Köln – Christoph Biermanns Abschlussfrage klang salopp, war aber gut gestellt: „Haben wir uns hier jetzt nett getroffen, über alles geredet – und das war’s dann?“, fragte der Autor und Journalist, den der 1. FC Köln als Moderator für seinen Mitgliederstammtisch hatte gewinnen können. Zwei Stunden lang war es in der Halle Tor 2 um die Rolle gegangen, die Investoren beim 1. FC Köln spielen könnten. Vorstand und Mitgliederrat des Vereins hatten eingeladen, um einerseits die Stimmungen innerhalb der Mitgliederschaft auszuloten.
Und andererseits die Debatten auf ein besseres Niveau zu heben. „Wir wollen eine Basis schaffen, um auf Augenhöhe diskutieren zu können“, antwortete Wolf also Biermann, und tatsächlich war es vor allem um die Vermittlung von Wissen gegangen, gestritten wurde wenig.
„Ruinöser Wettbewerb“
Professor Christoph Breuer, Sportökonom an der Deutschen Sporthochschule Köln, hatte den Nachmittag mit einem Vortrag eröffnet, in dem er das grundsätzliche Problem des Profifußballs beschrieb: In den großen Ligen des US-Sports etwa geht es vor allem darum, wer die Meisterschaft gewinnt.
Im europäischen Fußball geht es zusätzlich – und gerade in Deutschland oft genug: vor allem – um Auf- und Abstieg sowie die Qualifikation für die internationalen Wettbewerbe, was den Vergleich mit einem konventionellen Wirtschaftsunternehmen schwierig macht. Denn finanzieller und sportlicher Erfolg sind eng verbunden. Die Vereine sind beinahe gezwungen, alles, was sie haben, in den sportlichen Erfolg zu investieren.
Breuer sprach von einem „ruinösen Wettbewerb“, einem „Rattenrennen“ und davon, dass es im Profifußball letztlich darum gehe: „Gewinnen unter Beibehaltung der Zahlungsfähigkeit“. Eine offene Liga wie die Bundesliga sei finanziell riskant. Der Gedanke, sportlichen Misserfolg abzusichern, indem externe Geldgeber ins Spiel kommen, ist durchaus folgerichtig: Die Folgen des Misserfolgs erleben derzeit Vereine wie der SV Werder Bremen, der nach dem Abstieg wohl keine Lizenz für die neue Saison erhalten hätte, hätte die Deutsche Fußball-Liga nicht wegen der Corona-Krise die Lizenzierungsbedingungen geändert.
In der englischen Premier League, das sagte Breuer, sei der sportliche Erfolg mit dem Einstieg der Sponsoren jeweils gestiegen. Allerdings gleichzeitig die Effizienz gesunken – womit ein Punkt berührt war, der auch in der Bundesliga und speziell beim 1. FC Köln immer wieder angebracht wird: Selten sei das Kölner Problem gewesen, dass zu wenig Geld zur Verfügung stand, sagte ein Diskussionsteilnehmer: Es wurde nur zu oft zu schlecht eingesetzt.
Sauren und das Kapital
Eckhard Saurens Vortrag hieß „Wie kommt das Kapital ins Spiel“und zeigte auf, wie Geld in einen Profiklub fließen kann. Denn wer am Betrieb teilnimmt, zumal in der Ersten Liga, der muss sich die Frage gefallen lassen, wo er sportlich hinwill. Was das kostet. Und wo das Geld herkommen soll. Dazu wurde ein Erklärvideo präsentiert, das in kaum mehr als drei Minuten die Grundlagen der Fremdfinanzierung im Fußball vermittelte. Das war dann tatsächlich vor allem Information – und kein Werben für die eine oder die andere Position. Da hielt der Verein Wort.
Aus Sicht des Vorstands ist es allerdings nach wie vor ausgeschlossen, Anteile der ausgegliederten Lizenzspielerabteilung abzugeben, um das Geld dann womöglich in Spieler zu investieren. „Will ich an diesem Wahnsinn teilnehmen?“, fragte Werner Wolf . „Die Antwort lautet: nein.“
Der FC-Präsident gab sich insgesamt deutlich. Der vorläufige Gipfel des „Geldfußballs“ sei eine WM in Katar – „im Winter!“, sagte Wolf, der seinen Willen erklärte, als Verein mit mehr als 110 000 Mitgliedern auch eine politisch hörbare Stimme zu werden. Nebenher erklärte Wolf noch sein nächstes Wachstumsziel mit dem FC: 150 000 Mitglieder sollen es schon bald sein.
Die Debatte geriet ausgewogen, Professor Chris Anderson, gebürtiger Eifeler und mittlerweile Wissenschaftler an der London School of Economics, berichtete von durchaus guten Erfahrungen englischer Vereine mit dem Einstieg von „Mit-Eigentümern mit tiefen Taschen, die längerfristig denken“. Er warnte vor einer „ideologischen“ Diskussion, allerdings warf ein FC-Mitglied aus dem Auditorium ein, dass die Lücke zwischen der finanziell übermächtigen Premier League und dem deutschen Profifußball ohnehin nicht mehr zu schließen sei, auch nicht durch Verkäufe von Anteilen: „Und was passiert, wenn Sie einem Zug hinterherspringen, der abgefahren ist? Dann liegen Sie im Gleis!“
Keine Insolvenzgefahr
Ein Argument für Investoren, das Mark Langen von „Fans 1991“ vortrug, war der Schutz vor drohender Insolvenz, doch FC-Vizepräsident Carsten Wettich erklärte dazu, dass es derzeit keines externen Retters bedürfe, jedenfalls, solange kein weiterer Lockdown absehbar sei.
Beteiligungen an Töchtern denkbar
Allerdings zeigte sich auch Wettich bereit, die Debatte um externe Geldgeber im FC-Universum zu öffnen. Abzulehnen sei vor allem der Verkauf von Anteilen am Spielbetrieb. An weiteren Tochtergesellschaften des Vereins dürften durchaus Partner beteiligt sein.
Wettich nannte das Beispiel des Stadions, das derzeit durch die Kölner Sportstätten betrieben wird, der FC ist Pächter. Sollte der 1. FC Köln eines Tages, womöglich nach Auslaufen des aktuellen Pachtvertrags im Jahr 2024, die Gelegenheit haben, das Stadion zu kaufen, zu betreiben und womöglich auszubauen, sei man „sehr offen“ für Investoren. Denn von einer solchen Gesellschaft und dem dazugehörigen Stadion gehörten dem 1. FC Köln dann womöglich 50 Prozent – „zurzeit haben wir null“.