Köln – Die Erleichterung war groß am Sonntagnachmittag in Müngersdorf, die Kölner unter den 50 000 Zuschauern waren bereits wohlgelaunt auf dem Heimweg, doch Steffen Baumgart haderte noch ein wenig. Der Trainer hatte seine Schwierigkeiten, sich über das Comeback seines 1. FC Köln beim 2:2 (0:2) im Nachbarschaftsduell mit Bayer 04 Leverkusen zu freuen. Beinahe schien ihn die grassierende gute Stimmung zu ärgern, obgleich er wusste, dass er angesichts des Spielverlaufs nicht umhin kam, Frohsinn zu verbreiten: „Wenn du 0:2 hinten liegst und noch das 2:2 machst, musst du zufrieden sein. Das war es dann aber auch“, grummelte der Coach.
Ärger über die Gegentore
Er war also zufrieden, aber auch nur, weil die Fehler seiner Spieler nicht zu der Niederlage geführt hatten, nach der es zunächst ausgesehen hatte. Das änderte jedoch nichts an Baumgarts Ärger über die Gegentore in der 15. und 17. Minute. Entsprechend zufrieden dürfte er zur Kenntnis genommen haben, dass seine Mannschaft sich zwar höflich bei den Tribünen bedankt, auf überschwängliches Feiern allerdings verzichtet hatte. Zu viel war missglückt an diesem sonnigen Herbsttag. „Die zwei Dinger legen wir selbst vor, das ist unnötig“, sagte Baumgart.
Tatsächlich hatten die Tore gegen eine in der ersten halben Stunde furios aufspielende Leverkusener Mannschaft wenig mit dem grundsätzlichen Kölner Spielsystem zu tun, das auf einem einerseits aktiven, aber vor allem mutigen Ansatz beruht, der vor dem eigenen Tor viel Raum lässt. Der Kölner Fußball dieser Saison beruht auf der Annahme, dass es der Gegner eher nicht in diesen Raum schafft, zumal nicht mit dem Ball. Doch gerade gegen eine Tempomannschaft wie die aus Leverkusen ist es extrem wichtig, den Ball nicht in ungünstigen Momenten zu verlieren. Doch genau das geschah zunächst derart oft, dass nach dem 0:5 in Hoffenheim das nächste Debakel in Reichweite schien.
Bayer 04 lauerte auf Fehler. Kein schlechter Plan, doch funktionierte der vor allem, weil sich der FC teils drastische Fehler erlaubte. So vor dem 0:1, als Mittelstürmer Anthony Modeste einen Diagonalpass durchs Mittelfeld schickte, der eine hübsche und vom Trainer grundsätzlich durchaus gewünschte Spielverlagerung bedeutet hätte – hätte Andrich den Ball nicht abgefangen und anschließend das 1:0 der Werkself eingeleitet. Baumgart hätte von Modeste lieber einen einfachen Pass zum Nebenmann gesehen. „Tony wollte zu viel, Dejan Ljubicic stand gut. Den Ball kann man so nicht spielen. Nicht auf dem Niveau. Es war ja überhaupt keine Druck-Situation“, sagte Baumgart. Vor dem zweiten Gegentreffer zeigte Florian Wirtz zwar seine Brillanz, sowohl sein Lupfer gegen Benno Schmitz als auch der getupfte Pass in den Kölner Strafraum waren überragende Aktionen. Aber auch in diesen Momenten trugen die Kölner ihren Teil bei: Czichos sicherte nicht durch, verteidigte inkonsequent. Die Kölner lagen zur Pause vor allem wegen dieser Fehler zurück – und deshalb, weil sie die Räume nicht konsequent attackiert hatten, die sich in der Leverkusener Abwehr nicht nur in der zweiten, sondern schon in der ersten Halbzeit aufgetan hatten.
„Nicht in die Hosen machen“
In der Pause war es Baumgart daher vor allem darum gegangen, seine Mannschaft aufzurichten. „Ich habe sie einfach darum gebeten, Mut zu haben, sich nicht in die Hosen zu machen und umzusetzen, was wir besprochen hatten“, beschrieb der Trainer. Timo Horn war ebenfalls zufrieden mit dem Ausgang, wenngleich er sagte, man müsse über die „erste halbe Stunde noch reden, wir haben zu viele Fehler gemacht“. Köln hätte höher zurückliegen können, hatte aber mehrfach Glück gehabt, dass jeweils die falschen Leverkusener im Konter am Ball gewesen waren – und nicht etwa Wirtz oder Schick.
Nach 30 Minuten hatten sich die Gastgeber gefangen, was angesichts des 0:5 von vor einer Woche eine reife Leistung war. „Wir sind nicht untergegangen wie in Hoffenheim, sondern haben eine Reaktion gezeigt. Wir wollten am Ende den Sieg. Genau diesen Mut fordert der Trainer“, sagte der Torwart.
Die Partie konsequent gedreht
Köln schaffte es, die Partie langsam, aber konsequent zu drehen, bereits zum vierten Mal in dieser Saison glich die Mannschaft Rückstände aus. Anthony Modeste mit seinen Treffern in der 63. und 82. Spielminute stellte den Gleichstand her. Leverkusen zahlte den Preis für eine sehr aktive Anfangsphase und das intensive Spiel in der Europa League unter der Woche gegen Real Betis (1:1). Und wie so oft in dieser Saison hatte der FC die letzten Chancen des Spiels: Jan Thielmann gab einen spektakulären Fernschuss ab, dann hätte Sebastian Andersson per Kopf zum 3:2 treffen können, ohne dafür ein Wunderstürmer sein zu müssen.
Auch das merkte Baumgart hinterher an, während Sportchef Jörg Jakobs bereits seinen Frieden mit dem Remis schloss. „Es hat sich ja wieder etwas angebahnt wie in Hoffenheim. Da war es wichtig, sich korrigieren zu können und einen Teilerfolg mitzunehmen.“ Baumgart gab bereits neue Ziele aus: Am Mittwoch (20.45 Uhr) spielt der FC in der zweiten Pokalrunde beim VfB Stuttgart, Samstag steht dann das nächste Bundesligaduell in Dortmund an. Der Plan: „Beide Spiele gewinnen. Wir sind in der Lage dazu. Die Mannschaft muss es nur umsetzen.“