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Kölns neue Nummer einsFC-Torwart Jonas Urbig steht vor einer Goldenen Zukunft

Lesezeit 6 Minuten
Jonas Urbig, Torhüter des 1. FC Köln, präsentiert im Trainingslager in Bad Waltersdorf einen goldenen Ball.

FC-Torwart Jonas Urbig im Trainingslager in Bad Waltersdorf. Der 20-Jährige ist die neue Kölner Nummer eins.

Der 20-Jährige gilt als eines der größten Torwart-Talente in Deutschland und zeigt sich schon erstaunlich abgeklärt.

Der junge Mann aus Euskirchen-Kleinbüllesheim lebt gerade seinen Traum. Das sieht man dem hochmotivierten Jonas Urbig in jedem Training an, der voller Elan und Tatendrang ist. Ob zuletzt am Geißbockheim oder jetzt im Trainingslager in Bad Waltersdorf. Wenn man dann mit dem Torhüter des 1. FC Köln spricht, wirkt er schon erstaunlich abgeklärt. Und nicht unbedingt wie ein gewöhnlicher 20-Jähriger. Aber gewöhnlich ist Urbig auch nicht. Vielmehr ist er ein außergewöhnliches Talent, dem möglicherweise eine große Karriere bevorsteht.

Am Freitag kommender Woche wird aber auch der coole Urbig sicherlich Anspannung und Nervosität verspüren. Das kann eigentlich gar nicht anders sein, auch wenn er behauptet, dass er den Druck in Kölner weniger wahrnehme. Doch am 2. August kommt es zum bisher größten Spiel des Keepers in seiner noch jungen Karriere. Der FC eröffnet gegen den Hamburger SV die Zweitliga-Saison, die gespickt mit Traditionsvereinen ist und die womöglich die interessanteste aller Zeiten werden könnte. Und Urbig, in der vergangenen Spielzeit an Greuther Fürth ausgeliehen, wird als neue Nummer eins im Kölner Tor stehen. Der Twen hat den bisherigen Stammtorhüter Marvin Schwäbe (29), der mit einem Wechsel spekuliert, verdrängt.

„Vor 50000 Menschen im RheinEnergieStadion zu spielen, da überwiegen bei mir die Vorfreude und Begeisterung. Es macht mir großen Spaß, wieder zu Hause beim FC zu sein“, sagt Urbig. Dass er sich nicht zu viele Gedanken mache, daran habe auch sein „ruhiges, gesetteltes Umfeld“ einen Anteil, schiebt der junge Torhüter nach: „Ich kann mich rein auf den Sport konzentrieren. Alle Nebengeräusche lasse ich rechts und links liegen.“

1. FC Köln: Jonas Urbig blendet die Nebengeräusche aus

50 Zweitliga-Partien hat Urbig in der vergangenen anderthalb Jahren als Leihspieler für Jahn Regensburg und Fürth absolviert, auf Anhieb wurde der U21-Nationaltorhüter bei diesen Klubs zur Nummer eins. Jetzt ist er dies auch bei seinem Jugendklub, denn bereits seit 2012 trägt er das Trikot mit dem Geißbock. Und dieser Status macht Urbig stolz: „Das bedeutet mir total viel“, gibt er zu – um dann sofort wieder bodenständig hinzuzufügen: „Trotzdem ist es wichtig, dass ich jeden Tag meine Leistung abrufe. Ich bin hier, um mein Bestes zu geben, die Bälle zu halten – dem möchte ich gerecht werden. Aber natürlich: Im Heimatverein als Nummer eins in die Saison zu gehen, ist ein total schönes Gefühl. Darauf freue ich mich. Ein Zwischenziel ist erreicht, so kann man das sagen – doch am Ziel bin ich lange noch nicht angekommen.“

Was dieses Ziel genau ist, das lässt Urbig offen. Experten trauen ihm indes die ganz große Karriere zu, schließlich gilt der 20-Jährige, der beim FC bis 2026 unter Vertrag steht, als eines der ganz großen Torhüter-Talente des Landes. Der FC Bayern soll sich bereits mit Urbig beschäftigt und ihn im Frühjahr explizit beobachtet haben. Komplimente gab es bereits zuhauf. „In der 2. Bundesliga hat ein zukünftiger Nationaltorhüter nichts verloren. Ein herausragender Torhüter“, sagte Trainer Lukas Kwasniok, nachdem er Anfang des Jahres mit dem SC Paderborn das Heimspiel gegen Fürth 0:1 verloren hatte.

Er freue sich natürlich über derartiges Lob, doch er könne alles ganz gut einordnen, sagt Urbig. „Ich weiß, was mir noch alles bevorsteht. Ich möchte meine Leistung von Woche zu Woche abrufen – das ist mir wichtig.“ Deshalb verschwendet er auch noch keine Gedanken an die Zukunft. Nur den FC und die U21-Nationalmannschaft hat er erst einmal im Fokus. „Da haben wir nächstes Jahr die Europameisterschaft – ich denke eher an dieses Turnier.“ Und eben nicht daran, dass er schon in absehbarer Zukunft mal ein Kandidat für die A-Nationalelf werden könnte; Urbig lässt sich da auch nicht locken.

Sein „ruhiges, gesetteltes Umfeld“, zu diesem gehört natürlich in erster Linie seine Familie. Der gebürtige Euskirchener hat seine Anfänge mit seinen zwei Brüdern Luis und Henri im Garten des Elternhauses in Kleinbüllesheim gemacht. Die Filii mussten vom Torwartspiel nicht großartig überredet werden, schon Vater Kurt Urbig war ebenfalls lange Keeper beim Euskirchener TSC. Anfangs spielte Jonas Urbig allerdings auch noch im Feld, das kommt ihm heute noch zugute. Erst mit dem Wechsel ins Nachwuchsleistungszentrum des FC folgte die Festlegung auf die Torhüter-Position. Wichtig für den Torwart ist auch René vom Bruch, sein Berater, der maßgeblich auch an der Karriereplanung von Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen beteiligt war und noch ist.

Diese Planung erwies sich zuletzt auch bei Urbig als zielführend. In Regensburg hatte der Keeper im Zweitliga-Abstiegskampf auch viel in Sachen „Widerstandsfähigkeit“ gelernt, wie er sagt. In Fürth ging es zuletzt neben der persönlichen Weiterentwicklung auch darum, dass er zunehmend eine Führungsrolle einnehme.

„Guter und offener Austausch“ mit bisherigem Stammtorwart Schwäbe

Mit den Franken mischte der Keeper lange in der Spitzengruppe der 2. Bundesliga mit – um am Ende doch den Anschluss zu verlieren. Beim FC soll es anders laufen. Die Chancen stehen zumindest besser, immerhin weist der Kölner Kader den höchsten Marktwert in der Liga auf. „Viele Spieler, die über Bundesliga-Erfahrung verfügen, sind geblieben. Man merkt schon im Training, dass die Qualität hoch ist“, meint Urbig, der seinem Vorgänger Schwäbe einiges an Respekt entgegenbringt: „Marvin hat zweieinhalb Jahre lang beim 1. FC Köln Bundesliga gespielt – das fehlt mir noch. Unser Austausch ist gut und ganz offen. Ich hole mir mal einen Rat ab, aber er fragt mich auch mal Sachen“, sagt der Euskirchener, der nicht darauf erpicht ist, auch die Rückennummer eins zu übernehmen. Er lief mit der 40 in den vergangenen anderthalb Jahren auf, sie brachte ihm Glück: „Alles warum nicht noch eine weitere Saison mit der 40?“

Ob Urbig und seiner Mannschaft dann am Ende auch die direkte Rückkehr ins Oberhaus gelingt, da muss indes schon einiges passen. Auch, weil die 2. Bundesliga „total gut“ sei, wie Urbig aus eigener Erfahrung weiß: „Wenn man sich einfach mal die Namen anschaut, auf die wir treffen werden: Es gibt keinen schlechten Gegner in der 2. Bundesliga. Es geht jede Woche um alles, jeder kann jeden schlagen. Natürlich gehen wir als 1. FC Köln, mit diesem großen Namen, mit einer Favoritenrolle in die Saison. Trotzdem müssen wir unsere Leistung abrufen.“

Und dies schon gleich zum Auftakt gegen den HSV, der mit dem früheren Kölner Trainer Steffen Baumgart und Ex-FC-Stürmer Davie Selke ins Rhein-Energie-Stadion zurückkehrt. Die Partie gegen die Hamburger, so Urbig, sei „der erste Gradmesser. Sie versuchen es schon seit Jahren, in die Bundesliga zurückzukehren. Daran sieht man, wie schwer die Liga ist.“

Genau genommen startet der HSV jetzt den siebten Versuch. Dieses Schicksal wird Urbig unabhängig von dem des FC sicherlich nicht teilen, dafür ist er einfach jetzt schon zu gut.