Köln – Markus Gisdol hat sich vorerst mit seiner Lage abgefunden, aus den Worten des Trainers sprach am Wochenende eine gute Portion Schicksalsergebenheit. „Das ist unser Los in dieser Saison, und das wird sich auch nicht ändern“, sagte der Trainer des 1. FC Köln zu dem Umstand, dass er vorerst ohne torgefährliche Stürmer auskommen muss. Mit Wehmut blickte der Trainer auf den Statistikbogen, der nach Spielen im Stadion ausgegeben wird. „Natürlich tun wir uns nach vorn schwer, da muss ich nur auf die Torjägerliste gucken, da ist Stuttgart mit zwei Spielern vertreten und wir nicht“, sagte der 51-Jährige nach dem trüben 0:1 gegen den VfB.
FC mit nur 20 Toren in 22 Spielen
Sasa Kalajdzic, am Samstag Schütze des entscheidenden Treffers, hat nun zehn Saisontore auf dem Konto, Außenspieler Silas Wamangituka elf – die beiden erfolgreichsten Stuttgarter Angreifer haben damit in den bisherigen 22 Saisonspielen mehr Tore erzielt als die gesamte Mannschaft des FC.
Nicht verwunderlich also, dass sich die Kölner extrem schwer tun. Jedes Tor müssen sie sich hart erarbeiten, es fehlt der Zielspieler: Anthony Modeste erhielt nach verpasster Sommervorbereitung zwar seine Chancen, doch gelang ihm eine Hinrunde lang kein Bundesligator. Nun versucht er sich in St. Etienne, doch auch da blieb er in bislang 151 Spielminuten in Pokal und Liga ohne Erfolg.
Weil die Kölner kaum Hoffnungen in Modeste setzten und sie Jhon Córdoba nach Berlin ziehen lassen mussten, entschieden sie sich im Sommer für Sebastian Andersson als neuen Mittelstürmer, weil der in der Bundesliga für Union Berlin nachhaltig getroffen und sich zudem als robust erwiesen hatte: Die Verletzungshistorie des Schweden war vor seinem Engagement in Köln ohne Eintrag. Nun fehlt er wegen einer Knieblessur seit Monaten, beinahe tragisch ist das.
Im Glauben, mit Andersson einen zuverlässigen Torelieferanten geholt zu haben, erlaubte man sich bei Tolu Arokodare, dem Glück eine Chance zu geben. Der riesige Nigerianer hatte in der lettischen Liga ein paar Tore geschossen, mit erst 19 Jahren schien er eine Verheißung. Da er zudem nur wenig kostete und die Kölner keine weiteren Kandidaten gefunden hatten, holten sie Arokodare. Doch hat sich die Hoffnung auf eine Leistungsexplosion des Stürmers nicht erfüllt. Mittlerweile steht fest, dass Arokodare nicht der Sechser im Lotto sein wird, den man so gut brauchen könnte. „Es ist klar, dass wir im Sturmzentrum in dieser Saison nicht die wahnsinnigen Spieler haben, die ein Tor nach dem anderen schießen. Darum müssen wir uns jedes einzelne Spiel hart erarbeiten“, sagt Gisdol am Samstag, „Unsere Mittelfeldspieler sind dann diejenigen, die das Tor machen müssen – oder wir treffen über eine Standard-Situation.“
Bornauw fehlt verletzt
Die Kölner Stärke im Offensivstandard zeigte sich beim 2:1 in Dortmund, als der BVB zweimal auf dieselbe Eckenvariante hereinfiel, jeweils traf der defensive Mittelfeldspieler Ellyes Skhiri. Zuletzt waren die Kölner beim ruhenden Ball jedoch weniger gefährlich, was auch daran liegt, dass Sebastiaan Bornauw verletzt fehlt, der Innenverteidiger steuerte in der vergangenen Saison immerhin sechs Tore zum Klassenerhalt bei.
Gegen Stuttgart litt das Kölner Offensivspiel allerdings auch unter der mangelnden Präzision, Elvis Rexhbecaj etwa war zwar einmal mehr extrem wertvoll im Spiel gegen den Ball. Doch beinahe die Hälfte seiner Pässe landete beim Gegner, auch Marius Wolf verlor halbrechts viel zu viele Bälle.
In vorderster Reihe konnte man Ondrej Duda und Emmanuel Dennis dabei zusehen, wie sie nach einer Verbindung suchten. Dennis, im Winter vom Belgischen Meister FC Brügge ausgeliehen, schien am Samstag bereits am Ende dessen, was er ertragen kann. Nach einem unbrauchbaren Zuspiel winkte er schon früh in der ersten Halbzeit ab, einen Gefallen tat er sich nicht damit. Gisdol mahnte den Nigerianer anschließend ungewohnt deutlich zu mehr Geduld. „Dennis ist sehr emotional und möchte die Bälle haben, Stürmer sind so. Dass er sich aber mit so einer Geste selbst unter Druck setzt und beim nächsten Ball dann jeder auf ihn schaut, müssen wir vermeiden. Das tut uns als Team nicht gut, das gefällt uns nicht, darüber müssen wir sprechen. Wir müssen uns bewusst sein, welche Laufwege er uns bieten kann. Da ist noch Luft nach oben“, kommentierte der Trainer.
Max Meyer deutet an, was möglich ist
Und tatsächlich: Als der eingewechselte Max Meyer gegen Stuttgart in der 69. Minute gleich mit seiner ersten gelungenen Aktion im FC-Trikot Emmanuel Dennis perfekt einsetzte, legte der sich mit einer unerwartet starken Bewegung zwar den Ball an Waldemar Anton vorbei, nur um dann ziemlich jämmerlich über das Tor zu schießen.
Heldt will geduldig bleiben
Beim FC rechnen sie weiterhin mit Schwierigkeiten, doch weil der Abstiegskampf bis in die Schlussphase der Saison dauern wird, würde es den Kölnern womöglich genügen, wenn Dennis erst am vorletzten Spieltag seinen ersten Hattrick erzielte. Horst Heldt jedenfalls ist nicht überrascht, dass sich der schnelle Angreifer derart schwertut. „Es gibt Positionen, da ist das Feintuning besonders schwierig. Er ist mitten im Spielbetrieb gekommen, er braucht einfach seine Zeit“, sagt der Kölner Sportchef. Mit Brügge ging Dennis als Favorit in jedes Ligaspiel, nun muss er sich bei einem Abstiegskandidaten ohne nennenswerte Unterstützung in der Bundesliga aufreiben. Keine leichte Situation, daher versucht es Heldt mit Hoffnung, mehr bleibt ihm auch nicht. Es sei „okay, wenn um uns herum die Menschen keine Geduld haben“, sagt der 51-Jährige: „Wir aber haben sie.“