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FC schöpft neue HoffnungHectors Gespür für den Augenblick

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Der Kapitän ging voran: Jonas Hector führte den FC mit zwei Toren zum 2:1-Sieg gegen Leipzig.

Köln – Vor zwei Wochen wirkte Jonas Hector unmittelbar nach der 2:3-Niederlage gegen Mainz noch am Boden zerstört. Der Kapitän des 1. FC Köln hockte gedankenverloren vor einer Bande, sein Blick ging ins Leere. Dann setzte sich Danny da Costa zu ihm, der Mainzer, und versuchte ihn aufzumuntern.

Am Dienstag sah man nach dem Spiel gegen RB Leipzig einen ganz anderen Hector. Der 30-Jährige, dem zuvor erstmals in der Bundesliga zwei Treffer in einem Spiel gelungen waren, schnappte sich einen Stuhl, setzte sich auf Höhe der Strafraumlinie an den Spielfeldrand und schaute mit ausgestreckten Beinen entspannt in die leere Arena. Eigentlich fehlte nur noch eine Flasche Kölsch des Sponsors. Im Hintergrund flimmerten zeitgleich motivierende Post von FC-Anhängern („Come on lads! Big Perfomance“) über die Videowand.

„Auf geht’s Jung, starke Leistung“: Der abstiegsbedrohte Bundesligist bezwang dank einer kämpferisch starken, mutigen Vorstellung im zweiten Durchgang tatsächlich den Champions-League-Teilnehmer aus Leipzig mit 2:1. Und sendete ein Lebenszeichen. Vor allem dank Doppeltorschütze Hector (46, 60.). Eigentlich sei es ihm egal, wer die Tore schieße, sagte der Ex-Nationalspieler im Anschluss, der mit Lobeshymnen auf ihn eher nichts anfangen kann. Dennoch bekannte Hector diesmal: „Natürlich tut mir das auch persönlich gut, da ich zuletzt einiges verballert habe.“ Wie beim 0:3 in Leverkusen, dem ersten Spiel unter Interimstrainer Friedhelm Funkel. Doch jetzt hatte er seiner Mannschaft maßgeblich helfen können. In einer Saison, in der er von Verletzungen immer wieder ausgebremst und auch von privaten Schicksalsschlägen heimgesucht worden war, tat dem nach außen hin so introvertierten Saarländer dieser Abend gut.

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FC-Kapitän Jonas Hector in den Minuten nach dem Abpfiff des Spiels gegen Leipzig

„Jonas ist vorangegangen und an seine Grenzen gegangen“, lobte Funkel, „er ist seit Wochen der torgefährlichste Spieler des FC. Aber in der ersten Halbzeit musste er lange Wege in die Spitze gehen“, sagte der Trainer, der sich unmittelbar nach dem Halbzeitpfiff mit Hector besprochen und ihn dann zum zweiten Durchgang von Achter-Position auf die Neuner als „hängende Spitze“ gestellt hatte. „Ich erwarte von ihm jetzt in jedem Spiel zwei Tore, da liegt die Latte hoch“, sagte Funkel mit einem Schmunzeln, dessen Idee aufgegangen war. Lob für Hector gab es auch von den Teamkollegen. „Wenn wir nicht in drei Tagen ein Spiel hätten, würde ich ihn nach Hause einladen und ihm ein paar Pommes machen“, sagte der belgische Innenverteidiger Sebastiaan Bornauw: „Aber da wir in drei Tagen spielen, lasse ich ihn schlafen.“

Tränen bei Duda

Doch wie sehr die heikle Situation und das hitzige Spiel einige Kölner in Mitleidenschaft genommen hatten, zeigte sich direkt nach dem Abpfiff. Ondrej Duda, der zuvor offenbar von Leipziger Spieler beleidigt worden war, verließ unter Tränen den Platz und wurde von Teamkollege Noah Katterbach und Physiotherapeut Matti Forkel getröstet. „Ich weiß noch nicht genau, was da passiert ist“, sagte Funkel, der darauf hofft, dass der Sieg „neue Kräfte freisetzt“. „Ich habe gesagt, dass wir genau mit dieser Leidenschaft weitermachen müssen. Wir haben vier ganz, ganz wichtige Spiele vor der Brust. Mit dem Erfolgserlebnis hoffe ich, dass die Mannschaft noch selbstbewusster wird.“

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Der nächste Gegner, Augsburg, holte zwar aus den letzten drei Spielen gegen Frankfurt (0:2), Bielefeld (0:0) und Schalke (0:1) nur einen Punkt und erzielte kein Tor, doch die bayerischen Schwaben haben mit 33 Punkten bereits sieben Zähler mehr als der FC auf dem Konto. Funkel warnte vor Augsburg. Seine Mannschaft erwarte ein „ganz anderes Spiel. Wir kriegen viel mehr körperliche Gegenwehr als gegen Leipzig. Das muss die Mannschaft annehmen und zudem das, was ich ihr sage, umsetzen.“

Chance in Augsburg

Sollte dem FC der zweite Sieg innerhalb von drei Tagen am Freitag gelingen, würde er den direkten Abstiegsplatz verlassen und hätte die in Quarantäne befindliche Hertha überholt. Und vielleicht lässt sich nach dem Saisonende dann sagen, dass dieses Spiel gegen Leipzig ein später Wendepunkt für die Kölner war. Mit einem Symbolfoto von Hector, das bereits am Mittwoch im Netz viral ging. Die Marketingabteilung reagierte umgehend: Ab sofort gibt es den Kapitän auf dem Klappstuhl als Poster im Fanshop zu kaufen.