Köln – 250 Kilometer – das war die gemeinsame Laufleistung der beiden Mannschaften, die am Sonntagabend in Müngersdorf aufeinandertrafen. In keinem anderen Stadion der Liga wurden am vergangenen Wochenende auch nur ansatzweise vergleichbare Wege zurückgelegt: Köln und Hoffenheim waren mit jeweils leicht mehr als 124 Kilometern pro Team die laufstärksten Mannschaften des 25. Spieltags.
Die Zahl ist ein guter Beleg für die Intensität, mit der die Gegner ihrer Arbeit nachgingen. Es war ein bemerkenswertes Spiel zweier Mannschaften, die einander 90 Minuten lang wissen ließen, dass sie nicht bereit waren, auch nur einen Quadratzentimeter herzugeben. Es hatte sich angedeutet: Köln und Hoffenheim sind die Mannschaften, die die meisten Tore in der Schluss-Viertelstunde erzielen. Keine Mannschaft gewinnt so viele Punkte nach Rückständen wie die Hoffenheimer. Die Kölner hatten zuletzt in Leipzig unter Beweis gestellt, dass sie auch bei einem 0:3-Rückstand nicht von ihrem Weg abweichen, selbst wenn der Untergang droht. In Leipzig gelang dem FC immerhin noch das 1:3, am Sonntag hätte es beinahe noch zum Ausgleich gelangt, der dann angesichts der Hoffenheimer Großchancen nicht unbedingt verdient gewesen wäre, aber auch kein schreiendes Unrecht.
Baumgart zufrieden mit der Leistung
Steffen Baumgart differenziert stets zwischen Leistung und Resultat, auch bei Siegen verfährt der Kölner Trainer auf diese Weise. „Ich habe eine sehr gute Kölner Mannschaft gesehen. Es war ein hochintensives und sehr gutes Spiel. Wir hätten das eine oder andere Tor kassieren, aber auch erzielen können. Wir waren mutig, genau das möchte ich sehen. Ein Unentschieden wäre vielleicht gerecht gewesen. Respekt, wie meine Mannschaft gekämpft hat. Wir haben uns nur nicht belohnt“, resümierte der 50-Jährige.
Hoffenheim und Köln teilen sich einen weiteren Spitzenwert: Niemand schlägt so viele Flanken wie die beiden Kontrahenten vom Sonntag, allein David Raum bringt mehr Bälle vor das gegnerische Tor als mancher Bundesligist. Der Nationalspieler hat Tempo, Aggressivität und die Fähigkeit, Bälle mit viel Zug und Schnitt zu servieren. Es kam nicht weiter überraschend, dass es Raum war, der nach einer Stunde den Ball lieferte, den Stefan Posch ins Tor köpfte. Raum sprach hinterher von einem „geilen, ekligen Sieg: Wir haben das 1:0 geschickt verteidigt.“
Tatsächlich kamen die Kölner zu vergleichsweise wenigen klaren Chancen, während Ilhas Bebou eine Gelegenheit nach der anderen ausließ – mit dem kuriosen Höhepunkt eine halbe Minute nach Wiederanpfiff, als er einen freien Kopfball aus nächster Nähe an den Pfosten setzte. „Wir hätten es uns einfacher machen können, indem wir früher das 2:0 erzielen. Am Ende haben wir das Glück ein bisschen strapaziert. Wir hatten richtig gute Chancen, waren aber nicht kaltschnäuzig genug. Wenn du diese Chancen nicht machst, brauchst du gegen eine Mannschaft wie Köln auch das Quäntchen Glück, um zu gewinnen“, befand TSG-Trainer Sebastian Hoeneß.
Bebou hatte nach 55 Minuten vom Platz gemusst, es war eine Grundsatz-Entscheidung: Nimmt man den gefährlichsten Mann vom Feld, weil man die Hoffnung aufgibt, dass er in diesem Spiel noch ein Tor erzielen kann? Oder bleibt man zuversichtlich und geht davon aus, dass früher oder später ein Ball reinfällt? Für Bebou dürfte die Auswechslung schwierig gewesen sein. Jeff Chabot dagegen hatte anschließend ein Problem weniger: Der 24-jährige Winterzugang der Kölner hatte seine liebe Mühe mit dem enorm beweglichen Bebou gehabt und sich nach schwierigem Start versucht, von einem Zweikampf zum nächsten zu steigern. Immerhin behielt der Innenverteidiger die Nerven, offenbar hatte der Trainer ihn gut vorbereitet: „Wir wussten, was mit Hoffenheim auf uns zukommt – viel Qualität und die Tatsache, dass Räume da sein werden.“
Lemperle und Andersson vergeben
In den Schlussminuten hätte Köln dennoch ausgleichen können, als Lemperle und Andersson vergaben. Baumgart hatte mit seinen Wechseln gezeigt, dass auch er den Glauben nicht verloren hatte – und noch einmal alles an Offensive gebracht, was seine Bank hergab. Die Europa League ist für den FC damit vorerst außer Reichweite. Doch der siebte Rang, der je nach Ausgang des Pokal-Endspiels für die Conference League reichen würde, ist weiter nur einen Punkt entfernt. Die Kölner werden ihrem Glück also weiter hinterherrennen - und es womöglich sogar noch einholen.