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Staatsbegräbnis für die Queen„Ein Tag, der im Gedächtnis bleiben wird“

Lesezeit 7 Minuten
Westminster Totale 190922

Die Trauergemeinde in Westminster Abbey

London – 96 Schläge für 96 Jahre. So oft erklang der dunkle Ton der Glocke der Westminster Abbey. Als der Sarg der Queen, eingehüllt in eine königliche Standarte mit der Krone, dem Reichsapfel und dem Zepter in der Kirche von der Westminster Hall in die Kathedrale getragen wurden, erklangen die Klänge schottischer Dudelsackmusik. Es war ein ergreifender Moment. Dabei waren nicht nur die Augen der Trauernden vor Ort auf ihn gerichtet, sondern diejenigen von Milliarden Menschen weltweit.

Dann begann das Staatsbegräbnis von Königin Elizabeth II. Die Gedenkfeier fand in jener Kathedrale statt, in welcher sie 1947 geheiratet hatte und im Jahr 1953 gekrönt wurde, ein Ort, mit welchem Britinnen und Briten viele Höhe- aber auch Tiefpunkte der Monarchie verbinden. Mit dem Gottesdienst in London und der Beerdigung in Windsor nahmen die Royals, Großbritannien und die Welt Abschied von Elizabeth II. Es war der emotionale Höhepunkt eines langen Abschieds.

Charles am Sarg

König Charles III. am Sarg seiner Mutter

Viel Platz war nicht, als sich bekannte Persönlichkeiten und Politiker sich am Montag dort versammelten, um der Monarchin die letzte Ehre zu erweisen. Sie saßen dicht an dicht. Rund 2000 geladene Gäste, darunter hunderte Würdenträger, Monarchen sowie Staats- und Regierungschefinnen und -chefs waren gekommen, darunter US-Präsident Joe Biden, der kanadische Premierminister Justin Trudeau sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Sie sahen zu, als der Sarg der Queen begleitet von erhabenden Chorgesang durch die Kathedrale getragen wurde. Dahinter schritten König Charles III., Prinzessin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward sowie Prinz William und Prinz Harry.

Charles blickt bei Hymne betreten zu Boden

Als der Dekan von Westminster, David Hoyle, seine Rede anstimmte, stand er im Zentrum der Aufmerksamkeit. „Mit Bewunderung erinnern wir uns an ihr lebenslanges Pflichtbewusstsein. Mit Zuneigung erinnern wir uns an ihre Liebe zu ihrer Familie und ihr Engagement für die Anliegen, die ihr am Herzen lagen”, sagte er. Dann stimmte der Chor die Hymne „The day thou gavest, Lord, is ended” von John Ellerton an. Übersetzt bedeutet es so viel wie „Der Tag, den du gabst, Herr, nun ist er beendet”. Eine Ära ging hier zu Ende. Eine neue hat derweil begonnen. Gegen 12 Uhr stimmte die Trauergemeinde dann die Nationalhymne „God save the King” an. Charles blickte dabei betreten zu Boden, sang nicht mit. Hoyle, der den Gottesdienst leitete, bezeichnete das Ereignis als beispiellos.

Schon als 21-Jährige hielt die Queen in Südafrika eine Rede, an die am Montag auch der Erzbischof von Canterbury Justin Welby erinnerte. Sie erklärte damals, dass sie ihr ganzes Leben dem Volk widmen wolle. Am Montag folgten Milliarden von Menschen zur gleichen Zeit den Bildern ihrer Trauerfeier in der Kathedrale Westminster Abbey. Durch die Rituale, die mit der Trauerfeier und der Beerdigung verbunden waren, den Prunk und Pomp seien Menschen an eine tausendjährige Tradition der Monarchie erinnert worden, sagte Pauline MacLaran, die sich in ihrem Buch „Royal Fever“ mit dem Bild der königlichen Familie befasst hat, dieser Zeitung. Es sei ein visuelles Spektakel gewesen, das bei vielen Menschen Emotionen wecke. „Ein Tag, der im Gedächtnis bleiben wird.“

98 Angehörige der Marine ziehen den Sarg mit Queen Elizabeth II.

Daraufhin setzte sich der Trauerzug durch das Stadtzentrum nach Windsor in Bewegung. Transportiert wurde der Sarg von Königin Elizabeth II. auf einem als Lafette bezeichneten Kanonenwagen, gezogen von 98 Marineangehörige. Hunderte weitere Soldaten aus Großbritannien und Ländern des Commonwealths, Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiter des Gesundheitsdiensts NHS begleiteten ihn. Mit König Charles folgten auch die übrigen Kinder der Queen – Prinzessin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward - im Trauerzug.

Royals und Meghan verlassen Abbe

Meghan, Herzogin von Sussex , Königsgemahlin Camilla, Kate, Prinzessin von Wales, Prinz George, Prinzessin Charlotte und Sophie, Gräfin von Wessex, verlassen Westminster Abbey.

Dahinter gingen ihre Enkel Prinz William und Prinz Harry. Ihre Ehefrauen sowie Williams Kinder folgten in Limousinen bis zum Triumphbogen Wellington Arch, wo der Sarg von acht Trägern von einer Lafette in den Leichenwagen umgebettet wurde. Prinz Andrew und Prinz Harry kamen wie erwartet nicht in Uniform. Dabei waren beide im Militäreinsatz, Andrew im Falklandkrieg und Harry in Afghanistan. Allerdings sind sie keine aktiven Mitglieder der königlichen Familie mehr. Bei der Totenwache in der Westminster Hall waren sie zuvor ausnahmsweise in Uniform erschienen.

Queen: „Sie war die Konstante in einer sich ständig ändernden Welt“

Hunderttausende säumten die Straßen der britischen Hauptstadt, um einen letzten Blick auf den Sarg und die königliche Familie zu werfen. Schon um 9 Uhr, zwei Stunden vor dem Gottesdienst, war die Prachtstraße Richtung Buckingham-Palast gesäumt von Menschenmassen. Überzeugte Royalisten hatten sich mit Tüten, Klappstühlen und Union-Jack-Flaggen eingerichtet. „Wir wollten ihr noch einmal unseren Respekt erweisen, die Atmosphäre spüren, Teil davon sein“, sagte die 35-jährige Lucy, die mit einer Freundin aus der Nähe von Liverpool gekommen war. Die 26-jährige Australierin Paige betonte, dass es sich eigenartig anfühle, nun in einer Welt ohne Queen zu leben. „Sie war die Konstante in einer sich ständig ändernden Welt. Manchmal merkt man erst, was man hatte, wenn es nicht mehr da ist.“

Weil die Straßen entlang der Prozession gefüllt waren, wurden Trauernde auch zum Hyde Park umgeleitet, wo die Gedenkfeier übertragen wurde. Manche Kinos öffneten am Montag ebenfalls zu diesem Zweck. Außerdem wurden in vielen weiteren Städten wie Sheffield, Birmingham und in Edinburgh im Norden des Landes große Leinwände aufgestellt.

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Beamte und Sicherheitspersonal waren in London omnipräsent. Laut Medienberichten waren über 10.000 Beamte auf den Straßen unterwegs, sowie 1.500 militärische Einsatzkräfte, darunter Fallschirmjäger und Mitglieder der Royal Navy. Die britischen Geheimdienste, der Inlandsdienst MI5 sowie das „Government Communication Headquarters“ GCHQ waren involviert, genauso wie die Anti-Terror-Polizei. Was das kostete? Dazu wurden bislang keine Angaben gemacht.

Die britische Hauptstadt befand sich im Ausnahmezustand, Teile der Innenstadt waren komplett abgeriegelt. Bestimmte Straßen im Regierungsviertel Westminster und Windsor unpassierbar. Die Behörde Transport for London (TfL) ging davon aus, dass sich eine Million Besucher in die Stadt aufhielten. Der Vorsitzende des Schienennetzbetreibers Network Rail, Peter Hendy, bezeichnete den Tag der Beerdigung als den größten Einsatz seit den Olympischen und Paralympischen Spielen in London 2012. Um dem Andrang zu begegnen, wurden zusätzliche Züge eingesetzt, darunter auch Nachtzüge.

Milliarden Menschen sahen Beisetzung der Queen

Der Ansturm auf die Hauptstadt steigerte sich seit Tagen. Seit dem Tod der Queen brachten Tausende Menschen Blumen zum Buckingham-Palast und in den Green Park. Dort legten sie nicht nur Rosen oder auch Tulpen ab, sondern nahmen sich Zeit, auch die Botschaften anderer Trauernden an die Queen zu lesen, unter ihnen die 26-jährige Jenny, die gemeinsam mit Freunden in den Park gekommen war. „Wir haben keine andere Königin gekannt“, beschreibt sie ihre Gefühle. Die Trauerfeier werde sie sich allerdings nicht in der Stadt, sondern, im Fernsehen anschauen. Das ist die einfachere Lösung, angesichts des Andrangs in London”, sagte sie.

Royals in Westminster Abbey

Mitglieder der königlichen Familie in Westminster Abbey

Wie sie verfolgten die meisten Menschen das Ereignis zu Hause. Schätzungen zufolge sahen Milliarden Menschen die Beisetzung Fernsehen. Die Regierung hatte einen Feiertag ausgerufen. Anders als an einem gewöhnlichen Bank Holiday, wie die staatlichen freien Tage genannt werden, ließen auch Supermärkte und Cafés ihre Türen zu. Damit hatten Besitzer kleinerer Kioske umso mehr zu tun.

Laut Umfragen waren die meisten Britinnen und Briten der Meinung, dass es richtig war, anlässlich der Trauerfeier am Montag einen nationalen Feiertag auszurufen. So sehen das auch Amy und Ann. Die beiden waren in der Nacht auf Montag angereist, um den Sarg der Queen zu sehen und schützten sich am Montag mit einer weichen Decke gegen die Kälte. „Es ist richtig, dass heute viele freihaben. Alle sollen die Möglichkeit bekommen, daran teilzuhaben”, sagte Ann.

Warteschlange für Queen als Ort, um gemeinsam zu trauern

Der Tag der Trauerfeier und der Beerdigung der Queen bedeutete auch das Ende anderen besonderen Ereignisses: der kilometerlangen Warteschlange, in der sich jene Tausende Menschen einreihen mussten, wenn sie der Monarchin in der Westminster Hall ihre letzte Ehre erweisen wollten. Die Menschenreihe in London wurde zu einem Ort, um gemeinsam zu trauern, aber auch um neue Freundschaften zu schließen, wie ein Mitglied des Sicherheitspersonals am Montag betonte. „Ich habe immer wieder gesehen, wie sich Menschen, die sich vorher nicht kannten, nach dieser Erfahrung umarmten und Nummern austauschten.“

Trauer Pfad Windsor 190922

Trauerende und Zuschauer am Rand des Pfads zu Schloss Windsor, wo Queen Elizabeth II. begraben wird.

Eine der letzten, die noch am Sarg der Queen Abschied nehmen konnten, waren Lewin und Hien. Die beiden kamen am Sonntag gegen sieben und Uhr zur Schlange im Zentrum Londons. „Wir haben spontan entschlossen, noch hinzufahren“, erzählt Lewin. „Schließlich wird hier Geschichte geschrieben.“ Sie verließen das Parlament nach neun Stunden Wartezeit, gegen 4.30 Uhr morgens. Zum gleichen Zeitpunkt versuchten manche Menschen das Sicherheitspersonal davon überzeugen, sie doch noch durchzulassen. Vergeblich. Um 6.30 Uhr schloss Westminster Hall seine Pforten für die Trauernden.