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Kommentar

Die FC-Kolumne
Ein angemessener Grund, dem FC Bayern den Titel nicht zu wünschen

Ein Kommentar von
Lesezeit 6 Minuten
Eine Papp-Meisterschale unter den Bayern-Fans

Eine Papp-Meisterschale unter den Bayern-Fans

Morgen fällt der Vorhang in der Fußball-Bundesliga. Eine letzte FC-Kolumne für diese Saison.

Eine letzte Spieltags-Kolumne für diese Saison! Wir haben ja über die Jahre schon einiges erlebt in Müngersdorf, doch dieses Saisonfinale wird ein außergewöhnliches. Der FC ist sportlich zwar am Ziel seiner Wünsche, erstmals seit dem ersten Abstieg vor einem Vierteljahrhundert wird der Klub ein fünftes Jahr in Folge in der ersten Liga verbringen. Wenn das so weitergeht, könnten die Fahrstuhljahre bald tatsächlich für beendet erklärt werden. „Ich bin froh darüber, dass wir am letzten Spieltag gegen die Bayern kein Endspiel haben“, sagte Steffen Baumgart gestern Mittag auf der Pressekonferenz im Geißbockheim. Zwar kann niemand ausschließen, dass der 1. FC Köln jemals wieder absteigen wird. Doch die Wahrscheinlichkeit sinkt mit jedem Klassenerhalt, das liegt schon allein an den steigenden TV-Erlösen.

Reden wir kurz über Geld: Im deutschen Profifußball wird sportlicher Erfolg extrem belohnt: Der Blick auf die Unterschiede zwischen Bayern München und dem Rest unterstreicht das. Nach aktuellem Stand in der Geldrangliste der Bundesliga startete der FC Bayern mit Einnahmen von 95 Millionen Euro in die nächste Saison. Der VfL Bochum, derzeit die Nummer 18 des TV-Rankings, erhielte 33 Millionen. Wobei im Fall des FC Bayern das Verhältnis noch von ganz anderen Faktoren beeinflusst wird. Denn anders als der VfL Bochum hat der Rekordmeister in der nun ablaufenden Saison zusätzlich 90 Millionen Euro Prämien für das Erreichen des Champions-League-Viertelfinales erhalten, hinzu kommen die Zuschauer-Einnahmen aus den internationalen Spielen. Ohnehin erlösen die Bayern aus dem Spielbetrieb ganz andere Summen als die Konkurrenz. Borussia Dortmund etwa mag das größere Stadion haben – dafür aber nur ein Zehntel der Logen, die der FC Bayern in der Allianz-Arena anbietet.

Reden wir über Geld

Das TV-Geld an die Vereine der beiden Profiligen wird nach einem einigermaßen komplizierten Schlüssel verteilt. Zunächst erhält jeder Teilnehmer der Ersten Liga eine Prämie von rund 25,8 Millionen Euro, in der Zweiten Liga gibt es nur 7,2 – ein Abstieg ist also schon allein wegen des wegbrechenden Fernsehgeldes sehr, sehr teuer. Etwas mehr als die Hälfte der 1,121 Milliarden Euro aus den TV-Erlösen wird nach diesem Gleichverteilungs-Schlüssel an die Klubs der beiden Profiligen ausgeschüttet.

Weitere 42 Prozent, also rund 470 Millionen, über den Faktor „Leistung“ und damit nach einem Punktesystem, das sich folgendermaßen ergibt: Der Meister der Bundesliga erhält 36 Punkte, der Letzte der Zweiten Liga einen Punkt. Der Vizemeister 35, der Vorletzte der Zweiten Liga 2. In der Fünfjahreswertung zählen die Punkte aus der jüngsten Saison fünffach, jene aus der vorletzten vierfach und so weiter. Die Bayern, die zuletzt jeweils Meister waren, erhalten also aus den vergangenen vier Jahren 36, 72, 108 und 144 Punkte. Ob in diesem Jahr 180 (fünfmal 36) für den nächsten Titel hinzukommen oder nur 175 (fünfmal 35) für Platz zwei, entscheidet sich am Samstag in Köln-Müngersdorf. Womit wir fast beim Thema wären. Aber Moment noch.

FC punktet für dieTV-Wertung

In der Fünfjahres-Wertung werden die Münchner so oder so vorn bleiben, Dortmund würde als Meister schließlich nur fünf Punkte gutmachen. Weiter unten in der Tabelle dagegen geht es eng zu, etwa zwischen dem 1. FC Köln, derzeit Zwölfter des Rankings. Und dem Elften Hoffenheim. Die TSG hat in den vergangenen vier Jahren 280 Punkte gesammelt, Köln steht mit 247 schwächer da. Gelänge dem FC am Samstag noch der Sprung auf Rang neun der Bundesliga-Abschlusstabelle, würde das im TV-Ranking mit fünfmal 28 und damit 140 Punkten belohnt. Hoffenheim könnte bei einer Niederlage gegen Stuttgart noch auf den 15 Rang zurückfallen. Doch selbst mit den 110 Punkten, die es dafür gäbe, bliebe die TSG mit dann 390 Zählern vor dem FC, der als Neunter auf 387 käme. Hoffenheim hätte also maximal 16. werden dürfen, was aber nicht mehr passieren kann. Das ist etwas schade, denn ein Platz in der TV-Tabelle hätte einen Unterschied von etwa 2,4 Millionen Euro zugunsten der Kölner bedeutet – viel Geld für den klammen FC.

Um es also kurz zu machen: Für den 1. FC Köln geht es am Samstag nicht mehr um eine Verbesserung in der Geldrangliste. Dennoch zahlt jeder Rang in der Bundesliga-Tabelle langfristig auf die Fünfjahres-Wertung ein. In der nächsten Saison kann Köln dann die Hoffenheimer überholen. Und nicht nur die, denn noch schleppt Köln die nur 18 Punkte aus der Zweitliga-Saison 18/19 mit sich herum, die man gern verliert. Hoffenheim war damals zum Beispiel Neunter der Bundesliga und streicht 28 Punkte, der FC holt also allein durch den Wegfall der Saison 18/19 zehn Punkte im Vergleich zu den Hoffenheimern auf. Auch Mainz kommt in Reichweite. Und Borussia Mönchengladbach ebenfalls, wenn die so weitermachen. Wonach es einerseits ganz schön aussieht. Und was andererseits aus Kölner Sicht ja auch nicht schlecht wäre.

Rechnen zur Ablenkung

Warum es hier die ganze Zeit ums Geld geht? Weil ich mich ablenken muss von den anstehenden Abschieden, denn Abschiede mag ich nicht. Timo Horn wird den FC nach mehr als 20 Jahren verlassen, Jonas Hector geht ebenfalls und damit zwei außergewöhnliche Spieler, die dem Verein in jeder Hinsicht fehlen werden. Sollte der FC Bayern am Samstag nach dem Spiel gegen den FC tatsächlich Meister sein, wird die Verabschiedung der Kölner Führungsspieler nach der Übergabe der (ja übrigens falschen) Schale erfolgen. Ich stelle mir das seltsam vor, womöglich ist allein diese Konstellation ein angemessener Grund, dem FC Bayern den Titel nicht zu wünschen. So oder so wird es also emotional zugehen im Rhein-Energie-Stadion. Da habe ich gedacht: Rechne ich vorher noch ein paar Tabellen durch, das beruhigt. Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir gern, wie Sie an Spieltagen die Zeit bis zum Anpfiff totschlagen. Vielleicht können Sie damit mir und Lesern dieses Newsletters helfen.

Zwei FC-Granden nehmen Abschied

Zu den Abschieden von Timo Horn und Jonas Hector haben wir in den vergangenen Wochen viel geschrieben, der Samstagvormittag könnte noch einmal Gelegenheit bieten, das eine oder andere Stück nachzulesen. Dann wird es ein letztes Mal für dieses Frühjahr spannend in Müngersdorf. Wen der deutsche Profifußball nach Relegation und Pokalfinale dann anschließend in den Urlaub geht, werden wir weiter auf Neuigkeiten vom Internationalen Sportgerichtshof warten, der noch immer nicht entschieden hat, ob der 1. FC Köln seine Transfersperre schon in diesem Sommer antreten muss oder doch erst im Winter. Allerdings ist es ja so: Je mehr Zeit sich der Cas lässt mit dieser Entscheidung, desto größer wird der Schaden, der bereits jetzt entstanden ist. Mittlerweile ist es ja beinahe so, dass die aktuelle Transferphase schon für die Kölner enorm an Wert verloren hat, da sie trotz längst erfolgter sportlicher Rettung noch keine Spieler wirksam unter Vertrag nehmen konnten.

Samstag mit oder ohne Schale

Im Falle einer Aussetzung der Strafe wäre es also so, dass die aktuelle Transferphase arg beschädigt wäre und der Verein die beiden nächsten verlöre. Klingt nicht gut, werden wir aber nach dem letzten Spieltag ausreichend Zeit für haben. Dieser Newsletter wird also vorerst nicht zwingend in den Urlaub gehen.

Daher wünsche ich Ihnen heute noch keine schöne Sommerpause. Stattdessen einen emotionalen Samstag, womöglich sogar mit Schale. Womöglich aber auch nicht.

Zum Autor: Christian Löer (47) ist Leiter der Sportredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und berichtet seit der Saison 1999/2000 über den 1. FC Köln.