Köln – Am Montag war es vier Wochen her, dass der 1. FC Köln den FC Bayern im Test in Villingen 3:2 besiegte. Julian Nagelsmann debütierte damals an der Seitenlinie der Münchner und stellte anschließend schwierige Wochen in Aussicht: Nach den Turnieren des Sommers würde er lange auf seine Stars warten müssen, den Test gegen den FC hatte er mit einer Talent-Auswahl des Rekordmeisters bestreiten müssen.
Steffen Baumgart hatte in Villingen zwar einen guten Auftritt seiner Mannschaft gesehen, allerdings in der frühen Phase der Vorbereitung noch keine großen Schlüsse ziehen wollen, jedenfalls nicht öffentlich. Intern hatte der Trainer in der Analyse des Spiels durchaus angedeutet, dass er mit der Spielweise, die im Test zwar zu zwei Gegentreffern, aber eben auch zu drei eigenen Toren geführt hatte, auch gegen die Münchner Bestbesetzung eine Chance haben werde. Seine Mannschaft hatte er am Tag nach dem Test zu nachhaltig mutigem Spiel aufgerufen. Der Plan werde zwar nie zu 100 Prozent aufgehen, weil es das nicht gibt im Fußball, erst Recht nicht gegen die Bayern. Baumgart spielt wie jeder Trainer gern zu null, doch sind Gegentreffer Teil seiner Spielanlage. Doch wenn der Gegner ein Tor erzielt, heißt das für Baumgart noch lange nicht, dass jemand etwas falsch gemacht hat.
Baumgart fordert Mut
Der Trainer, das ist in den ersten Wochen seiner Kölner Zeit immer wieder deutlich geworden, zeigt nicht mit dem Finger auf vermeintliche Schuldige. Im Gegenteil verlangt er zwar extrem viel von seinen Leuten. Doch solange jeder mutig spielt, intensiv und nach vorn gerichtet, muss sich niemand Gedanken machen. Denn Baumgart bezieht Gegentore und auch Niederlagen, die sich aus dem Spiel seiner Mannschaft ergeben, zunächst auf sich. Es sei seine Aufgabe, Lösungen zu finden, sagt er.
Am Sonntag (17.30 Uhr) tritt der 1. FC Köln nun bei den Bayern an, die mit einer ungleich prominenteren Mannschaft auflaufen werden als mit der Testspielbesetzung aus dem Schwarzwald. Als die Deutsche Fußball Liga den Spielplan bekannt gab, hat Baumgart irgendwo gelesen, dass am zweiten Spieltag nichts zu holen sein werde für seine Mannschaft. Das hat den Coach geärgert, immer wieder hat er das zuletzt thematisiert. „Ich will nicht hören, dass wir da nicht hinzufahren brauchen“, sagte er nach dem 3:1-Sieg gegen Hertha BSC am ersten Spieltag.
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Im Gegenteil planen die Kölner, auch die Bayern aggressiv anzulaufen und unter Stress zu setzen. Womöglich, so heißt es am Geißbockheim, komme die Münchner Starbesetzung sogar weniger gut damit zurecht als die Jugendauswahl, gegen die der FC im Test gewann. Denn die Bundesliga-Mannschaft der Bayern ist nicht unbedingt daran gewöhnt, dass ihr im eigenen Stadion schon am eigenen Strafraum gegnerische Spieler um die Ohren fliegen. Und exakt das haben die Kölner in der Allianz-Arena vor. „Ich habe noch nie zu meiner Mannschaft gesagt, wir spielen mal hier auf Ergebnis und gucken, dass wir irgendwie durchkommen. Wie soll ich meinen Spielern, die jeden Tag von mir nach vorn gepeitscht werden, plötzlich sagen, sie sollen sich hinten reinstellen? Was soll ich da am Spielfeldrand überhaupt reinrufen?“, fragte Baumgart neulich im Gespräch mit dieser Zeitung. Und kündigte an: „Vor dem zweiten Spieltag wird man von mir also hören, dass ich bei Bayern München gewinnen will.“
Aufgeben ist keine Option
Beim FC Bayern, auch diese Erfahrung hat der 1. FC Köln in den vergangenen Jahren machen müssen, kann man allerdings auch recht früh deutlich zurückliegen. Dann wird es darum gehen, die Nerven zu bewahren – und dem Trainer weiterhin zu glauben, dass er eine Niederlage nicht einzelnen Spielern zuordnen wird, sondern tatsächlich allen – nicht zuletzt sich selbst. Wer die Bayern ohne Rücksicht attackiert, laufe zwar Gefahr, sich eine Klatsche einzuhandeln. Doch diese Gefahr ist nicht viel geringer, wenn man sich am eigenen Sechzehner eingräbt und nichts tut als zu hoffen.
Gegen die Hertha hat sich der FC den nötigen Mut verschafft. Zudem scheinen die Spieler ihren mitunter so grimmig wirkenden Trainer mittlerweile ausreichend ins Herz geschlossen zu haben, um darauf zu vertrauen, bei einer Niederlage in München nicht abgeschrieben zu werden. Dieses Versprechen hat Baumgart der Mannschaft gegeben, und die scheint ihm zu glauben. Zuletzt zeigte er sich jedenfalls entschlossen, seine Leute auch im Falle eines drastischen Rückstands weiter nach vorn zu treiben. Aufgeben wird der FC in München nicht: „Ich meine das ernst“, sagt Baumgart: „Es ist erst vorbei, wenn der Abpfiff kommt – und der Trainer aufhört zu brüllen.“