Mondorf – Stephan Engels war ein prägender Spieler des 1. FC Köln. Der heute 61-Jährige lief von 1978 bis 1989 für den Traditionsklub auf, wurde 1983 Pokalsieger, stand 1986 im Uefa-Pokal-Endspiel gegen Real Madrid und wurde beim FC zum Nationalspieler. Später wurde er dort auch Trainer. Sein Sohn Mario trat in die großen Fußstapfen seines Vaters, spielte ebenfalls für die Kölner, konnte sich dort aber seinen Traum nicht erfüllen. Doch der Mittelstürmer wurde ebenfalls Profi und steht nach Stationen beim FSV Frankfurt, Slask Wroclaw, Roda Kerkrade und dem SV Sandhausen seit 2020 beim niederändischen Erstligisten Sparta Rotterdam unter Vertrag.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger" traf Vater und Sohn daheim in Mondorf. Im Interview sprechen sie über ihre Karrieren, Höhepunkte, Rückschläge und einen gewaltigen Schock.
Herr Engels, Sie haben gesundheitlich eine schwere Zeit zu überstehen gehabt. Wie geht es Ihnen?
Stephan Engels: Gut. Mir kommt in der Reha zugute, dass ich immer viel Sport getrieben habe. Je fitter man ist, je weniger Kilos man draufhat, desto besser geht es einem nach einem solchen Eingriff.
Wie dramatisch war es?
Stephan Engels: Ziemlich. Ich hatte meinen üblichen Check, den mache ich jedes Jahr im April, bevor die Spiele mit der FC-Traditionsmannschaft losgehen. Das Blut wurde untersucht, die Gefäße geschallt. Und plötzlich sagte mein Hausarzt Rainer Schlegel: Da ist was, das gefällt mir nicht. Am nächsten Tag bin ich ins Petrus-Krankenhaus nach Bonn gefahren, um ein MRT zu machen. Und dort wurde mir mitgeteilt: Leider ein Aneurysma an der Bauch-Aorta. Ich kam ich um einen großen Bauchschnitt nicht herum. Das war eine lange, schwierige Operation. Aber ich war in besten Händen – die Docs haben es hinbekommen.
Das ist der Check, zu dem man regelmäßig geht, obwohl nie etwas ist.
Stephan Engels: Genau. Ich hatte keine Symptome, keine Schmerzen. Aber die Gefahr war da: Hätte ich einen Ball in den Bauch bekommen oder einen Ellenbogen, wäre ich wohl innerlich verblutet. 15 000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an einem Bauch-Aneurysma, so etwas entdeckt man nur, wenn man sich regelmäßig die Gefäße checken lässt. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man besser einmal zu oft zum Ultraschall geht als zu wenig.
Wie lange hat es dann bis zur Operation gedauert?
Stephan Engels: Noch eine gute Woche, das war nicht leicht. Da geht einem schon die Muffe. Man fragt sich plötzlich, ob man alles erledigt hat... Aber von diesen Gedanken habe ich mich nach ein paar Tagen verabschiedet und mir gesagt: Die kriegen das schon hin.
Mario, wie haben Sie das wahrgenommen?
Mario Engels: Schwierig, schwierig. An dem Tag, an dem die Diagnose kam, war ich zu Hause in Mondorf und nicht bei meinem Klub Sparta Rotterdam. Und als die OP war, hatte ich wegen eines Faserrisses Behandlungen hier. Ich war also glücklicherweise hier. Trotzdem: Es war eine sehr schwierige Zeit.
Stephan Engels: Wir haben es geschafft.
Mario Engels: Es ist glücklicherweise eine Sache, die mit der Operation überstanden ist. Das habe ich meinem Vater zu erklären versucht vor der OP, weil ich gemerkt habe, dass auch er Sorgen hatte. Aber als er dann von der Intensivstation kam, sind mir eine Menge Steine vom Herzen gefallen. Meinen Vater in Angst zu sehen, zu dem ich mein Leben lang aufgeschaut habe: Die Bilder bekommt man nicht mehr aus dem Kopf.
Ihr Vater ist eine Legende des 1. FC Köln. Welche Rolle hat das für Sie gespielt?
Mario Engels: Ich wollte immer Profi werden wie er. Mittlerweile geht es, aber gerade zu Beginn war es ein großer Druck für mich, beim FC zu spielen. Das wurde erst besser, als ich zum FSV Frankfurt gewechselt bin. Da hat mich mein Vater nicht begleitet, aber ich bin dort trotzdem Profi geworden. Ich habe 70 Spiele in der Zweiten Bundesliga gemacht und mehr als 80 in der Eredivisie. Darauf bin ich schon stolz.
Wann haben Sie bemerkt, welche Bedeutung Ihr Vater als Fußballer hatte?
Mario Engels: Vielleicht mit acht, neun Jahren. Da habe ich Videos gesehen, dass er vor vielen Menschen gespielt hat. Ich habe wahrgenommen, dass er es im Fußball weit gebracht hat. Darum war er stets ein Vorbild für mich.
Stephan Engels, wann haben Sie gemerkt, dass Ihr Sohn ein Talent war?
Stephan Engels: Zunächst hat er sich gar nicht so sehr für Fußball interessiert. Aber irgendwann kam ich nach Hause, da sah ich ihn in der Garage mit einem Freund Fußball spielen. Da habe ich gedacht: Gottseidank, jetzt wird er doch Fußballer! Dann fing das in Mondorf an, damals war er immer der Kleinste.
Später war ihr Vater beim FC sogar Ihr Trainer in der U23.
Mario Engels: Ja, da musste ich noch mehr Gas geben, damit das Gerede gar nicht erst anfängt.
Stephan Engels: Damals riefen mich Werner Spinner, Toni Schumacher und Alex Wehrle an. Sie hätten Dirk Lottner beurlaubt, ich müsste mal zum Geißbockheim kommen. Ich war damals Nachwuchsleiter und sollte dann den Trainer der U23 machen. Bevor ich zusagen konnte, musste ich mit Mario sprechen und mit meinem Neffen Lucas Musculus, weil klar war, dass wir besonders im Fokus stehen würden. Ich habe beiden gesagt, dass ich sie womöglich härter würde anpacken müssen als die anderen Jungs. Aber beide haben zugestimmt.
Wann war es für Sie klar, dass es für Sie klappen würde mit dem Profifußball?
Mario Engels: Eigentlich schon beim FC. Papa, das darf ich doch erzählen.
Stephan Engels: Klar.
Mario Engels: Wir haben damals bei Jörg Schmadtke im Büro gesessen, er sagte, der FC wolle mir einen Profivertrag geben und mich anschließend in die Zweite oder Dritte Liga ausleihen. Damals war ich 19 und wahnsinnig stolz und glücklich, aber dann hat der FC ein paar Spieler für meine Position verpflichtet, und irgendwann war das Thema einfach durch. Ich habe nichts mehr vom FC gehört. Ich war sieben Jahre im Verein, mein Vater hat dort gespielt. Das war schon ein Schlag ins Gesicht. Ich dachte, ich hätte es geschafft, mir den Traum vom Profifußball beim FC zu erfüllen. Aber man muss immer dran glauben: Im Fußball ist es nie zu spät. Vielleicht mache ich ja nächste Saison 15 Tore und ein kleiner Bundesligist wird auf mich aufmerksam. Oder es klappt sogar beim FC, vielleicht als Backup. Der FC bleibt ja mein Verein.
Stephan Engels: Steffen Baumgart dürfte dich ja kennen.
Mario Engels: Stimmt! Mit Sandhausen habe ich mal in einem Testspiel zwei Tore gegen Paderborn gemacht (lacht). Steffen Baumgart wäre ein guter Typ für mich. Der kann einem Spieler viel Selbstvertrauen geben. Das ist für mich und meine Spielweise sehr wichtig.
Herr Engels, haben Sie mit einigen Verantwortlichen beim 1. FC Köln Ihren Frieden geschlossen?
Stephan Engels: Mit der Vereinsführung hatte ich ohnehin nie ein Problem, sondern mit einer Person, die für viel Unfrieden gesorgt hat, aber glücklicherweise mittlerweile zurückgetreten ist. Bekanntlich wollte ich 2020 für das Amt des FC-Vizepräsidenten kandidieren, dazu kam es leider nicht. Es wurde verhindert. Der Vorstand handelte aber und sprach Klartext. Ich sehe heute viele FCer regelmäßig. Mit den Alter-Internationalen treffen für uns drei oder vier Mal im Jahr mit dem Vorstand und besprechen beim Essen viele Dinge. Das Verhältnis ist absolut in Ordnung.
Stephan Engels: Er hat mir zuletzt viel Freude bereitet. An der Entwicklung sieht man, wie wichtig ein guter Trainer ist. Steffen Baumgart hat jedem das Gefühl gegeben, ein wichtiges Rad im Ganzen zu sein. Man spürt, dass in der Truppe eine gute Atmosphäre herrscht.
Macht Ihnen aber die schwierige finanzielle Lage des Klubs Sorgen?
Stephan Engels: Die muss man erst einmal bewältigen. Für den FC könnte es in der neuen Saison schwieriger werden – vor allem, wenn nach Salih Özcan weitere Leistungsträger wie Ellyes Skhiri den Verein verlassen sollten. Die Truppe hat in der letzten Saison durchweg am Limit gespielt. Mehr ging nicht, das muss man voller Anerkennung, aber auch ganz nüchtern sehen. Der Trainer hat bei jedem das Letzte herausgekitzelt, er hat mit einem kaum veränderten Kader Platz sieben erreicht. Die Erwartungshaltung in Köln ist dadurch gestiegen, das ist ganz sicher kein einfacher Job für Steffen Baumgart und Christian Keller. Die Aufgabe ist enorm.
Sein erstes Testspiel bestreitet der FC beim TuS Mondorf, bei dem Sie seit zwölf Jahren Präsident sind. Wie bereitet sich Ihr Verein darauf vor?
Stephan Engels: Das ist ein Festtag für uns. Vor zwei Jahren, zum 100-jährigen Bestehen, hatte ich bei den damaligen FC-Verantwortlichen für ein Testspiel angefragt. Ich hatte mich über die Zusage sehr gefreut, doch dann kam Corona. Da wir bei uns im Sportpark Süd nur einen Kunstrasenplatz haben, werden wir in Troisdorf spielen. Die Organisation ist enorm. Wir hoffen auf 3500 bis 4000 Zuschauer, darunter auch den DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf, der mir fest zugesagt hat. Das ist eine große Ehre für uns.
Sie sind auch als Spielerberater tätig und vertreten die Interessen des Ex-Kölners Yannick Gerhardt, der beim VfL Wolfsburg seinen Vertrag verlängert hat. Im Winter 2020/21 gab es auch mal Kontakt zum FC. Warum kam die Rückkehr nicht zustande?
Stephan Engels: Yannicks Vertrag lief damals ein halbes Jahr später aus. Doch es war überhaupt nicht absehbar war, ob der FC noch den Klassenerhalt schaffen würde. Der FC war eine von mehreren Optionen für ihn. Ich denke, wir haben die richtige Entscheidung getroffen.
Mario, Sie sollen mit Yannick sehr eng befreundet sein.
Mario Engels: Das ist so. Wir kennen uns sehr lange, unsere Familien ebenfalls. Wir haben früher beim FC zusammengespielt. Wir telefonieren alle zwei, drei Tage und waren zuletzt auch zusammen im Urlaub auf Ibiza. Yannick ist mein bester Freund im Profifußball.