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FC steht vor LeipzigDie beachtliche Entwicklung von Salih Özcan und seinen Kölnern

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Kölns Salih Özcan (l.) ist per Kopf vor Bayerns Jamal Musiala am Ball.

Köln – Wenn der 1. FC Köln am Freitag (20.30 Uhr) bei RB Leipzig antritt, geschieht das unter völlig anderen Voraussetzungen als in der Endphase der vergangenen Saison. Der FC steht als Sechster sogar einen Platz vor den Sachsen. Damit hätten beide Klubs wohl niemals gerechnet. Denn vor zehn Monaten trennten sie tabellarisch Welten. Sagenhafte 38 Punkte Rückstand hatte der FC nach 29 Spieltagen auf den damaligen Zweiten Leipzig. Die Lage der Kölner war nach dem 0:3 bei Bayer Leverkusen dramatisch. Der Abstieg rückte immer näher.

Doch dann folgte am 30. Spieltag ein kleines Wunder. Zwar war der FC gegen RB unterlegen, doch durch zwei Tore des überragenden Kapitäns Jonas Hector rangen die Kölner den Favoriten sensationell nieder. Für den FC war es das lebenswichtige Zeichen im zweiten Spiel unter Trainer Friedhelm Funkel, der später zum Retter werden sollte.

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Salih Özcan steht wie fast kein Spieler der Kölner für die bemerkenswerte Entwicklung, die sein Klub genommen hat. An jenem 20. April war der Ehrenfelder eine Randfigur. Als Matchwinner Hector in der Nachspielzeit ausgewechselt wurde, durfte Özcan noch kurz ran. In den letzten drei Spielen unter Markus Gisdol war Özcan zuvor nur eine Minute zum Einsatz gekommen, in Leverkusen waren es elf. Es deutete alles darauf hin, dass das FC-Eigengewächs nach der Saison das Eigengewächs und der FC nach der Saison getrennte Wege gehen würden – zumal der Vertrag des U21-Kapitäns auslief.

Doch nicht nur der FC rettete sich auf den letzten Drücker, auch bei Öczan folgte die nicht mehr erwartete Wende. Der neue Trainer Steffen Baumgart, noch gar nicht beim FC im Amt, sorgte bei Özcan für einen Sinneswandel. Der erklärte damals dieser Zeitung: „Steffen Baumgart hat mich überzeugt, doch in Köln zu bleiben. Der Trainer hat mir sofort das Gefühl gegeben, dass er auf mich setzt. Ich glaube, dieser Trainer könnte richtig gut zum FC passen.“

Ein immer größerer Faktor

Özcans Hoffnungen sollten sich alle erfüllen. Er verlängerte den Vertrag bis Juni 2023. Dass Baumgart zum FC passt, das hat sich eindrucksvoll gezeigt. Und Özcan wurde nach anfänglichen Problemen zum Stammspieler in der Zentrale. In 15 von 16 Pflichtspielen stand der 24-Jährige zuletzt in der Startelf des FC, nur beim ärgerlichen Pokal-Aus gegen den HSV wurde er erst nach einer Stunde eingewechselt. Özcan kann dem Spiel mit seiner Dynamik und Robustheit auf der Sechser-Position immer mehr seinen Stempel aufdrücken, mit zwei Toren und eine Vorlage ist er mittlerweile auch im Offensivspiel ein größerer Faktor. Baumgart setzt auf Özcan, der profitiert von der Rückendeckung.

Ellyes Skhiri ist nach seiner Rückkehr vom Afrika-Cup zwar wieder im Training integriert und hofft auf seinen gewohnten Platz in der Startelf. Es ist allerdings schwer vorstellbar, sollte dies auf Kosten von Özcan gehen. Der fühlt sich beim FC wieder rundum wohl. „Ich bin zufrieden und froh. Ich glaube, ich zeige derzeit meine Leistungen und kann der Mannschaft damit gut helfen. Ich habe meine Spiele bekommen und dadurch meinen Rhythmus gefunden. So lernt man auch die Abläufe der Mannschaft besser“, sagte Özcan am Dienstag. Er habe ein offenes Verhältnis zu Baumgart. „Er hat mir vor meiner Vertragsverlängerung gesagt, dass keiner eine Stammplatzgarantie hat, aber dass er mich gerne behalten würde, weil ich zu seinem Spielstil passe. Ich glaube, das sieht man auch im Moment.“

Gestiegenes Selbstbewusstsein

Das Selbstbewusstsein ist gestiegen. Bei der Mannschaft, bei Özcan. Er selbst hätte zwar nicht erwartet, dass der FC in der Tabelle vor Leipzig stehe. Das Ziel bleibe auch der Klassenerhalt. Und Leipzig habe weiterhin eine starke Mannschaft, mit schnellen, technisch versierten Spielern. Doch Özcan gab sich mutig: „Wir müssen die Räume gut schließen und Konter vermeiden, müssen in den Zweikämpfen eklig sein und wollen sie gar nicht erst in ihr Spiel kommen lassen. Gelingt uns das, sind drei Punkte auf jeden Fall möglich.“

Skhiris Vertrag läuft zwar ebenfalls bis 2023, doch viele gehen am Geißbockheim davon aus, dass der FC im Sommer den Tunesier ziehen lassen und verkaufen wird. Özcan hingegen könnte noch weitaus länger in Köln bleiben. Beide Seiten peilen eine weitere Zusammenarbeit an – auch wenn es laut Özcan noch keine Vertragsgespräche gab. Doch in seinem Kontrakt gibt es ohnehin die Option auf Verlängerung um ein weiteres Jahr bis 2024. Und eine Ausstiegsklausel für den Fall des Abstiegs. Doch mit dem rechnet rund um den FC keiner mehr. Im Hinblick auf seine Zukunft sagte Özcan mit einem Lächeln: „Ich bin doch ein Kölner Junge.“