Der Kölner Sport-Geschäftsführer meint, dass man die deutlichen Aussagen des Trainers nicht so hoch hängen solle.
Nach Baumgarts KritikFC-Sportchef Keller versucht, Gelassenheit zu demonstrieren
Dass die Vogel-Strauß-Taktik nicht unbedingt die beste sein muss, dachten sich offenbar die Verantwortlichen des 1. FC Köln am Freitag. Zumindest Christian Keller. Der Sport-Geschäftsführer äußerte sich zur deutlichen Wortmeldung von Trainer Steffen Baumgart, der drei Tage zuvor seinem Ärger Luft gemacht und erstmals den Sparkurs des Bundesligisten und den eingeschlagenen Weg des Klubs öffentlich kritisiert hatte. Es waren Aussagen, die für mächtig Wirbel im und rund um den Klub gesorgt hatten — auch wenn das keiner der Verantwortlichen so zugeben würde.
Keller hätte die Möglichkeit gehabt, auf der Pressekonferenz vor dem wiederum eminent wichtigen Spiel gegen den FSV Mainz 05 (Sonntag, 17.30 Uhr) einer größeren Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen, Anfragen gab es zuhauf. Doch er zog es vor, vor einer TV-Kamera zu sprechen und war bemüht, das Thema zu entschärfen und herunterzuspielen. „Das muss man alles relativieren und herunterkochen“, sagte der Sportchef zu „Sky“ und ging dann doch näher auf Baumgarts Kritik ein: „Wenn ich mir Steffens Aussagen anhöre, dann hat er in erster Linie gesagt, dass er es nicht toll findet, dass er schon mal den einen oder anderen Stammspieler verloren hat“, entgegnete Keller.
Der Trainer hatte zuvor vom Verlust von insgesamt „acht Stammspielern“ seit seiner Amtsübernahme 2021 gesprochen. Kein Trainer auf der Welt würde Abgänge von Stammspielern toll finden, so Keller weiter, andernfalls müsste man diesen Trainer auch hinterfragen. „Insofern höre ich da nicht so viel Kritisches heraus, wie gesagt wurde.“ Man müsse auch Verständnis für einen Cheftrainer in der Situation des FC aufbringen. In Richtung Baumgart sagte Keller: „Der muss da jede Woche als Frontmann vorne rumturnen und sich auch nach negativen Ergebnissen, von denen wir in den letzten Wochen zuhauf hatten, immer wieder stellen. Dann ist doch ganz klar, dass da ein gewisses Maß an Anspannung im Trainer drin ist. Dass das aus einem Impuls einfach mal rauskommt, dann kann ich das menschlich total nachvollziehen.“
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Baumgart hatte angeprangert, dass es endlich aufhören müsse, dass der Verein weiter die besten Spieler verkaufe. Stattdessen bräuchte der Kader des abstiegsgefährdeten Bundesligisten vielmehr Verstärkungen. Zudem hatte der 51-Jährige, der in seiner dritten Saison offenbar um sein Projekt fürchtet, deutlich gefordert: „Wenn kein Geld da ist, muss welches besorgt werden.“ Auch wenn der Coach diese Aussage nicht adressierte, so richtete sie sich an Keller und den Vorstand.
Der Sport-Geschäftsführer versuchte, auch hier Gelassenheit zu demonstrieren. Er tausche sich ohnehin permanent mit Baumgart aus und habe auch mit dem Coach über diese Aussage gesprochen, so Keller. „Dazu muss man sagen: Ganz so einfach, wie man das plakativ in der Aussage von Steffen dargestellt hat, ist es nun einmal nicht. Steffen weiß um die Gesamtzusammenhänge und -Ausrichtung. Er hat zweimal dennoch seinen Vertrag verlängert und sich zu unserem Weg bekannt. Dass dann aus der Anspannung heraus vielleicht mal ein Satz von vielen fällt, den man hinterfragen muss, das ist absolut okay. Und damit habe ich auch kein Problem“, sagte der Sportchef.
1. FC Köln: Steffen Baumgart rudert inhaltlich nicht zurück
Baumgart hatte, so war zu erfahren, seine Aussagen allerdings nicht aus einem „Impuls“ oder aus der „Anspannung“ heraus getätigt. Vielmehr waren es Dinge, die ihn schon länger beschäftigten und unter den Nägeln gebrannt hatten. Nur der Zeitpunkt des Schritts an die Öffentlichkeit am vergangenen Dienstag war wohl eher zufällig.
Baumgart äußerte sich am Freitag auf besagter Pressekonferenz noch einmal. Wie denn die Reaktion der Verantwortlichen ausgefallen sei, wurde der Coach gefragt. „Genau so, dass man das versteht. Es ist ja nicht so, dass das keiner versteht, was ich sage und worauf ich hinauswill. Wir gehen sehr klar und ehrlich miteinander um und wissen trotzdem nicht, was im Winter passiert“, entgegnete Baumgart und spielte damit auf das weiterhin noch ausstehende, aber aller Voraussicht noch in diesem Jahr gefällte Cas-Urteil und eine mögliche Transfersperre an. Inhaltlich ruderte Baumgart allerdings nicht wirklich zurück: „Ich habe mich dazu geäußert, dass ich es nicht gut finden würde, wenn wir einen Stammspieler abgeben. Jeder kann nachvollziehen, dass kein Trainer der Welt einen Stammspieler abgeben will.“ Zuletzt war über ein Winter-Abgang von Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic spekuliert worden.
Natürlich sei ihm die schwierige Finanzsituation des verschuldeten FC vollkommen bewusst, so Baumgart: „Ich weiß, wo ich unterschrieben habe, welche Probleme wir haben, was wir gut können und was wir nicht gut können.“ Es bleibt aber der Wunsch nach Verstärkungen und die Hoffnung, dass das aufgrund des Cas-Urteils und der Finanzen alles überhaupt realisierbar ist: „Wir wissen nicht, was passiert. Was wir wissen, ist, dass wir uns verstärken müssen. Das bleibt einfach so. Wie wir das handhaben können, werden wir sehen.“ Sportchef Christian Keller hatte zuletzt erklärt, dass der Klub Neuzugänge in der Innenverteidigung, auf der Sechser-Position und im Sturm suche.
Sonntag gegen Mainz: „Intensives Spiel auf Augenhöhe“ erwartet — Selke im Kader
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Nach dem schwer erkämpften 1:0-Sieg in Darmstadt, dem erst zweiten Erfolg in der Saison, wartet auf den FC am Sonntag wieder ein Kellerduell, in dem man nachlegen will und muss. „Ich erwarte ein Spiel auf Augenhöhe, das über viele kleine Aktionen entschieden wird. Es wird ein intensives Spiel mit Emotionen auf dem Platz“, sagte Baumgart, der personell fast wieder aus dem Vollen schöpfen kann. Darmstadt-Torschütze Davie Selke hatte zwei Tage aufgrund eines Magen-Darm-Infekts pausieren müssen, doch am Freitag stieg der Stürmer wieder ins Training ein. „Komplett fit ist er nicht, da sollten wir abwarten“, sagte Baumgart. Selke stehe zwar „auf jeden Fall“ wieder im Kader, ob er aber auch beginne, das werde kurzfristig entschieden.
Rasmus Carstensen und Benno Schmitz, die zuletzt wegen einer Armverletzung und krankheitsbedingt gefehlt hatten, waren schon zuvor wieder auf den Trainingsplatz zurückgekehrt. Verzichten muss Baumgart auf Sargis Adamyan und Faride Alidou (beide muskuläre Probleme), doch das Offensiv-Duo hätte es ohnehin schwer gehabt, in den Kader zurückzukehren.
Mögliche Aufstellungen
1. FC Köln: Schwäbe - Carstensen, Hübers, Chabot, Heintz - Ljubicic, Martel - Thielmann, Waldschmidt, Maina - Selke.- FSV Mainz 05: Batz - Widmer, van den Berg, Caci, Mwene - Krauß, Barreiro - Gruda, Richter, Lee - Onisiwo.