Trotz guter Quoten„Johnson & Johnson“-Ausfall – Gerät die Impfkampagne ins Stocken?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist guter Dinge, als er nach der Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch in München über den Stand der Impfkampagne spricht. Noch in dieser Woche werde die 50-Prozent-Schwelle überschritten, kündigte er an: Die Hälfte der deutschen Bevölkerung sei dann zumindest erstgeimpft gegen das Coronavirus. Wenn es so weiter gehe, könnte möglicherweise bereits Ende Juli oder im August allen die es wollen in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden. Spahn und die Kanzlerin hatten dies bislang stets bis zum Ende des Sommers am 21. September versprochen.
Diese frohe Kunde kam durchaus überraschend. Vielmehr war in den vergangenen Tagen die Sorge aufgekommen, die Impfkampagne in Deutschland könnte nach dem „Turbo“ im Juni schon bald erneut ins Stocken geraten. Mehrfach mussten die Impfstoffhersteller ihre Lieferzusagen in den letzten Monaten nach unten korrigieren. Jüngst kündigte das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson wegen einer Produktionspanne in einem US-Werk an, bis Ende Juni rund 6,5 Millionen Dosen weniger zu liefern, als geplant.
Biontech und Astrazeneca werden weniger liefern
Das Bundesgesundheitsministerium teilte mit, es erwarte, dass Johnson & Johnson die ausgefallenen Millionenlieferungen im Juli nachholt. Ob das klappt und mit wie vielen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffes dann zu rechnen ist, ist laut den veröffentlichten Prognosen des Ministeriums bislang aber unklar. In der ersten Juliwoche wird demnach keine Astrazeneca-Lieferung erwartet. Darüber hinaus werden noch keine Angaben gemacht.
Und auch Biontech, der Hersteller des in Deutschland meistverimpften mRNA-Impfstoffs, wird im Juli wieder deutlich weniger liefern, als zur Zeit. Nachdem Biontech im Juni erstmals zwischen viereinhalb und über fünfeinhalb Millionen Dosen seines Impfstoffs pro Woche liefert, sehen die aktuellen Lieferprognosen des Bundesgesundheitsministeriums für Juli nur noch wöchentliche Liefermengen von rund drei Millionen Dosen vor.
Kassenärztliche Vereinigung reagiert besorgt
Alles laufe nach Plan, teilte das Gesundheitsministerium mit. Biontech werde sein Lieferversprechen im Juni übererfüllen und die geringere Liefermenge im Juli entspreche den vertraglichen Vereinbarungen. Der zweite Hersteller eines mRNA-Impfstoffes, Moderna, will im Juli zwar mehr als 730.000 Dosen in der Woche liefern – gut 100.000 mehr als im Juni. Den Biontech-Lieferrückgang kann das jedoch nicht ausgleichen. Dass die Gesamtliefermenge im dritten Quartal sinken würde, sei immer klar gewesen, erklärte das Ministerium.
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Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, beobachtet die angekündigte Reduzierung der Biontech-Liefermenge jedoch mit „Sorge und Verärgerung“. „Hier war etwas anders versprochen worden“, sagte Gassen dem RND.
Zukunft der Impfzentren noch unklar
Die Regierung habe mit dem „grundsätzlich positiv zu bewertenden“ Wegfall der Priorisierung am 7. Juni sowie durch das Impfangebot für Kinder und Jugendliche hohe Erwartungen geweckt, aber: „Dazu passt nicht, dass Impfstoffe immer noch zu knapp sind.“ Er appelliere an Impfwillige, weiter geduldig zu bleiben. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte machten aus dem Impffortschritt erst einen Impfturbo, sagte Gassen. „An ihnen jedenfalls wird es nicht liegen, falls die Politik bis zum Ende des Sommers ihr mehrfach erneuertes Impfversprechen nicht einlösen kann, allen Bürgern ein Impfangebot zu machen.“
Die Gesundheitsministerkonferenz befasste sich am Mittwoch auch mit der Zukunft der Impfzentren. Deren Betrieb ist bislang bis Ende September geplant und finanziert. Mehrere Bundesländer hatten sich jedoch dafür ausgesprochen, sie über dieses Datum hinaus offen zu halten. Bund und Länder wollen nun innerhalb der nächsten Wochen ein Bereitschaftskonzept entwickeln, mit dem die Impfzentren mit einer Minimalbelegschaft in Betrieb bleiben und bei Bedarf für anstehende Auffrischungsimpfungen wieder hochgefahren werden können. (RND)