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Kommentar zum Impf-DebakelEuropa muss jetzt Stärke demonstrieren statt zanken

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Ein Mitarbeiter des Gesundheitswesens hält eine Ampulle des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca.

Berlin – In der Spieltheorie bezeichnet die Strategie „Tit for tat“ („Wie du mir, so ich dir“) die überaus erfolgreiche Methode eines Spielers, im ersten Zug zunächst zusammenzuarbeiten, dann aber stets so zu handeln wie der Gegenspieler. Hat Letzterer zuvor kooperiert, dann verhält sich auch der „Tit for tat“-Spieler so. Hat der Gegenspieler in der Vorrunde hingegen auf Konfrontation gesetzt, muss darauf auch so reagiert werden.

Die EU spielt Schach, England und die USA spielen Rugby

Mithilfe dieser Logik kann erklärt werden, warum die EU bei der Impfstoffbeschaffung versagt hat. Danach hätten die Europäer zunächst versuchen müssen, mit den USA und Großbritannien einen fairen Weg zu suchen. Das entspricht schließlich den europäischen Werten. Als aber klar wurde, dass die beiden Staaten auf Impfnationalismus setzen, wären auch von der EU harte Bandagen nötig gewesen. Doch die EU, so argumentierte kürzlich Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, habe sich auf dem Feld weiter wie ein Schachspieler benommen, während die USA und Großbritannien Rugby gespielt hätten.

Ein zweiter Faktor kommt hinzu, der vor allem im Vergleich mit den USA zum Tragen kommt. Die Amerikaner haben nicht nur früher bestellt, sie haben zudem die Rolle eines Investors eingenommen, nicht die eines einfachen Kunden: Dabei wurden die Impfhersteller geradezu mit Geld überschüttet – gegen die Verpflichtung, die Produktionskapazitäten auszuweiten und den Geldgeber bevorzugt zu beliefern.

Exportbeschränkungen sollen von eigenen Fehlern ablenken

Das Ergebnis ist bekannt: In den USA sind mehr als 25 Prozent der Bevölkerung bereits einmal geimpft, in Großbritannien 42 Prozent – in Deutschland aber erst 10 Prozent. Es wird schwer auszuhalten sein, wenn zu sehen ist, wie die Menschen in New York oder London wieder in den Cafés sitzen, während wir weiter allein zu Hause hocken müssen.

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Um von den eigenen Fehlern abzulenken, werden jetzt Exportbeschränkungen erlassen, die im Zweifel nach hinten losgehen, weil die EU wegen der schlechten Vorbereitung bei der Impfstoffproduktion selbst vom Ausland abhängig ist. So bezieht der Verbund Biontech/Pfizer Rohstoffe aus Großbritannien. Nicht auszudenken, wenn die Konflikte in einen Handelskrieg ausarten. Es kann von der Europäern allerdings auch nicht einfach hingenommen werden, dass Astrazeneca im ersten Quartal an die EU nur ein Drittel der versprochenen Dosen ausliefert und im zweiten Quartal nur 25 Prozent. Deshalb müssen auf diplomatischen Wegen Lösungen gesucht werden.

Ausreichend Druck entsteht allerdings nur, wenn Europa Stärke demonstriert. Aber was machen die Mitgliedsstaaten? Sie zanken sich darüber, ob die knappen Impfstofflieferungen auch ganz genau nach dem Bevölkerungsschlüssel verteilt werden. Geht's noch Europa?