Probleme wegen Ukraine-KriegImmer mehr Bundeswehrsoldaten verweigern Kriegsdienst
Berlin – Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in der Bundeswehr steigt deutlich an. Das teilte ein Sprecher des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit. „Im laufenden Jahr sind bisher 657 Anträge auf Kriegsdienstverweigerung im Bundesamt eingegangen“, sagte er.
Im gesamten vergangenen Jahr lag die Zahl bei lediglich 209. Sie hat sich also bis Ende August bereits mehr als verdreifacht. Viele Antragsteller begründen ihre Verweigerung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und einer möglichen Eskalation damit, dass sie mit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht gerechnet hätten.
Erhöhtes Interesse nach Ukraine-Krieg wieder abgeflacht
Anträge auf Kriegsdienstverweigerung müssen beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr gestellt werden. Das Karrierecenter leitet sie an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben weiter. Die Allgemeine Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt. Bis dahin waren Anträge auf Kriegsdienstverweigerung an der Tagesordnung und keineswegs immer erfolgreich.
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Zugleich nimmt die Zahl der Bewerber für die Streitkräfte ab, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr in Köln dem RND sagte. „Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges war kurzfristig eine erhöhte Zahl an Interessentinnen und Interessenten, die über das im Internet-Auftritt der Bundeswehr hinterlegte Kontaktformular oder über unsere Karriere-Hotline Kontakt zu uns aufnehmen, zu verzeichnen“, so die Sprecherin.
Rückläufiger Trend bei Bewerberzahlen
„Dementsprechend hatten sich die vereinbarten und durchgeführten Erstberatungstermine bei der Karriereberatung ebenfalls erhöht.“ Beide Tendenzen hätten sich „inzwischen allerdings wieder normalisiert“, sagte sie. „Die tatsächlichen Bewerberzahlen für den militärischen Dienst in der Bundeswehr sind seit Anfang 2022 sogar rückläufig.“
Für die Truppe sind dies schlechte Nachrichten. Zurzeit gehören ihr rund 183.000 Soldatinnen und Soldaten an. Das Ziel sind aber 203.000. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat die Probleme bei der jüngsten Bundeswehr-Tagung denn auch deutlich angesprochen. Die Streitkräfte müssten „mehr qualifiziertes Personal gewinnen und auch halten“ sowie „Abbrecherquoten weiter reduzieren“.
Verteidigungsministerin kritisiert aktuelle Situation
„Ein Blick auf die Demografie zeigt, dass wir hier besser werden müssen“, betonte die SPD-Politikerin. Tatsächlich verschärft sich der Arbeitskräftemangel in nahezu allen Branchen. Und die Herausforderung scheint für die Bundeswehr aufgrund auch der außerhalb der Ukraine gestiegenen Kriegsgefahr noch größer zu werden, als sie ohnehin schon ist.