Köln – Dejan Ljubicic neigt nicht gerade zur Selbstzufriedenheit, im Gegenteil. Nach dem 0:1 des 1. FC Köln am Sonntag gegen die TSG Hoffenheim verbrachte der 24-Jährige daheim noch viel Zeit mit der Nachbetrachtung. „Ich habe mir sehr viele meiner Szenen angeschaut“, berichtete er. Der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg gegen den Spitzenklub aus dem Kraichgau habe in den Details gelegen. „Der letzte Ball entscheidet, auch bei mir. Da muss ich bis zuletzt die Konzentration halten“, beschrieb der Österreicher am Mittwoch. Ein Pass auf Anthony Modeste wurmte ihn besonders – da habe er flach spielen müssen statt hoch, solche Dinge. „Das sind Kleinigkeiten, die uns fehlen, um die Großen zu biegen“, beschreibt der österreichische Nationalspieler. Tatsächlich ist die Kölner Ausbeute gegen die Top-Mannschaften noch dürr. Einzig gegen Freiburg gelang bisher ein Sieg.
Nun ist Steffen Baumgart zwar kein unkritischer Trainer, doch an Ljubicic hat er viel weniger auszusetzen als Ljubicic selbst. „Er ist nicht der einzige, der nicht immer seine 100-prozentige Top-Leistung abrufen kann. Das gehört dazu“, beruhigt der Coach. Für Ljubicic ist es die erste Saison in der Bundesliga, im Sommer kam er von Rapid Wien nach Köln und benötigte verblüffend wenig Zeit zur Eingewöhnung. Nach einer herausragenden Startphase spielte er zuletzt allerdings hier und da eher durchschnittlich. „Es war jetzt schon ein Unterschied dazu, wie ich im Herbst gespielt habe. Das sehen Sie ja selbst“, sagt Ljubicic mit einem Ton, als gäbe es beim 1. FC Köln derzeit kein anderes Thema als den totalen Leistungsverfall des Dejan Ljubicic.
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Offenbar hat der Spieler sich allzu sehr zu Herzen genommen, dass er nur selten 90 Minuten auf dem Platz steht. Fünfmal ein- und elfmal ausgewechselt wurde er bei seinen bislang 22 Einsätzen. Daran ist er nicht gewöhnt. „Es ist eine neue Situation für mich. Bei Rapid war ich absoluter Stammspieler. Aber das gehört zum Prozess: Abhaken, wenn man nicht spielt. Der Mannschaft helfen, wenn man reinkommt. Und anschließend in der Woche Vollgas geben und den Trainer überzeugen, dass man in die Startelf gehört“, fasst Ljubicic zusammen.
Nur sechsmal über die volle Distanz
Sechs seiner 22 Einsätze hat er über die volle Distanz bestritten, bei Rapid waren es in der vergangenen Saison 14 von 24. Doch ist seine Quote grundsätzlich gar nicht schlecht: 67 Prozent der möglichen Spielminuten verbrachte er in der vergangenen Saison für Rapid auf dem Feld. Beim FC sind es bislang 66. Kein Anlass also zur Unzufriedenheit, sagt sein Trainer: „Ich finde, er bringt gute Leistungen. Die Konstanz, die er sich selbst wünscht, erarbeiten wir uns“, sagte Baumgart neulich.
Ljubicic lernt viel beim FC, sein enormes Tempo beschleunigte auch die Gewöhnung an neue Liga und Position. In Österreich spielte er im defensiven Mittelfeld oder in der Dreier-Abwehrkette. Baumgart setzt ihn überwiegend halbrechts ein, viel offensiver also. Ljubicic flankt nun doppelt so oft wie bei Rapid, was eine Folge des Positionswechsels ist. Eine andere sind die vielen Auswechslungen. Doch Baumgart empfiehlt dem Spieler einen Perspektivwechsel: Denn nicht nur Ljubicic wird oft ausgewechselt. Im Gegenteil gibt es kaum eine Position, auf der Baumgart so oft wechselt wie auf den Halbpositionen.
„Ich muss genauer spielen“
Es liegt also nicht an Ljubicic, eher an den Umständen. Dennoch arbeitet der Spieler an sich. Eine Zwischenbilanz seiner ersten Saison in Deutschland will er noch nicht ziehen. Nach einigem Ringen findet er, es laufe bislang „gut“ für ihn. Alles Weitere werde man dann sehen. „Das sind nicht meine Top-Leistungen, da muss mehr kommen. Ich muss ruhiger bleiben und den Ball genauer spielen. Grundsätzlich taugt mir die Position aber“, stellt er fest.
Am Sonntag (15.30 Uhr) treten die Kölner bei Bayer 04 Leverkusen zum kleinen Derby an. „Eine sehr gute Mannschaft, muss ich sagen. Sie waren schon im Hinspiel sehr stark, vor allem in der ersten Halbzeit. Es kommt drauf an, dass wir von Beginn an draufgehen und sie nicht ins Spiel kommen lassen“, findet Ljubicic. Gegen Hoffenheim wurde er einmal mehr ausgewechselt: Rein taktisch, mit seiner Leistung hatte das nichts zu tun. Dennoch nahm er es durchaus persönlich. Doch versucht er, die Balance zu finden zwischen Leistungsbereitschaft und dem Streben nach absoluter Perfektion. „Ich mache mir nicht den Druck, dass ich gegen Leverkusen jetzt unbedingt überragend spielen muss“, sagt der zweimalige Nationalspieler. Aber er hätte nichts dagegen.
Spezialist für Derbys
Als Wiener hat er bereits einige Derby-Erfahrung. In acht Spielen mit Rapid gegen Austria Wien gelangen ihm zwei Tore, in der Hinrunde dieser Saison traf er zudem beim Kölner 4:1-Sieg über Borussia Mönchengladbach. Er mag es ernst. „Vielleicht klappt es ja jetzt auch gegen Leverkusen.“