstoffen oder geeigneten Landeplätzen für Missionen konkurrieren. (RND)