Köln – Ohne Zweifel waren Anthony Modeste und Salih Özcan in der vergangenen die Leistungsträger schlechthin beim 1. FC Köln. Mit seinen 20 Treffern wurde Modeste zum gefeierten Europapokal-Helden, der von den Fans noch im Mai auf Händen durch Müngersdorf getragen wurde. Aber auch der Ehrenfelder Özcan war ein wesentlicher Faktor, der Stern des physisch so starken Mittelfeld-Abräumers, der schon im Alter von neun Jahren das FC-Trikot trug, ging erst unter Trainer Steffen Baumgart so richtig auf.
Am Samstag (15.30 Uhr) stehen beide in Köln erneut besonders im Fokus, doch die Vorzeichen sind gänzlich neue: Erstmals nach ihrem Wechsel zu Borussia Dortmund kehren sie wieder ins Kölner Stadion zurück. Für beide ist es eine emotionale Rückkehr, für Modeste allerdings auch eine unangenehme.
Viele FC-Fans hatten den Wechsel des Torjägers kritisiert. Auch, weil dieser es zuvor mit der Selbstinszenierung mal wieder übertrieben und einige befremdliche Aussagen getätigt hatte. Auch beim BVB ist Kritik zu vernehmen, die hat allerdings hat mit seinen bescheidenen Leistungen im BVB-Trikot zu tun. Der 34-Jährige spielt auf Bewährung. Ausgerechnet im Stadion seines langjährigen Arbeitgebers muss nun sein Knoten platzen, andernfalls droht ihm vorerst ein Bankplatz. „Wir wissen auch, dass wir einen Stürmer brauchen, der Tore schießt, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte BVB-Trainer Edin Terzic. Man merke Modeste natürlich an, „dass er unzufrieden ist mit seiner Torausbeute“. Aber: „Wir sind uns sicher, dass es nicht mehr lange dauern wird, dann wird er wieder über seine Tore jubeln.“
Fremdkörper im BVB-Spiel
In 736 Pflichtspiel-Minuten gelang Modeste erst ein Treffer, oft wirkt er wie ein Fremdkörper im Dortmunder Spiel. Dabei unterscheiden sich seine Spieldaten nur unwesentlich von denen beim FC. Der 34-Jährige spult durchschnittlich 9,4 Kilometer pro Spiel ab (in Köln 9,5), er kommt wie in Köln auf 20 Sprints pro Partie und ist bis zu 33,2 Stundenkilometer schnell (vorher 33,4/ Quelle: Sport-Bild). Modeste hängt sich also durchaus rein, doch der Angreifer kommt noch nicht mit dem Spiel seiner Teamkollegen zurecht – vice versa.
In Köln war es der Fall, dass der kopfstallstarke Angreifer auch davon profitierte, dass der FC die meisten Flanken der Liga schlug (17 pro Spiel, Dortmund neun) und ihm durchschnittlich pro Spiel zwei Kopfballvorlagen serviert wurden. Beim BVB ist das Spiel nicht auf ihn zugeschnitten, folglich wird er auch nicht mit so vielen Flanken gefüttert.
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Steffen Baumgart, der Cheftrainer des 1. FC Köln, hätte sicher nichts dagegen einzuwenden, wenn Modestes Torkrise zumindest noch einen weiteren Spieltag andauert. Dennoch freut sich der FC-Coach laut eigener Aussage über die Rückkehr von Modeste und Özcan, an dessen Entwicklung er maßgeblichen Anteil hatte. „Ich bin ihnen sehr nahe und freue mich über ihren Weg. Ich hoffe, dass keiner vergisst, was beide für den FC getan haben. Und ich hoffe auch, dass sie vernünftig begrüßt werden. So, wie es sich gehört“, sagte der FC-Coach am Donnerstag.
Dass das Duo aber noch mit Stärken und Schwächen der Kölner Mannschaft, Baumgarts Matchplan und den internen Abläufen vertraut ist, sieht der Kölner Trainer durchaus als „Vorteil“ für den BVB. „Sie wissen genau, wie ich agieren werde, wie ich vor dem Spiel die Jungs heiß mache. Wenn sie da einiges weitergeben, wissen sie natürlich auch, was bei uns in der Kabine los ist. Ich weiß nicht, was in Dortmund los ist.“
Auf die Form- und Torkrise von Modeste ging Baumgart nicht direkt ein. Wohl aber darauf, dass der FC den Weggang seines Torjägers der vergangenen Saison selbst noch nicht kompensieren konnte. „Tony hat es geschafft uns noch besser zu machen, da arbeiten wir gerade dran, das wieder auszugleichen. In der einen oder anderen Situation fehlt uns Tony, aber wir haben Steffen Tigges und Florian Dietz, die viel arbeiten. Das sind junge Spieler.“ Doch Baumgart möchte auch nicht, dass Modestes Leistung der vergangenen Saison zu sehr überhöht wird: „Fußball ist ein Mannschaftssport. Dass wir letzte Saison Erfolg hatten, hat mit der Gesamtheit es Kollektivs zu tun und nicht mit einem einzelnen.“
Özcan wird wohl doch noch fit
Auch Özcan war ein wesentlicher Faktor dieses Kollektivs. In den vergangenen Tagen sah es noch so aus, als ob für ihn die Rückkehr zu seinem Heimatklub ausfallen würde. Der Ehrenfelder laboriert an einem schmerzhaften Knochenödem am Fuß und musste deshalb auch die Spiele mit der türkischen Nationalmannschaft in der Nations League absagen. So ersparte sich Özcan ungewollt Blamagen, denn die ersatzgeschwächten Türken kamen erst nicht über ein 3:3 gegen Luxemburg hinaus und leisteten sich dann eine peinliche 1:2-Niederlage auf den Färöer Inseln.
Doch Özcan erholte sich derweil erstaunlich schnell, seit Mittwoch befindet sich der Mittelfeldspieler wieder im leichten Training. „Salih ist eine Alternative für Samstag“, erklärte Terzic, der in Köln aber auf einige prominente Akteure verzichten muss. Neben den Langzeitausfällen Sebastien Haller oder Mo Dahoud stehen ihm auch Torhüter Gregor Kobel, Gio Reyna und Marco Reus nicht zur Verfügung. Ihre Comebacks sind zwar allesamt in Sicht ist, doch das Köln-Spiel kommt für sie noch zu früh.
Uth-Comeback wohl erst Donnerstag
Dem FC fehlen erneut Timo Horn, Mathias Olesen, Tim Lemperle, Jeff Chabot und Sebastian Andersson. Und wahrscheinlich muss sich Mark Uth noch etwas in Geduld üben. „Bei Mark entscheiden wir morgen, ob wir ihn mit in den Kader nehmen. Aus heutiger Sicht würde ich ihn jedoch nicht für Samstag nominieren, sondern ihn erst am Donnerstag im Europapokal wieder in den Kader berufen“, sagte Baumgart.
Für den Kölner Coach ist der BVB zwar ein „Spitzenteam mit hoher individueller Qualität“, von seiner mutigen Spielweise wird der 51-Jährige aber nicht abrücken: „Wir wollen nach vorne spielen und vorne attackieren. Ich finde den Fußball, den wir spielen, gut. Wir werden bei unserer Spielweise bleiben, trotz der guten Qualität, die Dortmund hat. Beide Mannschaften werden offensiv agieren.“
Und nicht wie der FC Schalke 04, der sich am vergangenen Spieltag mit viel Kampf und Disziplin eine Nullnummer im Derby ermauern wollte, dann aber kurz vor dem Ende doch das entscheidende Gegentor kassierte. „Wir spielen auf keinen Fall so. Schalke hat gut verteidigt, aber das ist nicht mein Spielstil.“