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Gedanken in Deutschland zulassen?Dänemark streicht alle Corona-Vorschriften

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Bundeskanzler Olaf Scholz und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen in Berlin.

Wie kann Dänemark es wagen, alle Corona-Vorschriften zu streichen? Diese Frage verschafft dem 5,8-Millionen-Volk Aufmerksamkeit rund um den Globus. Videos von fröhlichen maskenlosen Menschen in Kopenhagener Nachtclubs schaffen es dieser Tage bis ins australische Fernsehen. „Warum kriegen wir das nicht hin?“, mault in den USA das Magazin „Newsweek“.

Und in Deutschland? Da verschränkt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Arme: „Das ist Dänemark, das sind nicht wir.“

96 Prozent Geimpfte über 60

Tatsächlich gibt es einen wichtigen Unterschied. Deutschland hat noch immer drei Millionen Ungeimpfte über 60. In Dänemark sind in dieser Altersgruppe stolze 96,1 Prozent geimpft, ohne Impfpflicht. Das kleine Land, für das Freiheit immer eine große Rolle spielte, führt hier vor, wie intelligent es ist, Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit zu sehen.

Ansonsten aber ist in Dänemark, wo die Omikron-Welle ein paar Wochen früher begann, vieles ganz genau so wie in Deutschland. Ihre modernen Gesundheitsdatenbanken geben den Dänen ein sehr präzises Bild. Dabei sticht seit Langem ein zentraler Befund ins Auge: die Entkopplung der Infektionszahl von der Zahl der schweren Verläufe. Dadurch dreht sich manches: medizinisch, politisch und juristisch.

Keine akute Bedrohung für alle

Wenn es aber keine akute Bedrohung für alle mehr gebe, erläuterte der dänische Regierungsberater Michael Bang Petersen dieser Tage in der deutschen „Tagesschau“, dürfe es auch keine beschränkenden Maßnahmen für alle mehr geben.

Diese Haltung sollte niemand abtun als liberalistischen skandinavischen Firlefanz: Sie entspricht exakt auch dem Rechtsstaatsprinzip nach dem deutschen Grundgesetz. Noch sagt es in Berlin niemand laut, aber die von Tag zu Tag deutlicher werdende Entkopplung von Infektion und Gefahr könnte bald dazu führen, dass deutsche Verwaltungsgerichte der Politik die Corona-Instrumente aus der Hand nehmen.

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Besser wäre es, wenn Bund und Länder bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar von sich aus Richtung Lockerung in die Kurve gingen – geordnet, nach für jedermann nachvollziehbaren gemeinsamen Regelungen.

Deutschland braucht Unverkrampftheit im Denken

Die erste Lockerung, die Deutschland jetzt braucht, ist eine neue Unverkrampftheit im Denken. Lassen wir doch ruhig den Gedanken zu, dass andere Länder manches früher und vielleicht besser machen. Das war bei den Masken so, bei den Lockdowns, beim Impfen. Warum soll es bei den Lockerungen anders sein? Dass ein 80-Millionen-Volk in der Mitte Europas sich nicht bewegt wie ein Schnellboot, eher wie ein Tanker, ist nicht schlimm. Schlimm wäre Hochmut gegenüber anderen.

Dänemark hat, das ist wahr, einen „Freedom Day“ schon mal ein Jahr zu früh ausgerufen. Doch das heißt nicht, dass wir als Deutsche die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Genießen wir doch, in freudiger Erwartung des Frühjahrs, schon mal den frischen Wind aus Dänemark. (rnd)