Kommentar zur MaskenaffäreVolksvertreter entrückt von der Realität des Volkes
Fehler passieren. Uns allen und immer wieder. Oft sind es kleine Patzer, im Stress, aus Gedankenlosigkeit oder durch Missverständnisse. Ohne Absicht, einfach geschehen. Manchmal unterlaufen echte Hammer. Meistens dann, wenn man eine Gefahr nicht hat kommen sehen, etwas nicht wusste oder schlimmer: nicht wissen wollte. Und dann gibt es die Kategorie Verfehlung und mangelnder Anstand. Aber in allen Fällen, in denen es nicht um Tote und Verletzte geht, bleibt zur Schadensbegrenzung einen rettenden Ausweg: um Verzeihung bitten, Konsequenzen ziehen. Diese Fehlerkultur erlebt man aber selten. Erst recht nicht in der Politik.
Nikolas Löbel und Georg Nüßlein fanden es nicht anrüchig, in der Corona-Pandemie als Bundestagsabgeordnete - mit monatlichen Bezügen von mehr als 10.000 Euro - für die Vermittlung der anfänglichen Mangelware Masken Provisionen in sechsstelliger Höhe einzustecken. Volksvertreter müssen sehr weit von der Realität des Volkes entrückt sein, wenn sie sich an der Not in einer Krise bereichern, während Millionen Menschen nur mit einem Bruchteil davon über die Runden kommen und dafür auch sehr hart arbeiten müssen.
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Es ist gut, dass die Politkarrieren beider Männer aus der Union nun beendet sind. Die höchste Währung in der Politik ist Vertrauen. Das haben sie verspielt und damit Wasser auf die Mühlen jener gegossen, die Politiker ohnehin für abgehoben halten. Für CDU und CSU hinterlassen sie verbrannte Erde im Wahljahr. Der Respekt sinkt und das Gefühl der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft steigt. Einer Kassiererin wurde einst wegen vermeintlicher Entwendung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro fristlos gekündigt.
Bei allen Fehlern von Politikern muss immer noch der Mensch gesehen werden und was es bedeutet, wenn man so tief fällt. Man wünscht ihnen, dass sie Familien haben, die sie auffangen. Sie hätten das Ausmaß ihrer persönlichen Krise aber begrenzen können, wenn ihr Unrechtsbewusstsein größer und ihr Konfliktmanagement besser gewesen wäre.
Sie hätten zugeben können, sich verirrt zu haben
Nur scheibchenweise aufklären, sich uneinsichtig zeigen und so lange wie möglich an das gut bezahle Mandat klammern, das sie missbraucht haben – das kommt sie jetzt teurer zu stehen als ihre finanzielle Maßlosigkeit.
Wie hätte es gewirkt, wenn sie sich hingestellt und zugegeben hätten, sich verirrt zu haben? Wenn sie schnell zurückgetreten wären, die Bevölkerung um Entschuldigung gebeten und das Geld gespendet hätten? Sie hätten vermutlich nicht aus ihren Parteien austreten müssen, die auch eine Art Familie sind, die Halt bietet, auch wenn man Schuld auf sich geladen hat.
Wer einen Fehler aufrichtig bedauert und ihn wieder gut machen will, bekommt in dieser Gesellschaft in der Regel eine zweite Chance.
Margot Käßmann als Vorbild
Man muss allerdings lange suchen, um ein Vorbild im Umgang mit Fehlern zu finden. Margot Käßmann gehört dazu. Sie war 2010 als Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche und Bischöfin in Hannover nach ihrer Trunkenheitsfahrt zurückgetreten. Sie könne nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben, hatte sie damals gesagt. Und es gehe ihr auch um die Achtung vor sich selbst.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zu Beginn der Pandemie gesagt, dass wir uns alle Fehler verzeihen werden müssen. Das war eine vorausschauende Einschätzung. An persönliche Bereicherung in der Pandemie dürfte er dabei nicht gedacht haben. Vermutlich wird es aber noch mehr Fälle geben. Ein Desaster für den Zusammenhalt im Land. Beim nächsten Mal wäre das Mindeste ein schnelles Eingeständnis, um größeren Schaden abzuwenden und, um es mit Käßmann zu sagen, auch aus Achtung vor sich selbst.