Köln – Die Fotografen hatten am Samstagabend vor der Halle Tor 2 leichtes Spiel. Ihre Motive waren durchweg Menschen mit strahlenden Gesichtern. Sie ähnelten denen von glücklichen Kindern vor der Bescherung. Hätte der 1. FC Köln seine Weihnachtsfeier am Müngersdorfer Technologiepark dagegen vor neun oder zehn Tagen veranstaltet, wären schwer gefrustete Spieler wohl noch vom Weihnachtsmann mit der Rute gezüchtigt worden. Doch nach drei Siegen innerhalb von nur sieben Tagen fühlten sich Spieler, Trainer, Betreuer, Bosse und Mitarbeiter des 1. FC Köln, die in die festlich dekorierte Location gekommen waren, in Festtagsstimmung.
„Der Trainer hat gesagt: Erst Bremen weghauen, und dann feiern“, sagte Verteidiger Rafael Czichos nach dem schwer erkämpften 1:0 gegen den abgestürzten Rivalen Werder Bremen. Und Markus Gisdol fügte mit einem Schmunzeln an, seine einzige Sorge sei es, dass man bei der Party „Verstärkung im Biernachschub“ benötige.
Feierlaune und Zuversicht statt Agonie
So schnell kann sich also alles ändern: Nach der 0:2-Niederlage bei Union Berlin lag der ganze Verein noch in Agonie, drei Spiele und drei Siege später sind die Kölner auferstanden, spürbar erleichtert und zuversichtlich. Phönix aus der Asche kann einpacken.
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„Ich glaube, uns hätte jeder für verrückt erklärt, wenn wir vor der Woche gesagt hätten, dass wir neun Punkte holen. Aber die Jungs haben diese Woche sehr viel geleistet, wir haben auch gegen Leverkusen und Frankfurt super Spiele gemacht. Dass wir dann in einer Woche mehr Punkte holen, als in allen vorigen Spielen, ist schon kurios“, befand Torhüter Timo Horn nach dem zwar verdienten, am Ende aber auch etwas glücklichen Sieg gegen Bremen, den Stürmer Jhon Córdoba mit seinem vierten Saisontor in der 39. Minute besiegelt hatte.
Heldt: „Haben einen Brustlöser gebraucht"
Entscheidend für den Aufschwung war aber wohl das, war sich eine Woche zuvor ereignet hatte. Denn erst durch das 2:0 im Derby gegen Bayer 04 Leverkusen merkte der FC, dass er doch konkurrenzfähig ist und bekam endlich wieder mehr Sicherheit in sein eigenes Tun. „Wir haben einen Brustlöser gebraucht. Im Derby hatten wir das nötige Glück, das haben wir gebraucht, um auch anschließend erfolgreich zu sein. Ich denke, dass heute und auch schon gegen Leverkusen das Zusammenspiel zwischen Spielern, Stadion und Fans einfach super gepasst hat“, sagte Sportchef Horst Heldt nach dem Abpfiff am Samstag.
Trainer Gisdol setzt Zeichen
Es hat sich aber auch etwas getan beim 1. FC Köln – und daran hat Trainer Gisdol seinen Anteil. Die Mannschaft wirkt nicht mehr so fragil wie zuvor und insgesamt homogener. Vor allem die Defensive um die starken Rafael Czichos und Sebastiaan Bornauw ist stabiler. Zudem zeigten sich Leistungsträger wie Timo Horn und Jonas Hector deutlich verbessert und führten die junge Mannschaft an. Und Jhon Córdoba weiß nun endlich auch, wo in der Ersten Liga das Tor steht.
Gisdol hat intern einige Abläufe direkt vor dem Spieltag geändert und vor allem den Mut bewiesen, viel versprechende und vor allem laufstarke Nachwuchsspieler wie Noah Katterbach (18), Jan Thielmann (17) und Ismail Jakobs (20) zu bringen. Auch keiner der Arrivierten ist sich mehr seines Platzes in der Mannschaft sicher. Vizekapitän Marco Höger, der im Sommer noch hoch gehandelte Verteidiger Jorge Meré und der von den Fans verehrte Torjäger Anthony Modeste, die allesamt sei geraumer Zeit ihrer Form nachlaufen, finden sich auf der Bank wieder und wurden gegen Bremen nicht einmal eingewechselt. Florian Kainz, in Frankfurt nach seiner Einwechslung noch maßgeblich am Sieg beteiligt, kam ebenfalls nicht zum Einsatz. Und Louis Schaub stand gar nicht erst im Kader.
Am 4. Januar geht es nach Benidorm
Bis zum Trainingsauftakt am 3. Januar kann der FC jetzt Luft holen. „Jetzt gehen wir in den verdienten Urlaub. Da ist es auch mal wichtig, nicht an Fußball zu denken und im Kreis der Familie abzuschalten. Im neuen Jahr wollen wir da natürlich weitermachen“, sagte Heldt, der natürlich weiß, dass der FC noch nichts gewonnen hat. Möglicherweise wird der Sportchef auch noch mal auf dem Transfermarkt tätig.
Die Grundlagen für die Rückrunde will der FC im Trainingslager an der Costa Blanca legen. Die Kölner bereiten sich vom 4. bis 11. Januar nahe der Hochhauswüste Benidorm vor, dem „Manhattan“ für englische Pubproletarier und durstige Rentner, die der nasskalten Brexit-Heimat entfliehen.
Der 1. FC Köln wird sich in Benidorm dagegen auf das für ihn Wesentliche konzentrieren. Bis dahin sollten auch wieder Jonas Hector und Kingsley Ehizibue fit sein, die zwar gegen Bremen angeschlagen ausgewechselt werden mussten, sich allerdings keine strukturellen Verletzungen zugezogen haben, wie der FC am Sonntag mitteilte. Noch so eine gute Nachricht.