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Nach Sturz auf Platz zehnFC-Bosse wollen nicht das „große Ganze“ und „eingeschlagenen Weg“ infrage stellen

Lesezeit 4 Minuten
1. FC Köln vs. SSV Ulm, 8. Spieltag, 05.10.2024, 13.00 Uhr, Werner Wolf ehrt das Mitglied Nummer 140.000  (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Kölns Präsident Werner Wolf während des Heimspiels zuletzt gegen Ulm. Dort ehrte der FC-Boss das 140.000 Mitglied des Klubs.

Nach dem 1:5-Debakel in Darmstadt und vor dem Heimspiel gegen Paderborn mahnen die Verantwortlichen des 1. FC Köln zur Geduld.

Gerhard Struber ist erst seit knapp vier Monaten beim 1. FC Köln im Amt. Und schon alleine deshalb fallen sämtliche sportlichen Fehlentwicklungen beim Traditionsklub der jüngeren Zeit wohl schwerlich in seinen Verantwortungsbereich. Denn die begannen spätestens vor knapp anderthalb Jahren im Sommer 2023.

Zwar hatten die Kölner in der zuvor beendeten Saison 2022/23 nicht mehr an den Erfolg der Spielzeit zuvor anknüpfen können, in der sich die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart als Tabellensiebter für das internationale Geschäft qualifiziert hatte, doch am Ende stand immerhin noch ein solider Platz elf. In der Bundesliga. Neun Punkte hatte der FC übrigens mehr auf dem Konto als der VfB Stuttgart, der mittlerweile in der Champions League bei Juventus Turin gewinnt. Doch dann folgte eine klägliche Kölner Transferperiode – die bis dato letzte, was man mit einer Portion Realismus durchaus hätte wissen können. Wie es weiter ging, wissen alle, die es mit dem FC halten: Baumgart-Demission und bestätigte Transfersperre vor Weihnachten 2023. Am Ende der siebte Abstieg in der Vereinsgeschichte, eine weitere Trainer-Trennung (von Timo Schultz) und erneut immenser Diskussions- und Rechtfertigungsbedarf.

1. FC Köln: Bereits seit anderthalb Jahren geht es kontinuierlich abwärts

Das war alles noch vor Strubers Beginn am Geißbockheim. Jetzt ist der FC Tabellenzehnter. In der 2. Bundesliga. Und das fällt dann auch in die Zuständigkeit des Österreichers. Der bisherige Tiefpunkt wurde am vergangenen Freitag erreicht, als der FC nicht nur eine 1:5-Niederlage in Darmstadt, sondern auch eine der schlimmsten Pleiten seiner Zweitliga-Geschichte kassierte. Struber dürfte bewusst gewesen sein, auf welchen Job er sich da beim 1. FC Köln eingelassen hatte. Doch irgendwann ist auch einmal die Geduld des treuesten, leidensfähigsten Fan aufgebraucht. Die Stimmung nach dem desaströsen Auftritt am Böllenfalltor kippte zum ersten Mal in der Saison. Und zwar mit einer Wucht und Dynamik, die Struber aus seinem Wirken im Red-Bull-Kosmos wohl kaum gekannt haben dürfte.

„Ich habe beim 1. FC Köln schon ganz anderes erlebt“, entgegnete am Mittwoch jedoch Thomas Kessler, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, der schon rund 20 Jahre beim FC tätig ist – erst als Torwart, dann als Manager. Doch es war eben Kesslers Chef, Geschäftsführer Keller, der den Auftritt des Teams, das er als „Schülermannschaft“ titulierte, nicht nur als „desolat, fürchterlich und enttäuschend“, sondern auch als „bodenlos“ beschrieben hatte. „Bodenlos“ — tiefer geht es also kaum.

Das Problem dabei: Es war der Auftritt einer Mannschaft, die Keller überwiegend zusammengestellt hatte und die von seinem Wunschtrainer angeleitet wird, den der Sportchef ganz bewusst aus der Schusslinie genommen hatte.

Doch damit die Situation um Struber und den umstrittenen Keller nicht noch brenzliger und die Stimmung nicht noch explosiver wird, muss im Heimspiel am Freitag (18.30 Uhr, Sky) gegen den unberechenbaren SC Paderborn dringend ein Sieg her. Struber versuchte am Mittwoch zu vermitteln, dass er mit dem Druck umgehen kann. „Ich bin Fußball-Trainer. Dass man da einem Druck unterliegt, ist normal. Und dann bin ich bei einem Klub, bei dem es eine gewisse Normalität ist, dass man unter Druck steht. Ich brauche den ein Stück weit, auch meine Jungs, wir alle. Es geht um Ergebnisse, es geht um Leistung – insofern können wir mit dem Druck, der herrscht und omnipräsent ist, umgehen.“

Sein Credo: „Wir dürfen nicht in Aktionismus oder in eine Trauerstimmung verfallen.“ Er wolle mit dem Team „sachlich“ weiterarbeiten und „keine Parolen“ heraushauen, das sei sein Zugang. Der 47-Jährige wünschte sich mehr Geduld mit seiner Mannschaft. Das 1:5 sei intern zwar sehr kritisch analysiert worden. Dennoch dürfe nicht vergessen werden, dass der FC mit seiner „sehr jungen, unerfahrenen Mannschaft“ spielen würde, in der es deshalb Wellenbewegungen gebe. In Darmstadt hatten allerdings auch Kapitän Timo Hübers, Leart Pacarada und Luca Waldschmidt sehr enttäuscht – und die bringen mit 28 beziehungsweise 30 Jahren genug Erfahrung mit.

Werner Wolf und Co. sprechen Keller und Struber das Vertrauen aus

Doch was passiert, sollte es auch gegen Paderborn schiefgehen? Die Antwort liefert Werner Wolf selbst. Der FC-Präsident erwartet am Freitag zwar eine „Reaktion“, teilte aber gegenüber dem „Express“ mit, dass die Verantwortlichen auch nach dem Darmstadt-Debakel weiterhin Vertrauen in Keller und Struber haben: „Ein zugegebenermaßen schwaches Spiel wird uns dennoch nicht dazu bewegen, das große Ganze infrage zu stellen oder an unserem eingeschlagenen Weg zu zweifeln.“ Man fragt sich nur, wohin der Weg führt...

Das Schöne am Fußball ist: Er ist sagenhaft schnelllebig. Denn gegen Paderborn und in der zweiten DFB-Pokalrunde bereits am Dienstag (20.45 Uhr) gegen Erstliga-Aufsteiger Kiel bietet sich dem FC die Chance zum Stimmungsumschwung. Aber selbst wenn dieser gelingen sollte, bleibt die Frage, ob sich danach auch grundsätzlich etwas zum Positiven verändert. Und deren Beantwortung ist mit Zweifeln verbunden. Denn die Halbwertzeit von Eintagsfliegen ist bekanntlich überschaubar. Auch in Köln.