AboAbonnieren

1. FC Köln nach dem Pokal-AusBaumgarts Mannschaft findet eine neue Art zu scheitern

Lesezeit 5 Minuten
SchiriSchlager_Kainz

Aus und vorbei: Schiedsrichter Daniel Schlager hat die Partie beendet und tröstet Florian Kainz (M.).

Köln – Als es vorbei war, legte Daniel Schlager den Arm um die tragische Figur des Abends. Er habe Florian Kainz gesagt, „dass es mir leid tut, die Regeln aber so sind und ich ihm alles Gute wünsche“, sagte der Schiedsrichter des DFB-Pokal-Achtelfinals zwischen dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV, das nach einem kuriosen Elfmeterschießen 5:4 (0:0, 1:1, 4:3 i.E.) für den HSV geendet war.

Kainz hatte zwar das Tor getroffen, allerdings dabei den Ball zweimal berührt. Beim Schuss war er ausgerutscht und hatte sich den Ball selbst ans Standbein geschossen. Diese doppelte Berührung hatte einerseits für einen erstaunlichen Ballflug gesorgt. Andererseits aber auch den Schiedsrichter auf den Plan gerufen. An den Gesichtern der umstehenden Spieler hatte man schon ablesen können, dass etwas nicht nach Plan und Regeln verlaufen war. Kainz war zwar rasch abgedreht und tat so, als wolle er sich zu seinen Kollegen am Mittelkreis begeben. Doch auch der Österreicher strahlte eine gewisse Unsicherheit aus. FC-Sportchef Jörg Jakobs hatte gleich ein schlechtes Gefühl. „Ich habe mich über die Flugkurve des Balls gewundert und schon so etwas befürchtet. Die Reaktion des Schiedsrichters kam dann relativ schnell, und ich befürchte mal, er hatte Recht.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Schlager hatte nicht lange gerätselt. „Als Schiedsrichter schaut man auf den ausführenden Spieler. Ich habe die Flugbahn des Balles gesehen und dass er mit dem einen Bein wegrutscht und sich selbst anschießt. Damit war es eine Doppelberührung, der Elfmeter verwirkt. Im laufenden Spiel hätte es einen indirekten Freistoß gegeben, so war der Ausgang dann bitter für Köln“, sagte der 32-Jährige, der die Partie per Handbewegung sofort für beendet erklärt hatte.

„Florian Kainz wusste, was kommt“

Proteste blieben aus, zunächst fehlte allerdings wohl auch die Diskussionsgrundlage. „Die Spieler sind nicht ganz so regelfest wie wir Schiedsrichter, aber das konnte ich schnell auflösen“, sagte der Referee so unaufgeregt wie freundlich: „Florian Kainz wusste, was kommt. Er hatte ein Gespür, dass es nicht korrekt war.“ Kaum jemand im Stadion hatte die Aktion so genau gesehen wie der Schiedsrichter und sein Video-Assistent, der die Szene wie jedes Tor sofort analysierte. „Es waren wohl zwei Kontakte. Ich hätte auch gedacht, dass der Elfmeter wiederholt wird. Aber die Regel ist anders“, kommentierte Rechtsverteidiger Benno Schmitz, einer von fünf eingewechselten Stammspielern beim FC.

Köln und HSV liefern einen offenen Kampf

Dabei hatten die Kölner es trotz der zahlreichen Wechsel geschafft, dem Zweitligisten einen offenen Kampf zu liefern. Es war ein zerfahrenes, allerdings nicht uninteressantes Spiel vor der abstrusen Kulisse von 750 geimpften oder genesenen Zuschauern, die sich mit Masken geschützt im 50 000 Zuschauer fassenden Rhein-Energie-Stadion verloren. Köln hatte die Partie zunächst dominiert, allerdings noch vor der Pause zwei große Chancen zugelassen. Im zweiten Durchgang hatte sich ein offener Abtausch entwickelt, und obgleich Steffen Baumgart zwischen der 60. und der 76. Minute vier Leistungsträger einwechselte, fand seine Mannschaft nicht mehr ihren Rhythmus.

Stattdessen gingen die Gäste in der zweiten Minute der Verlängerung durch Glatzel in Führung, Anthony Modeste schaffte es allerdings in der Nachspielzeit doch noch, per Elfmeter auszugleichen, nachdem er selbst gefoult worden war. Das etwaige Momentum des späten Ausgleichs konnten die Kölner nicht ins Elfmeterschießen retten. Salih Özcan als erster Schütze schoss deutlich zu unplatziert. Zwar parierte Marvin Schwäbe anschließend Kittels Versuch, und weil Duda, Ljubicic und Modeste trafen, war das Wettschießen vom Punkt bis zum letzten Schützen offen. Dann aber lief Florian Kainz an – und gab seinen Fehlschuss ins Unglück ab.

Baumgart_Kainz

Steffen Baumgart und Florian Kainz am Mittwochmorgen auf dem Trainingsplatz

Der 1. FC Köln hatte damit den Beweis angetreten, dass auch ein an Kummer gewöhnter Traditionsklub im 74. Jahr seines Bestehens noch neue Wege des Scheiterns finden kann, was all jenen Fans eine Warnung sein sollte, die glauben, ihnen könne nicht mehr viel passieren, weil ihnen ja schon alles passiert sei. Die Niederlage daheim gegen einen Zweitligisten schmerzte dabei besonders, denn das verbliebene Teilnehmerfeld hätte den Kölnern durchaus Aussichten auf weitere Pokalrunden eröffnet. „Es wäre womöglich das einfachste Jahr gewesen. Aber wir müssen jetzt nach vorn schauen und in der Liga punkten. Wir sind mental sehr stark, die Trainer stellen uns gut ein. Darum befürchte ich nicht, dass nach zwei Niederlagen die Köpfe runtergehen und wir nicht mehr performen“, sagte Marvin Schwäbe.

Baumgarts erster großer Rückschlag

Für Steffen Baumgart und seine Mannschaft war es sportlich der erste große Rückschlag, denn der FC ließ am Dienstagabend eine realistische Chance auf viel Geld und Renommee aus. In der Bundesliga allerdings haben die Kölner trotz der jüngsten Pleite gegen den FC Bayern (0:4) weiter gute Aussichten auf eine erfolgreiche Saison. Am Samstag (18.30 Uhr) steht die Partie beim VfL Bochum an. Der Aufsteiger steht derzeit fünf Punkte hinter dem FC, die Kölner könnten sich also einen Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib vorerst und womöglich endgültig vom Hals halten. Außerdem gehört der FC nach wie vor dem erweiterten Kreis der Bewerber um einen Platz im europäischen Wettbewerb an. Jörg Jakobs mahnte daher noch am Dienstagabend zu voller Konzentration. „Wir sind noch ein paar Stunden enttäuscht. Aber Bochum wird eine echte Herausforderung, auf die es sich vorzubereiten gilt.“