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Wankelmütige Ultrareiche in den USAEinmal Donald Trump für 25 Millionen Dollar

Lesezeit 4 Minuten
Donald Trump (Republikaner), ehemaliger Präsident der USA und US-Präsidentschaftsbewerber

Donald Trump (Republikaner), ehemaliger Präsident der USA und US-Präsidentschaftsbewerber

Nach dem Kapitolsturm wendeten sich viele Wirtschaftsbosse vom früheren US-Präsidenten ab. Doch jetzt dreht sich der Wind.

Das Entsetzen klang ehrlich. „Das ist eine Schande“, empörte sich der Investor Nelson Peltz einen Tag nach dem Kapitolsturm im Januar 2021: „Ich habe für Trump gestimmt. Ich bedauere das.“ Auch Hedgefonds-Manager David Sacks senkte den Daumen: „Trump hat sich disqualifiziert, noch einmal Kandidat zu sein.“ Und Multimilliardär Bill Ackman rief @realDonaldTrump bei Twitter auf: „Es ist Zeit für Sie, abzutreten und sich bei allen Amerikanern zu entschuldigen.“

Amerikas ultrareiche Unternehmer, die Wallstreet-Mogule und Silicon-Valley-Größen schienen nach einer chaotischen Amtszeit und einem Umsturzversuch endgültig mit dem Möchtegerndiktator zu brechen. Doch kurz vor den Präsidentschaftswahlen im November dreht sich plötzlich der Wind: Peltz lud im März seinen Quasinachbarn Trump und andere Milliardäre – darunter den Hotelier Steve Wynn und Tesla-Boss Elon Musk – zum Frühstück in seine Villa am Strand von Palm Beach. Sacks veranstaltete im Juni in seinem Nobelanwesen in San Francisco ein Spendendinner mit Ticketpreisen bis zu 300?000 Dollar für Trump. Und Ackman behauptet, der Schweigegeldprozess gegen Trump sei „politisch zurechtgebogen“.

Mehr faschistische Rhetorik

Immer mehr US-Finanzmogule erklären öffentlich, dass sie bei den Präsidentschaftswahlen für Donald Trump stimmen wollen. An dem 78-Jährigen kann die kollektive Kehrtwende kaum liegen. Zwar bemühte er sich nach Teilnehmerangaben am Donnerstag bei einem Auftritt vor Wirtschaftsvertretern in Washington um einen moderateren Anschein. Doch seine zunehmend faschistische Rhetorik, seine Ankündigung, mithilfe des Militärs 15 bis 20 Millionen Migranten zu deportieren, und sein Status als verurteilter Straftäter sprechen eine andere Sprache.

Bis vor Kurzem scheint das auch vielen ultrareichen Unternehmern klar gewesen zu sein. So bezeichnete Stephen Schwarzman, der Vorstandschef der weltgrößten Private-Equity-Firma Blackstone, Trump noch im Januar 2023 als „Verlierer“ und forderte: „Wir brauchen eine neue Generation von Anführern.“ In der vergangenen Woche nun gab der 77-Jährige, dessen Vermögen auf 38 Milliarden Dollar geschätzt wird, dem „Handelsblatt“ ein Interview. Dort redete er viel über Europa, wo Blackstone im großen Stil Gewerbeimmobilien und Rechenzentren aufkaufen will. Am Ende wurde er nach Trump befragt: „Ich teile die Sorge der meisten Amerikaner, dass unsere Wirtschafts-, Einwanderungs- und Außenpolitik das Land in die falsche Richtung führt“, antwortete er. „Aus diesen Gründen werde ich Donald Trump bei der Wahl unterstützen.“

Auch andere Unternehmer versuchen ihre opportunistischen Wendemanöver mit mehr oder weniger fadenscheinigen Argumenten zu begründen: Ackman beklagt sich über den angeblich wachsenden Antisemitismus bei den Demokraten. Elon Musk hat sich dem Kulturkampf gegen den „woken Geistesvirus“ verschrieben. Sacks behauptet kurzerhand: „Es geht bei dieser Wahl nur um eine Frage – ob das amerikanische Volk zusieht, wie die USA eine Bananenrepublik werden.“

Tatsächlich geht es nach Einschätzung vieler Beobachter um etwas anderes: niedrigere Steuern und weniger staatliche Regulierung. Trump hatte während seiner Regierungszeit die Körperschaftsteuer von 35 auf 21 Prozent gesenkt (und damit gewaltige Haushaltslöcher verursacht). Nun verspricht er, den Satz weiter auf 20 Prozent zu senken. „Ihr werdet die größte Steuererhöhung in der Geschichte haben“, warnt er vor einem Wahlsieg von Joe Biden, der die Entlastungen für die Unternehmen und Superreichen teilweise zurücknehmen will.

Beide Seiten profitieren

Völlig unverbrämt bietet Trump sich und sein Regierungsprogramm zum Kauf an. Kürzlich habe ihm ein Geschäftsmann eine Million Dollar für ein Mittagessen geboten, berichtete er bei einer Spendengala in New York. Er habe erwidert: „Sie müssen 25 Millionen Dollar zahlen.“ Bei einem Treffen mit Ölmanagern versprach er eine weitgehende Rücknahme der Förderung von Elektroautos und Windkraft und forderte die Anwesenden auf, Geld für ihn zu sammeln: Eine Milliarde Dollar, soll er nach Informationen der „Washington Post“ erklärt haben, wären ein „Deal“.

So scheinen beide Seiten von dem Bündnis zu profitieren: Trump braucht dringend Geld. Allein im April konnte er nach Angaben seiner Kampagne 76 Millionen Dollar und in den 24 Stunden nach der Verurteilung dann weitere 53 Millionen Dollar kassieren. Die Wirtschaftsmogule gewinnen umgekehrt politischen Einfluss.

„Brutal naiv“ nennt der Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci seine Kollegen. Der 60-Jährige muss es wissen. Er hatte Trump 2016 unterstützt und war dann zeitweise sein Kommunikationsdirektor gewesen. „Ich hab das alles durchlebt“, sagt er heute: „Ich kenne die kognitive Dissonanz.“ Der republikanische Kandidat sei eine Gefahr für die Demokratie, warnt Scaramucci die Wirtschaftsbosse: „Man braucht die Demokratie auch für einen effektiven Kapitalismus.“