Kommentar zu PutinWas russische Deserteure in Russland und der EU erwartet
- Es steht außer Frage, dass russische Deserteure in Deutschland Asyl erhalten müssen.
- Doch damit einher gehen auch erhebliche Probleme und Sicherheitsbedenken. Ein Kommentar.
Die EU hat gerade die Debatte darüber begonnen, wie sie mit Asylgesuchen von russischen Deserteuren umgehen soll, da gibt Wladimir Putin einige wichtige Hinweise: An diesem Wochenende verschärfte der Kremlchef die Strafen für fahnenflüchtige Russen.
Wer als Soldat die Armee verlässt, muss mit bis zu 15 Jahren Knast rechnen, wer als Reservist den Dienst verweigert, mit bis zu zehn Jahren. Auch Befehlsverweigerung kann künftig mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden.
So bleibt kein Zweifel: Russischen Soldaten und Reservisten droht „Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, der Verbrechen umfassen würde“. Dieses Zitat stammt aus dem deutschen Asylgesetz, das festlegt, wer in Deutschland als politisch verfolgt gilt und deshalb das Recht auf Schutz genießt. Da die Bundesregierung ihre mehrfach die Verbrechen im russischen Angriffskrieg verurteilt hat, gibt es also keinen Zweifel daran, dass russische Deserteure in Deutschland Asyl erhalten müssen.
Es ist gut, dass die Bundesregierung das bereits bestätigt und das zuständige Bundesamt für Flüchtlinge seine Entscheidungspraxis bereits daran angepasst hat. Denn der wachsende Widerstand junger Männer und ihrer Familien und die demoralisierte Truppe sind Putins wahre Achillesferse. Und wie ließe sich sonst auch erklären, dass wir die Ukraine wegen ihres Kampfes gegen westliche Werte unterstützen, wenn wir diese Werte in diesem Fall hintanstellen würden?
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Doch damit gehen die Probleme leider erst los. Denn die stets bessere europäische Lösung ist wegen erneut nicht in Sicht. Vor allem Balten und Polen lehnen es völlig ab, desertierte Russen aufzunehmen. Zwar muss man verstehen, wenn deren Asylanträge jedem übel aufstoßen, der bislang jegliche Ablehnung der Russen gegen den Angriffskrieg ihres Präsidenten vermisst hat - so lange es nicht ums eigene Leben, sondern um Ukrainer und die russische Rekruten aus der Landbevölkerung ging.
Verständliche Sicherheitsbedenken
Auch die Sicherheitsbedenken, die nun mancher Europäer - auch hierzulande - äußert, sind verständlich: Niemand will riskieren, dass man so den Konflikt mit ukrainischen Flüchtlingen oder getarnte russische Agenten importiert.
Die EU-Kommission hat eine Klärung der offenen Fragen angekündigt, und das Bundesamt für Flüchtlinge betont, dass die Erteilung von Asyl auch im Fall der Deserteure eine Einzelfallentscheidung bleibe, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolge. Insofern ist Deutschland auf einem guten Wege, diesen notwendigen Schritt geregelt zu gehen.
Allein, es bleibt das dritte - und größte - Problem für die Fahnenflüchtigen: Zu Fuß und mit dem Zug lässt sich die EU für Russen nicht erreichen. Die tatsächliche physische Flucht bleibt zunächst die größte Hürde, und wer sie nicht überwinden kann, bleibt eine Geisel des russischen Despoten.