Immer mehr Grundschüler verfügen nicht über ausreichende Sprachkenntnisse. Diese müssen in der Kita vermittelt werden - nicht auf freiwilliger Basis.
BildungsmonitorNRW braucht dringend eine Kita-Pflicht – aus Gründen der Gerechtigkeit
Die Zahlen, die der Bildungsmonitor zutage befördert hat, müssen alle wachrütteln. Wer in der ersten Klasse auch mündlich nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, wird sich schwertun, Schreiben und Lesen zu lernen. Aber künftig an der Grundschule erst mit der Vermittlung der deutschen Sprache anzufangen, kann auch nicht die Lösung sein. Angesetzt werden muss also weit vorher.
Kita und Vorschule werden so immer mehr zur dringlichsten bildungspolitischen Aufgabe. Mit ein bisschen Spielen und Verwahren ist es da nicht getan. Viel zu lange hat die Politik die frühkindliche Bildung vernachlässigt. Bildung im Kindergartenalter hat auch etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Schließlich öffnet sich die Schere zwischen Kindern aus Familien mit hoher und niedriger Bildung schon in den ersten sechs Lebensjahren. Wer hier nicht mit guten Pflichtangeboten gegensteuert, wird den Anteil derjenigen Kinder, die nicht einmal die Grundkompetenzen in Rechnen und Lesen erreichen, nicht substanziell verringern.
Bund und Länder haben ein Startchancenprogramm für Schulen aufgelegt. 20 Prozent der Schulen in sozialen Brennpunkten – vor allem Grundschulen – bekommen seit diesem Schuljahr ein zusätzliches Budget für Personal und Ausstattung. Man muss nicht nur beklagen, dass das viel zu wenig ist. Dieses Startchancenprogramm muss zudem dringend von den Schulen auch auf die Kitas ausgeweitet werden. Die personelle Ausstattung muss sich dabei grundsätzlich nach der Sozialstruktur der Kinder ausrichten, die die Einrichtung besuchen.
Kita-Förderung lohnt sich auch ökonomisch
Das Deutsche Institut für Wirtschaft hat im Auftrag des Deutschen Komitees von Unicef ausgerechnet, dass sich das nicht nur bildungspolitisch lohnt, sondern mittelfristig auch ökonomisch und fiskalisch. Wer schon die Kleinsten fördert und gut ausbildet, der bekommt später auch bessere Arbeitskräfte und erntet mehr Steuern. Bislang sind absurderweise gerade die Kitas, welche überwiegend von Kindern mit Migrationshintergrund besucht werden, schlechter ausgestattet. Dabei bräuchte man vor allem dort genügend Mitarbeiter, die Sprachvermittlung anbieten.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Selbst wenn alle Kindertageseinrichtungen bestmöglich ausgestattet wären, hätte man das Problem noch nicht vom Hals. Fast ein Drittel der Drei- bis Sechsjährigen mit Migrationshintergrund besuchen vor der Einschulung heute nämlich gar keine Kita mehr. Um diese Gruppe zu erreichen, kann also nur eine Kitapflicht für die beiden Jahre vor der Schule Abhilfe schaffen. Am besten sofort.