AboAbonnieren

„Stammtischproleten“Scharfe Kritik via Facebook: Uwe Junge verlässt die AfD

Lesezeit 3 Minuten
Uwe Junge

Uwe Junge (AfD)

Vor zwei Jahren stand Uwe Junge kurz vor dem Sprung nach ganz oben in der AfD. Beim Bundesparteitag in Hannover spielte er mit dem Gedanken, sich um die Nachfolge von Alexander Gauland als Parteichef zu bewerben - gegen Tino Chrupalla, der von Gauland und dem nationalistischen “Flügel“ unterstützt wurde. Junge trat dann nicht an; bei der Bewerbung um eines der Vizeämter unterlag er dem “flügel“-nahen Stephan Brandner. Die Entfremdung des Bundeswehr-Oberstleutnants mit seiner Partei begann spätestens dort.

Nun ist Junge, Ex-Fraktionschef im Mainzer Landtag, aus der AfD ausgetreten. In einem Facebook-Eintrag kritisiert er das aktuelle Partei-Establishment scharf und macht Andeutungen über seine politische Zukunft. Auch wenn sich Junges Austritt bereits abgezeichnet hat, wirft die Schärfe der Auseinandersetzung ein grelles Licht auf die zerstrittene AfD, ihren Bundestagswahlkampf - und auch auf die Zukunft von Co-Parteichef Jörg Meuthen.

Junge: Gauland hat dem Ansehen der Partei Schaden zugefügt

Junge schrieb, Bundestagsfraktionschef Gauland habe lange seine schützende Hand über den “völlig überschätzten“ Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke und zugelassen, dass der inzwischen aus der Partei ausgeschlossene Rechtsextremist Andreas Kalbitz bis in höchste Ämter gelangen konnte. Damit habe Gauland dem Ansehen der Partei Schaden zugefügt.

Junge, der bei der Landtagswahl im März nicht mehr angetreten war, beklagte zudem eine “negative Veränderung der Mitgliederstruktur“. Die Partei sei irreparabel geschädigt, weil “vernünftige und gebildete Menschen“ schon bei dem ersten Besuch einer AfD-Veranstaltung “von der überreizten Stimmung, gepaart mit wilden Verschwörungstheorien und teilweise unflätigem Benehmen abgeschreckt werden, während sich der blökende Stammtischprolet wie zu Hause fühlt“. Ähnlich hatte sich Junge schon länger in internen Chats geäußert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Parteichef Chrupalla schrieb, Junge sei mit seinem Austritt “einem Parteiausschlussverfahren zuvor“ gekommen. Er dankte dem Ex-Landeschef “für seine Aufbauarbeit“ und schloss: “Alles Gute im politischen Ruhestand!“Daran ist mehreres bemerkenswert: Zwar hatte Junge in den vergangenen Wochen auch nicht mit barscher Kritik an den Spitzenkandidierenden Chrupalla und Alice Weidel gespart, einige Beobachter nahmen das als parteischädigend wahr. Ein Parteiausschlussverfahren stand aber noch nicht auf der Tagesordnung des Bundesvorstands. Chrupallas Tweet lässt vermuten, dass er eine Mehrheit im Bundesvorstand für möglich gehalten hat. Das wiederum würde bedeuten, dass Chrupalla-Gegenspieler und Junge-Unterstützer Meuthen nicht mehr auf Rückhalt im Vorstand bauen kann. In führenden Parteikreisen wird relativ offen darüber gesprochen, dass Meuthens Tage an der AfD-Spitze gezählt sind und er auf dem Parteitag im Dezember nicht mehr mit einer Wiederwahl rechnen kann.

Wenn Chrupalla zudem über Junges “politischen Ruhestand“ spekuliert, redet er die Gefahr klein, die sich mit der Partei Liberal-Konservative Reformer (LKR) aufbaut. Die Splittergruppe, in der auch AfD-Gründer Bernd Lucke aktiv ist, sammelt bereits enttäuschte Ex-AfD-Abgeordnete aus Bundestag und Landtagen ein. Auch Junge kündigt an, die LKR zu wählen. Diese könnte “zum Sammelbecken aller vernünftigen Konservativen aus AfD, CDU und anderen werden“.