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Weitere EnergieleistungDer 1. FC Köln geht mit in Rückenwind ins Endspiel gegen Nizza

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Die Kölner Mannschaft bedankt sich nach dem Hoffenheim-Spiel für die Unterstützung der Fans.

Köln – Nach dem Abpfiff am Sonntagabend zog sogar der Trainer des Gegners den imaginären Hut vor dem gebeutelten 1. FC Köln. „Die Kölner hatten nur wenig Zeit, um zu regenerieren. Dafür großen Respekt“, lobte André Breitenreiter, der Coach der TSG Hoffenheim, den arg gebeutelten FC, der beim 1:1 gegen die hoch eingeschätzten Kraichgauer vor allem physisch über sich hinaus gewachsen war.

Nur 52 Stunden nach der wegen Nebels um einen Tag nach hinten verlegten Partie in der Conference League beim 1. FC Slovácko (1:0) waren die Kölner zu einer weiteren Energieleistung imstande. Neun Ausfälle hatte FC-Trainer Steffen Baumgart zudem zu beklagen, darunter Schlüsselspieler wie Jonas Hector und Ellyes Skhiri, die nach der Reise nach Tschechien neu dazu gekommen waren. Doch mit einem leidenschaftlichen, couragierten Auftritt verdiente sich der angeschlagene FC den insgesamt 17. Liga-Punkt gegen die formstarken Hoffenheimer.

1. FC Köln trotz Europa-Belastung die aktivere Mannschaft

Beeindruckend: Obwohl die Kölner im Gegensatz zu den Gästen erst am vergangenen Freitag eine weitere Partie zu absolvieren und diese noch in den Knochen hatten, spulte die Mannschaft insgesamt fast drei Kilometer mehr ab als die TSG (122,5 zu 199,6 Kilometer), feuerte mehr Torschüsse ab (elf zu neun), hatte mehr Ecken (fünf zu vier), schlug mehr Flanken (13 zu zwölf) und gewann knapp mehr Zweikämpfe (51 zu 49 Prozent). Dass die spielstarken Gäste mehr Ballbesitz haben würden (61 zu 39 Prozent), verwunderte nicht. „Die Jungs kriegen von mir eine ganze Menge Komplimente. Es ist schön, dass wir das Herz auf dem Platz lassen, und es macht Spaß, die Jungs so zu sehen. Sie wissen noch gar nicht, was sie geleistet haben. Das wird jetzt nach und nach kommen“, lobte Baumgart.

Auch Dietz droht auszufallen

FC-Trainer Steffen Baumgart bangt um den nächsten Spieler. Der nach 80 Minuten eingewechselte Florian Dietz war in der 87. Minute von Hoffenheims Ozan Kabak nach einem Laufduell gefoult worden. Der Gäste-Verteidiger sah dafür die Gelb-Rote Karte, der Kölner Stürmer musste derweil am rechten Knie behandelt werden. „Ihm geht es nicht so gut“, sagte Baumgart und befürchtete bereits einen weiteren Ausfall: „Vielleicht ist er Nummer zehn…“

Gegen Hoffenheim hatte der FC bereits auf Kapitän Jonas Hector, Ellyes Skhiri, Dejan Ljubicic, Jan Thielmann, Sebastian Andersson, Jeff Chabot, Tim Lemperle, Dimitrios Limnios und Mathias Olesen verzichten müssen. Dazu saß Innenverteidiger Luca Kilian eine Gelb-Rot-Sperre ab. Kilian zählt am Donnerstag gegen Nizza wieder zum Kader, bei Hector und Skhiri hat Baumgart noch Hoffnung. Der Kapitän könnte seine Fußverletzung bis dahin auskuriert haben, Skhiri soll nach seinem Jochbeinbruch eventuell mit einer Spezialmaske auflaufen. Baumgart hofft jedenfalls noch auf einen Einsatz der beiden Führungsspieler: „Wer die beiden kennt, weiß, dass sie alles daransetzen werden, dabei zu sein.“ (LW)

Und Kölns Innenverteidiger Timo Hübers war sogar „richtig stolz“, wie er anmerkte: „Wo die Kraftreserven herkamen, weiß ich selber nicht so genau. So viel Zeit hatten wir dann ja doch nicht. Wir haben uns daran aber auch hoch gehangelt und gesagt: Jetzt erst recht. Wenn alle Umstände gegen uns sprechen, zeigen wir den Leuten mal, was abgeht. In einem Heimspiel ist eh immer alles möglich für uns, das haben die letzten anderthalb Jahre gezeigt. Und dann sind wir mal richtig schön marschiert.“

Doch über Strecke wird der FC wohl nicht immer in der Lage sein, so viele Ausfälle zu kompensieren. Der Kader ist zwar im Vergleich zur vergangenen Saison breiter geworden, doch unendlich viele Möglichkeiten bietet er nun einmal auch nicht. Die personelle Decke ist deutlich dünner geworden, mit Rijad Smajic (18), Joshua Schwirten (20), Georg Strauch (21) und Maximilian Schmid (19) zählten auch vier junge Spieler zum Aufgebot, die eigentlich dem Kader der eigenen U21 in der Regionalliga angehören. Baumgart warnte denn auch, dass irgendwann einmal das Ende der Fahnenstange erreicht sein könnte: „So eine Energieleistung ist einmal immer möglich, auf lange Sicht wird es halt nicht gehen“, sagte Baumgart.

Seine Mannschaft ist bereits am Donnerstag wieder gefordert. Der Rückenwind aus dem Hoffenheim-Spiel sollte da gelegen kommen. Es ist eine Partie, der wohl alle Kölner entgegenfiebern. Denn im letzten Gruppenspiel in der Conference League gegen OGC Nizza (21 Uhr, RTL live) geht es um alles. Der FC muss gewinnen, will er die Südfranzosen noch in der Tabelle abfangen und im Europapokal überwintern, in dem es dann für die Kölner sehr wahrscheinlich in der Zwischenrunde weitergehen würde.

Nizza hat sich stabilisiert

Nizza scheint sich mittlerweile aber stabilisiert zu haben. In den vergangenen sieben Pflichtspielen kassierte die Mannschaft des früheren Gladbacher Trainers Lucien Favre nur eine Niederlage und gewann vier Partien (bei zwei Remis). Auf den 2:1-Sieg in der Conference League gegen Partizan Belgrad folgte am Sonntag ein 2:1-Auswärtserfolg beim Vierten FC Lorient, mit dem der Olympique Gymnaste Club auf Platz zehn in der Ligue 1 kletterte.

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Im Gegensatz zu Baumgart hat Favre auch fast keine Verletzungssorgen. Der Kader mit Torwart Kasper Schmeichel (35), Khéphren Thuram (21), dem 33-fachen englischen Nationalspieler Ross Barkley (28), Wales- und Arsenal-Ikone Aaron Ramsey (31), Frankreichs Ex-Nationalspieler Morgan Schneiderlin (32), Linksaußen Sofiane Diop (21), Rechtsaußen Nicolas Pépé (27) oder Mittelstürmer Gaëtan Laborde (28) ist durchaus als exquisit zu bezeichnen. Vor allem im Mittelfeld hat Favre zahlreiche Optionen.

Um Nizza zu bezwingen, muss der FC wieder mal über sich hinauswachsen. Im von schweren Ausschreitungen überschatteten Hinspiel (1:1) waren die Kölner allerdings über weite Strecken ebenbürtig, in der ersten Halbzeit sogar besser. Und auch auf den Faktor Fans wird es wieder ankommen, die Zuschauer werden ihre Mannschaft erneut tragen. „Die Fans haben uns wieder unglaublich gepusht. Sie geben uns unheimlich viel Energie. Nur so sind wir in der Lage, immer 110 Prozent geben können“, meinte Ondrej Duda, der bewies, dass er immer besser in Form kommt. Hübers konnte den Anpfiff bereits kaum erwarten: „Wer weiß, was hier in Müngersdorf los sein wird. Alle sind heiß auf das Spiel am Donnerstag gegen Nizza. Es ist alles angerichtet für ein schönes Endspiel.“ Eine tolle Konstellation, ein stimmungsvolles Flutlicht-Heimspiel, ein attraktiver Gegner: Wer wollte Hübers da widersprechen.