Köln – Steffen Baumgart ist keiner, dem im Leben immer so alles zugeflogen ist. Er ist vielmehr einer, der sich durchgekämpft hat. Dafür steht seine Vita. Aufgewachsen in Rostock in der damaligen DDR, ging der bei den Dynamo-Sportgemeinschaften von Rostock und Schwerin ausgebildete Fußballer direkt nach der Wende als junger Erwachsener in den Westen.
Die neue Heimat des damals 19-jährigen Norddeutschen war aber nicht Hamburg, Bremen oder Berlin, sondern Ostfriesland. Er spielte für die Sportvereinigung Aurich als Vertragsamateur und sattelte dort auch beruflich um, der ausgebildete DDR-Bereitschaftspolizist machte nebenbei eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Zu dem Zeitpunkt war an eine später doch sehr bemerkenswerte Profikarriere mit 225 Bundesliga- und 142 Zweitligaspielen sicher noch nicht zu denken.
Baumgart hatte von seinen Eltern mitbekommen und gelernt, immer direkt, klar und ehrlich zu sein. Und das sei nicht immer zu seinem Vorteil gewesen, wie er noch heute sagt. So ist der Stürmer dann auch bei seinem Heimatverein Hansa Rostock gleich drei Mal rausgeflogen, war zwischendurch auch mal arbeitslos. Und bei seiner ersten Bewerbung zum Fußballlehrer-Lehrgang des DFB wurde der Norddeutsche abgelehnt.
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Baumgart ging an den Widrigkeiten aber nie kaputt, trotzte ihnen und nahm sie als Herausforderung an. Und vielleicht passt er deshalb mit diesen Eigenschaften, seinen Charakterzügen so gut zum oft so launenhaften, turbulenten 1. FC Köln.
Kerniger, uneitler Typ, der vorangeht
Baumgart, schon als Spieler eher ein menschliche Dampfwalze, ist ein stabiler, kerniger, uneitler Typ, den nichts so schnell aus der Bahn wirft. Der nicht Gefahr läuft, in einem oft unruhigen Umfeld zerrieben zu werden. Der dafür aber vorangeht, deshalb wurde er auch als Profi bei Union Berlin Kapitän. Und der emotional ist und deutlich anspricht, wenn ihm etwas nicht passt. Das Energiebündel besitzt die Fähigkeit, die Kölner Mannschaft, die zu oft lethargisch daherkommt, und auch das Umfeld mitzureißen.
Der Coach hat zudem den Vorteil, dass er sowohl die Erste als auch die Zweite Liga bestens kennt. Mit Paderborn ließ der 49-Jährige betont offensiven Fußball spielen. Und bewies dabei, dass er vor allem Talente weiterentwickeln kann. Dem Trainer ist also zuzutrauen, dass er mit dem Gros des aktuellen Kaders und einem schmalen Budget etwas anfangen kann.
Vor allem aber steht Steffen Baumgart für eines: Für einen echten Neuanfang. Ihm ist zwar sicherlich nicht egal, in welcher Liga dieser beim FC beginnt. Doch er sagte ligaunabhängig zu, weil ihn die Aufgabe in Köln einfach reizt. Vielleicht wären anderen Optionen, die Baumgart hatte, auf den ersten Blick unkomplizierter, vorhersehbarer, leichter gewesen. Doch das ist nichts für ihn, den Kämpfer von der Küste. Und das alles sind schon mal gute Voraussetzungen für die Aufgabe in Köln.