Köln – „Bist du besoffen?“ schallt es über die Trainingsplätze 6 und 7 an der Franz-Kremer-Allee. An Stimme und Tonlage ist es unschwer zu erkennen: Steffen Baumgart ist mit einer Szene im Training des 1. FC Köln nicht zufrieden. Welchen seiner Profis der frisch mit einem Vertrag bis 2024 ausgestattete Coach meint, lässt sich nicht sagen. Klar ist hingegen, dass die Sommervorbereitung am Geißbockheim Fahrt aufgenommen hat – sowohl bei den intensiven Trainingsformaten als auch in der Ansprache.
Als einer von fünf externen Zugängen ist Linton Maina neu dabei. Der FC hat den 23 Jahre alten Außenstürmer ablösefrei vom Zweitligisten Hannover 96 verpflichtet. Maina, gebürtiger Berliner mit kenianischen Wurzeln, passt ins Schema des klammen Bundesligisten: Gute Anlagen, aber mit Knick in der Karriere – und deswegen günstig zu haben. Ohne persönliche Krise wäre ein Profi mit seinen Qualitäten für den 1. FC Köln im Jahr 2022 nur schwer zu finanzieren gewesen.
Maina hatte eine Krise in Hannover
Im „Februar oder März“ hatte es die erste Kontaktaufnahme des Klubs in seine Richtung gegeben, berichtet Maina nach dem Training am Dienstagvormittag. Zu dieser Zeit steckte der frühere Junioren-Nationalspieler des DFB noch mittendrin im Dauer-Tief. „Die letzten zwei Jahre waren bei mir nicht so erfolgreich. Natürlich gab es in Hannover viele Trainerwechsel. Und wir haben nicht den Fußball gespielt, den wir spielen wollten und auch konnten“, sagt Maina. „Aber ich bin keiner, der die Fehler bei anderen sucht. Ich selber hatte auch nicht die richtige Einstellung.“ Dies werde nun besser, verspricht er.
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Als Nachwuchsspieler hatte Maina Probleme mit der Disziplin, wäre nach eigener Aussage ohne die Unterstützung des damaligen 96-Jugendtrainers Steven Cherundolo rausgeflogen, „ich habe mir da ein paar Sachen geleistet, die nicht gehen“. 2018 gelang dank der hervorragenden sportlichen Anlagen dennoch der Sprung zu den Profis. Doch nach Hannovers Abstieg 2019 stagnierte die Entwicklung, dazu kamen Verletzungsprobleme. „Fünfmal musste ich der U-21-Nationalmannschaft verletzungsbedingt absagen“, sagt Maina. Erst gegen Ende der abgelaufenen Saison ging es wieder bergauf. Beim Abschiedseinsatz erzielte Maina zwei Tore beim 3:2 gegen Ingolstadt. Den Trend möchte der Angreifer in Köln fortsetzen.
„Die Umstellung ist wichtig für mich, ich habe meine Komfortzone verlassen. Ich wollte den Schritt machen, gucken, wie weit es geht und was ich kann“, sagt Maina. Trainer Baumgart habe bei seiner Entscheidung für den FC eine große Rolle gespielt. „Sein Engagement draußen an der Linie gefällt mir gut. Und generell wie die Mannschaft in der letzten Saison aufgetreten ist. Da hat man Bock, mitzumachen.“ In Köln sehe er eine gute Chance, zurück in die Erfolgsspur zu finden. Mainas Vertrag läuft bis 2025.
Die Konkurrenz auf dem Flügel beim 1. FC Köln
Beim FC wird der Rechtsfuß auf den Flügeln vor allem mit Routinier Florian Kainz (29), dem aktuell verletzten Shootingstar Jan Thielmann (20) sowie Allrounder Dejan Ljubicic (24) um die Außen-Positionen konkurrieren. „Linton ist ein sehr schneller Spieler, der in die Tiefe geht und stark im Eins-gegen-eins ist. Damit bringt er wichtige zusätzliche Offensiv-Elemente in unser Spiel“, sagte Sport-Geschäftsführer Christian Keller nach dem Transfer – und formulierte den Auftrag an Trainer Baumgart: „Unsere Aufgabe wird es sein, ihn so zu entwickeln, dass er sein Potenzial konstant abruft.“ Maina kündigt „Tempo und Tiefenläufe“ an und verspricht: „Ich spüre immer eine Vereinstreue, bei meinen Klubs war ich immer für mehrere Jahre. Für das Wappen, was ich auf der Brust trage, zerreiße ich mich auch.“
Das erwartet Steffen Baumgart von jedem seiner Spieler, in jeder Minute des Trainings – wie es auch am Dienstag wieder zu hören war. „Der Trainer sagt dir immer die Wahrheit ins Gesicht, immer was er denkt. Das ist etwas, was ich in den letzten Jahren vielleicht nicht so oft hatte, mir jetzt aber gut tut“, sagt Maina. „Das eine oder andere Mal wurde es in den ersten Einheiten schon lauter, auch mein Name ist mal gefallen. Aber ich glaube, dass es das ist, was ich brauche. Man merkt, dass wenn er lauter wird, er dir nur helfen will. Ich freue mich auf das, was noch kommt. Auch wenn es mal lauter wird.“