Der 1. FC Köln hofft, dass die Transfersperre zunächst ausgesetzt wird, doch seit Wochen lässt eine Entscheidung auf sich warten.
Urteil im Fall Potocnik1. FC Köln muss warten, während der Schaden immer größer wird
Beinahe vier Wochen ist es her, dass der 1. FC Köln seine Beschwerde gegen die Entscheidung FPSD-6826 des Fußball-Weltverbands (Fifa) einlegte. Am 29. März war dem 1. FC Köln das Urteil des Fifa-Tribunals zugegangen, nach dem der Verein wegen Anstiftung des slowenischen Nachwuchsspielers Jaka Cuber Potocnik (17) zum Vertragsbruch für zwei Transferperioden gesperrt wurde.
Einen Tag nach der fristlosen Kündigung des Spielers bei Olimpija Ljubljana hatte der 1. FC Köln Potocnik am 31. Januar 2022 unter Vertrag genommen, zuvor hatte es am Geißbockheim noch eine Sitzung gegeben, in der man eine letzte Risiko-Abwägung vorgenommen hatte. Dem Vernehmen nach rechnete man allenfalls mit einer Geldstrafe von 300 000 Euro, obgleich die Fifa-Richtlinien für die Anstiftung zum Vertragsbruch ausschließlich die Transfersperre vorsehen. Allerdings rechnete man damals nicht mit einer Verhandlung. Man würde versuchen, sich außergerichtlich einigen, sollte Olimpija Ljubljana seine Rechte durchsetzen wollen.
1. FC Köln war nach dem Urteil in Schockstarre
Und tatsächlich kam es im Sommer 2022 zu einem Treffen im Geißbockheim: Olimpias Präsidium, der Münchner Anwalt Christian Dollinger sowie der Unternehmer und Klub-Eigner Adam Delius, reisten nach Köln, um mit FC-Geschäftsführer Christian Keller eine Einigung zu erzielen. Die Kölner hatten gerade die Gruppenphase der Conference-League erreicht und Salih Özcan für fünf Millionen Euro nach Dortmund verkauft. Durch Rang 7 in der vorausgegangenen Bundesliga-Saison hatte der FC einen Sprung in der TV-Tabelle geschafft.
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Sommerpause 2022 stand beim 1. FC Köln im Zeichen der Investitionen
Die Kölner waren in diesen Tagen unerwartet flüssig – und nach einem Sommer 2021, in dem der Klub bis auf Leihgebühren für Luca Kilian und Jeff Chabot kein Geld auf dem Transfermarkt ausgegeben hatte, stand die Sommerpause 2022 im Zeichen der Investitionen: Luca Kilian, Sargis Adamyan, Steffen Tigges, Eric Martel, Denis Huseinbasic und zum Schluss noch Nikola Soldo kamen für insgesamt rund acht Millionen Euro.
Doch am 30. August 2022 war keine Investitionsbereitschaft vorhanden. Dollinger und Delius wurden nach Hause geschickt, ohne dass es eine Annäherung gegeben hatte. Ljubljana hatte bereits zuvor Klage eingereicht. Und nachdem Köln das Angebot ausgeschlagen hatte, sich außergerichtlich zu einigen, zogen Dollinger und Delius den Prozess durch – und gewannen am Fifa-Sitz in Zürich mit 3:0 Richterstimmen.
Der 1. FC Köln war nach dem Urteil in Schockstarre, doch bald gab man sich kämpferisch und reichte eine Beschwerde vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) ein. Die Kölner, mittlerweile vertreten durch den Cas-erfahrenen Zürcher Anwalt Gianpaolo Monteneri, haben ihre Strategie gewechselt. Potocniks Seite hatte zunächst argumentiert, Ljubljana habe wesentliche Versprechen an den damals 16-Jährigen nicht gehalten, darunter Individualtraining und die Einbindung in den Spielbetrieb der Profimannschaft. Diese Zusagen waren zwar nicht im Standard-Profivertrag des Spielers hinterlegt. Dennoch argumentierte Potocnik, die Abreden seien bindend gewesen.
Im Urteil sparte das Fifa-Tribunal diesen Teil jedoch aus – und stellte stattdessen fest, dass die Gründe, ob sie nun existierten oder nicht, kein triftiger Anlass für eine fristlose Kündigung seien. Das haben die neuen Anwälte nun offenbar beherzigt – und versuchen nun, Potocniks Vertrag bei Olimpija Ljubljana als von Beginn an unwirksam zu erklären.
1. FC Köln kann Vorteil im Kampf um ablösefreie Spieler nicht nutzen
Sollte das Urteil aufgehoben werden, bedeutete das für Köln nur die Linderung der Probleme. Steffen Baumgarts Mannschaft hat es zwar geschafft, drei Spieltage vor Saison-Ende auch rechnerisch gerettet zu sein. Anders als ein Großteil der Konkurrenz kann der FC also bereits für die nächste Saison planen und den Kampf vor allem um ablösefreie Spieler forcieren. Doch dem Vernehmen nach haben bereits mehrere Interessenten dem Verein abgesagt, da sie nicht wissen, ob sie am 1. Juli für die neue Saison registriert werden können.
Der Schaden ist also bereits eingetreten, und er wird mit jedem Tag größer. Daher beantragten die Kölner Anwälte in ihrer Beschwerde die zeitnahe Aussetzung der Strafe. Eigentlich sollte das nicht strittig sein, denn die Eilbedürftigkeit ist gegeben, zumal der Schaden irreparabel ist: Wer sich nun gegen den FC entscheidet und bei einem anderen Klub unterschreibt, ist für Köln verloren – ganz gleich, wie der Cas entscheidet.
Doch das Gericht hat noch keine Entscheidung zugestellt. „Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung wird derzeit bearbeitet“, teilt eine Cas-Sprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Zunächst mussten die anderen Verfahrensbeteiligten ihre schriftlichen Stellungnahmen einreichen. Anschließend liegt es bei der Präsidentin des Berufungs-Senats am Cas oder bei deren Stellvertreterin, über die Aussetzung zu entscheiden.
Präsidentin ist derzeit die Schweizerin Corinne Schmidhauser, die nicht nur auf eine große Karriere als Ski-Rennläuferin zurückblickt und unter anderem im Jahr 1987 den Slalomweltcup gewann. Sondern auch eine erfolgreiche Politikerin und Anwältin ist. Stellvertreterin der 58-Jährigen ist Elisabeth Steiner, eine österreichische Juristin, die zwischen 2001 und 2015 Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war und seit 2019 neben zahlreichen Tätigkeiten für Kanzleien und Universitäten am Internationalen Sportgerichtshof arbeitet.
Viel Kompetenz also, doch trotz aller Eile muss sich der 1. FC Köln vorerst in Geduld üben. „Wann die Entscheidung ergehen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden“, teilt der Cas dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit.