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Fall OrlandiPapst Franziskus weist Pädophilie-Vorwürfe gegen Johannes Paul II. zurück

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Emanuelas Bruder Pietro Orlandi sucht im Vatikan nach seiner verschwundenen Schwester. Um den Hals hängt das Fahndungsplakat mit Emanuela Orlandis Foto. Um ihn herum stehen weitere Demonstrierende, die Aufklärung fordern. Im Hintergrund sieht man den Petersdom.

Emanuelas Bruder Pietro Orlandi sucht seit Jahrzehnten verzweifelt nach seiner Schwester.

Die Ermittlungen des Vatikas zum Verschwinden von Emanuela Orlandi vor 40 Jahren bringen keine Ruhe in den Fall. Im Gegenteil. Nach den jüngsten Äußerungen von Emanuelas Bruder Pietro platzte selbst Papst Franziskus der Kragen.

Falls Franziskus geglaubt haben sollte, dass mit der Aufnahme von Ermittlungen seitens der vatikanischen Justiz im „Fall Orlandi“ ein wenig Ruhe einkehren würde, sah er sich in den letzten Tagen eines Besseren belehrt: Die Spekulationen um das Verschwinden der Tochter eines Hofdieners von Johannes Paul II. sind noch abenteuerlicher geworden als sie es schon zuvor gewesen waren.

Pietro Orlandi, der Bruder von Emanuela, unterstellte Johannes Paul II. in italienischen TV-Sendern mehr oder weniger unverblümt, ein Kinderschänder gewesen zu sein und in das Verschwinden Emanuelas verwickelt gewesen zu sein. Hohe Prälaten hätten ihm anvertraut, dass die Pädophilie damals eine gängige Praxis im Vatikan gewesen sei, „auch in der allerhöchsten Ebene“, ließ Orlandi verlauten. Und: Ihm sei auch von nächtlichen Ausflügen des Papstes mit zwei anderen polnischen Monsignori berichtet worden. Johannes Paul II. sei sicher nicht durch die Stadt gezogen, „um Häuser zu segnen“.

Der gesamte Vatikan in Aufregung

Die Aussagen versetzten den gesamten Vatikan in Aufregung, Papst Franziskus eingeschlossen. „In der Gewissheit, die Gefühle der Gläubigen in der ganzen Welt zu deuten, richte ich einen dankbaren Gedanken an das Andenken des heiligen Johannes Paul II., der in diesen Tagen Gegenstand beleidigender und unbegründeter Schlussfolgerungen ist“, erklärte Franziskus am Sonntag während des Gebets Regina Coeli auf dem Petersplatz in Rom.

Dominik Straub

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Zuvor hatte sich schon der ehemalige Privatsekretär von Johannes Paul II., Kardinal Stanislaw Dziwisz, in Rage geredet: Er sprach von „schändlichen Unterstellungen, von Anfang bis Ende falsch, unrealistisch, lächerlich bis an die Grenze der Komödie“. Der Direktor der vatikanischen Medien, Andrea Tornielli, bezeichnete die Aussagen Orlandis als „Medienmassaker“.

2019 hatte der Vatikan auf der Suche nach sterblichen Überresten der verschwunden Emanuela Orlandi zwei Beinkeller geöffnet. Nach Angaben der Ermittler wurden darin aber nur alte Knochen gefunden. Das Bild zeigt die Öffnung des Grabes mit Ermittlern von oben.

2019 hatte der Vatikan auf der Suche nach sterblichen Überresten der verschwunden Emanuela Orlandi zwei Beinkeller geöffnet. Nach Angaben der Ermittler wurden darin aber nur alte Knochen gefunden.

Der 66-jährige Pietro Orlandi sucht seit Jahrzehnten beinahe verzweifelt nach der Wahrheit über den Verbleib von Emanuela. Seine Schwester, die heute 55 Jahre alt wäre, war am 22. Juni 1983 außerhalb des Kirchenstaats zum Musikunterricht gegangen. Auf dem Rückweg zu ihrem Elternhaus im Vatikan verschwand das Mädchen spurlos - auch Emanuelas sterbliche Überreste sind nie aufgefunden worden, obwohl in mehreren Gruften, unter anderem auch im Grab eines römischen Mafioso, nach ihnen gesucht wurde.

Unzählige Spekulationen über Emanuelas Schicksal

Um ihr - vermutlich trauriges - Schicksal ranken sich unzählige Spekulationen, die von ihrem Bruder Pietro oft medienwirksam befeuert werden. Orlandi ist schon lange davon überzeugt, dass der Vatikan mehr wisse, als er zugebe.

Dass Emanuela Orlandi von pädophilen Kirchenmännern entführt worden sei, um sie dann für Sexspiele in der Kurie zu missbrauchen, ist unter den Verschwörungstheorien um ihr Verschwinden eine der populärsten. Das Problem: Niemand hat je belastbare Beweise für diese These vorgelegt.

Das gilt auch für Orlandis jüngsten Äußerungen. Nachdem der vatikanische Untersuchungsrichter Alessandro Diddi im Januar dieses Jahres überraschend Ermittlungen in diesem ebenso spektakulären wie mysteriösen Fall aufgenommen hatte, wurden Pietro Orlandi und seine Anwältin Laura Sgrò vergangene Woche von der vatikanischen Justiz mehrere Stunden als Zeugen einvernommen. Laut eigenen Angaben wollten sie bei der Gelegenheit Dokumente und Namen möglicher Zeugen aus eigenen Ermittlungen weitergeben.

Laura Sgrò, Anwältin der Orlandi-Familie

Laura Sgrò, Anwältin der Orlandi-Familie

Doch was sie Diddi vorlegten, war offenbar äußerst dürftig. „Weder Pietro Orlandi noch die Anwältin zogen es in Erwägung, dem Untersuchungsrichter Namen oder nützliche Informationen über die Quellen dieser Aussagen und deren Glaubwürdigkeit zu liefern“, erklärte der Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für Kommunikation, Paolo Ruffini.

„Für die vatikanische Justiz wäre es wichtig gewesen, die Quelle der von Orlandi berichteten Gerüchte zu kennen. Leider ist dies nicht geschehen.“ Anders gesagt: Orlandi und Sgrò sind mit leeren Händen gekommen. Auch die italienische Justiz hatte sich mehrfach mit dem Fall befasst und die Ermittlungen im Jahr 2015 ergebnislos eingestellt. (rnd)