Donald TrumpDer Ex-Präsident auf der Anklagebank
Washington – Der Ex-Präsident ist erkennbar sauer. "Die Untersuchung ist die Fortsetzung der größten Hexenjagd in der Geschichte des Landes", wettert Donald Trump in einer schriftlichen Erklärung, die mit ihren Ausfällen gegen "die verrückte Nancy" (Parlamentssprecherin Pelosi) und dem Vergleich der USA mit einem "Dritte-Welt-Land" wie ein wilder Zusammenschnitt seiner früheren Tweets wirkt. "Das ist Faschismus, keine Gerechtigkeit", ereifert sich der Möchtegernautokrat gar.
Ausgerechnet der Supreme Court, das von Trump dauerhaft mit einer rechten Mehrheit ausgestattete höchste Gericht der USA, hat den Polit-Pensionär im sonnigen Florida schwer in Rage versetzt. Mit einer offenbar einstimmigen Entscheidung schlugen die Richter am Montag nämlich Trumps Versuch, seine Finanzunterlagen vor der Justiz zu verbergen, endgültig nieder. Seit dem August 2019 versucht die New Yorker Staatsanwaltschaft, an die brisanten Papiere zu kommen. Und seither hat Trump alle Hebel in Bewegung gesetzt, das zu verhindern. Schon einmal war er im Sommer 2020 vor dem Supreme Court unterlegen. Mit dem jetzigen Beschluss ist seine letzte juristische Verteidigungslinie gefallen. Schon in den kommenden Tagen erwarten die Ermittler die Übergabe der umfangreichen Dokumente durch Trumps Buchhalterfirma Mazars.
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Damit droht dem Ex-Präsidenten, der nach dem Ende seiner Amtszeit keinen Schutz mehr vor strafrechtlicher Verfolgung besitzt, gewaltiger Ärger von gleich zwei Seiten. Während der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Cyrus Vance, eine Untersuchung von Trumps Finanzgebaren und möglichen Steuervergehen leitet, hat unabhängig davon 1400 Kilometer südlich in Georgia die Bezirksstaatsanwältin von Fulton County, Fani Willis, Ermittlungen wegen möglicher Anstiftung zum Wahlbetrug aufgenommen. "Eine Untersuchung ist wie eine Zwiebel. Man weiß nie. Man schält etwas, und dann kommt etwas anders hervor", hat Willis erklärt. Vance äußerte sich ebenso knapp wie entschlossen: "Die Arbeit geht weiter."
Im liberalen Teil Amerikas sorgt die Aussicht, dass Trump nach der gescheiterten Impeachment-Anklage im Senat nun zumindest vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden könnte, für Befriedigung. Allerdings haben beide Ermittlungen mit Herausforderungen zu kämpfen: Die New Yorker Anwälte müssen für die vergangenen acht Jahre eine gewaltige Menge an Unterlagen aus dem gesamten Trump-Imperium sichten, was die New York Times als "monumentale Aufgabe" beschreibt. Staatsanwältin Willis in Georgia wiederum ist erst seit sechs Wochen im Amt und hat eine durch Belästigungsvorwürfe stark dezimierte Mannschaft übernommen.
Bis zur Entscheidung über eine Anklage in der New Yorker Untersuchung könnten Monate vergehen. Bis dahin werden auch keine Informationen aus den Finanzunterlagen veröffentlicht. Ursprünglich hatte sich das Interesse von Vance vor allem auf Trumps Schweigegeldzahlung über 130.000 Dollar an den Pornostar Stormy Daniels bezogen, die der Geschäftsmann angeblich als Anwaltsgebühr verbuchte. Inzwischen ist die Untersuchung aber längst auf Immobilien und Golfplätze des Milliardärs ausgeweitet worden. Es steht der Verdacht im Raum, dass Trump deren Wert bei den Banken deutlich zu hoch und bei den Finanzbehörden deutlich zu niedrig ansetzte, um so günstige Kredite zu bekommen und keine Steuern zahlen zu müssen.
Teile der Steuererklärung veröffentlicht
Einen Vorgeschmack auf die Materie hatte bereits die New York Times mit der Veröffentlichung von Teilen der Steuererklärung geliefert. Dem Bericht zufolge wies Trump jahrelang fragwürdige Verluste in dreistelliger Millionenhöhe aus, rechnete "Beratungsgebühren" von 26 Millionen Dollar unter anderem für seine Tochter Ivanka ab und zahlte 2016 und 2017 nur jeweils 750 Dollar Bundessteuern. Die Ermittler erhoffen sich nun noch deutlich präzisere und weitreichendere Erkenntnisse, weil Trumps Buchhhaltungsfirma Mazars neben den endgültigen Steuererklärungen auch sämtliche Entwürfe sowie Finanzunterlagen der einzelnen Firmen herausrücken muss.
In Georgia droht Trump derweil eine Anklage wegen seines höchst umstrittenen Anrufs beim dortigen Innenminister Brad Raffensperger. Nachdem er wochenlang Legenden über seinen angeblichen Wahlsieg verbreitete hatte, forderte Trump den republikanischen Parteifreund am 2. Januar zu einer Revision des Wahlergebnisses auf: "Ich brauche 11.780 Stimmen", sagte der damalige Präsident in dem von Raffensperger mitgeschnittenen Gespräch. Das könnte vor Gericht als Anstiftung zum Wahlbetrug gewertet werden. Dieses Vergehen wird in dem Bundesstaat mit einer mindestens einjährigen Gefängnisstrafe geahndet.