FC-Vizepräsident Carsten Wettich geht eigene Wege: Der 45-Jährige will im Herbst erneut kandidieren – allerdings nicht mehr mit Wolf und Sauren.
Vorstand des 1. FC KölnVize Carsten Wettich will mit eigenem Team kandidieren

FC-Vizepräsident Carsten Wettich hat sich bei der Findungskommission des Mitgliederrats mit einem eigenen Team beworben, um im Herbst dem neuen Präsidium anzugehören.
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Am Samstagmittag erfuhren die Mitglieder des 1. FC Köln aus dem Newsletter ihres Vorstands, dass Werner Wolf, Carsten Wettich und Eckhard Sauren keine erneute gemeinsame Kandidatur planen. Eine große Überraschung war das nicht mehr. Spätestens seit der Mitgliederversammlung im vergangenen September rechneten die Beobachter des Vereins damit, dass der amtierende Klubvorstand seine Arbeit nicht fortsetzen würde, zumindest als Trio. Damals verweigerten die Mitglieder dem Präsidium um Werner Wolf die Entlastung für die Abstiegssaison 2023/24. Zuvor war das in der Geschichte des Klubs nur einmal vorgekommen, als die FC-Fans Weltmeister Wolfgang Overath im Jahr 2010 einen Denkzettel verpasst hatten.
Für Werner Wolf sowie seine Vizepräsidenten Eckhard Sauren und Carsten Wettich war es ein Schlag, besonders über Wettich hieß es anschließend, er sei schwer getroffen und unterziehe seine Motivation, weitere Arbeit in den Verein zu investieren, einer intensiven Prüfung. Dabei hatte er Verständnis für die Entscheidung der 652 Mitglieder im Saal, die angesichts eines Geschäftsjahres voller Rückschläge ihrem Ärger Luft machen wollten. Die Zusammenarbeit mit dem Mitgliederrat, jenem Gremium also, aus dem Wettich einst selbst ins Präsidium aufgestiegen war, schien jedoch irreparabel beschädigt.
1. FC Köln: Wettich will Kurs fortsetzen
Allerdings amtiert seit dem vergangenen September ein neuer Mitgliederrat. Wettich zog sich zuletzt merklich aus der Öffentlichkeit zurück. Entschied sich aber nach Gesprächen auch mit der Familie, dass für ihn noch nicht Schluss sein soll beim 1. FC Köln. Stattdessen will er im kommenden Herbst wieder zur Wahl antreten – allerdings mit neuen Gefährten.
Der Mitgliederrat hat in diesem Jahr die Suche nach einem Vorstand angepasst. Zuletzt konnten sich nur vollständige Trios bewerben. In diesem Jahr haben auch Einzelpersonen die Möglichkeit, ihr Interesse bei der Findungskommission zu hinterlegen. Gleichzeitig hat das Gremium auch selbst nach Kandidatinnen und Kandidaten gesucht. Schließlich ist das Vorschlagsrecht eines Vorstandsteams die wichtigste Aufgabe des Mitgliederrats – die zwölf Räte, die im Herbst ins Gremium gewählt wurden, haben großes Interesse daran, ihr erstes Jahr im Amt mit einem geeigneten Vorstandvorschlag abzuschließen.
Der Mitgliederrat muss seinen Vorschlag bis spätestens 15. August bei der Wahlkommission einreichen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass der Vorschlag noch vor den Sommerferien öffentlich wird. Im Herbst steht dann die Wahl an. Es gibt viel Arbeit zu erledigen am 1. FC Köln. Mit Wettichs Nominierung wäre zunächst einmal sichergestellt, dass ein neuer Vorstand nicht bei null beginnen müsste, sondern auf viel Erfahrung in der Gremienarbeit zurückgreifen könnte. Ein nicht unerheblicher Faktor beim FC.
Seit Januar hat die Findungskommission Gespräche mit Kandidaten geführt; in einem Newsletter teilte das Gremium Ende März mit, man habe zuletzt „gezielt Akquise betrieben und aktiv Personen angesprochen, die zu unserem Anforderungsprofil passen“. Einen Teil der Arbeit hat Carsten Wettich seinem ehemaligen Gremium nun abgenommen. Er war selbst Mitglied der Findungskommission, die Werner Wolf, Eckhard Sauren und den nach 100 Tagen zurückgetretenen Jürgen Sieger ins Amt hievte. Der 45-Jährige bewarb sich nun gleich mit einem vollständigen Team. Neben Wettich soll Tuğba Tekkal als zweite Vizepräsidentin fungieren.
Ja, das ist richtig, wir wollen mit diesem Team zur Wahl antreten. Mehr will und kann ich aber aktuell noch nicht sagen. Wir werden uns zu einem späteren Zeitpunkt äußern
Tekkal, geboren 1985 in Hannover, war selbst Profifußballerin und schaffte einst mit dem 1. FC Köln den Aufstieg in die Bundesliga. Nach ihrer sportlichen Karriere gründete sie 2016 das Projekt „Scoring Girls“, das Mädchen aus benachteiligten Verhältnissen durch Fußball fördert. Als Menschenrechtsaktivistin setzt sie sich für Integration, Frauenrechte und Demokratie ein und wurde dafür 2024 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Tekkal ist kurdisch-jesidischer Herkunft und wuchs mit zehn Geschwistern auf. Sie wäre die erste Frau in einem FC-Vorstand. Und mit 40 Jahren auch das jüngste Präsidiumsmitglied der Klubgeschichte.

Tugba Tekkal in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" im November 2023. Die ehemalige FC-Spielerin bewirbt sich um ein Amt im FC-Vorstand.
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Präsident soll Wilke Stroman werden. Der Unternehmer, geboren 1980 in Emden, Ostfriesland, gründete im Jahr 2000 als 20-Jähriger die Sparhandy GmbH, die sich vom Ein-Mann-Betrieb zu einem führenden Online-Anbieter für Mobilfunkverträge und Smartphones mit mehr als einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz entwickelte. Der Wahl-Kölner führte das Unternehmen 2019 zum Verkauf an die Schweizer Mobilezone Holding und ist seitdem CEO von Mobilezone Deutschland. Stroman gilt als kommunikativ und gut vernetzt – und wirtschaftlich unabhängig.
Carsten Wettich hat seine bisherigen Kollegen Wolf und Sauren über seine Pläne informiert, auch im Geißbockheim ist an den entscheidenden Stellen hinterlegt, dass der Anwalt seine Arbeit am FC gern fortsetzen möchte. Dem Mitgliederrat teilte das Team bereits vor zehn Tagen mit, dass man sich um eine Nominierung bewerbe. Sollte das Gremium andere Interessenten bevorzugen, hätten Stroman, Wettich und Tekkal die Möglichkeit, Unterstützer-Stimmen von FC-Mitgliedern zu sammeln und eine eigene Bewerbung auf die Beine zu stellen. Ob Stroman und sein Team diese Möglichkeit wahrnehmen würden, war nicht zu erfahren. Offenbar gilt der Grundsatz: eins nach dem anderen.
Spannende Konstellation, die zu einem Machtkampf beim 1. FC Köln führen könnte
Werner Wolf und Eckhard Sauren haben sich bislang nicht zu ihren weiteren Ambitionen geäußert. Würden die beiden Vorstände ebenfalls zu dem Schluss kommen, sich weiter engagieren zu wollen, entstünde eine interessante Konstellation: Dann müsste ein Vorstand bis zum Herbst gemeinsam für den FC arbeiten, der gleichzeitig in einem Wahlkampf gegeneinander steht.
Im Newsletter am Samstag dokumentierte der Vorstand, dass man diese mögliche Konfliktlage im Auge habe. „Die enge Zusammenarbeit der letzten fünfeinhalb Jahre, die von inhaltlicher Überzeugung und Teamgeist geprägt war, werden wir bis zum Ende fortführen. Wir sehen es als unsere Verantwortung an, die wichtigen strategischen Prozesse bis zum Schluss im Sinne des Klubs bestmöglich weiterzuführen und eine geordnete Übergabe an die zukünftige Führung zu gewährleisten“, hieß es da.

Wilke Stroman gründete bereits in jungen Jahren sein Unternehmen, das er im Jahr 2019 verkaufte. Der gebürtige Ostfriese engagiert sich nun unter anderem als Startup-Investor.
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Auf Anfrage bestätigte Wettich seine Ambitionen, angesichts des frühen Stadiums seiner Bewerbung verzichtete er aber vorerst auf Details. „Ja, das ist richtig, wir wollen mit diesem Team zur Wahl antreten. Mehr will und kann ich aber aktuell noch nicht sagen. Wir werden uns zu einem späteren Zeitpunkt äußern“, teilte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit.
Wettichs Team wäre nicht nur das erste Präsidium, dem eine Frau angehört. Es wäre auch das jüngste Vorstandsteam der jüngeren Vereinsgeschichte. Allerdings sei angemerkt: Als Franz Kremer 1948 den 1. FC Köln gründete, war der „Boss“ selbst erst 42 Jahre alt. Bis zur ersten Deutschen Meisterschaft mit seinem FC musste er allerdings 14 Jahre warten. Für Wettich und seine Mitstreiter wäre das aber wohl eine Aussicht, in die man durchaus einwilligen könnte.