Herr Funkel, Ihre aktive Bundesliga-Karriere als Spieler und Trainer ist nach 1491 Partien oder einem halben Jahrhundert beendet. Haben Sie das schon richtig realisieren können?Funkel: Nach dem Spiel in Kiel überwog erst einmal bei allen die pure Erleichterung. Jetzt löst sich langsam die Anspannung, aber die Verarbeitung dauert noch an. Am Montag bin ich deshalb zum Abschalten nach Holland ans Meer gefahren. Ich bin einfach froh, dass ich so die Bühne Bundesliga verlassen konnte, besser hätte es nicht sein können. Ich danke der Mannschaft dafür.
Sind Sie mit Ihrer Karriere im Reinen?
Absolut. Das war ich schon vorher, aber jetzt nach der kurzen Zeit beim FC noch ein bisschen mehr. Ich blicke ohne jeden Groll auf fast 50 Jahre Bundesliga-Fußball zurück. Große Titel spielen für mich nicht die Hauptrolle, ich war halt oft bei Vereinen, bei denen diese in der Bundesliga einfach nicht drin waren. Aber auch bei diesen Klubs haben wir Erfolge gefeiert. Ich durfte zudem bei vielen Traditionsvereinen in pulsierenden Städten arbeiten. Die Zeit war wunderschön.
Sie galten lange Zeit als spröde. Täuscht der Eindruck, dass Sie sich zuletzt etwas verändert haben?
Nein, das habe ich auch so erlebt. Ich habe in den letzten Jahren auch überregional mehr Anerkennung bekommen. Und das tut jedem Menschen gut. Das hat sicher auch mit meinen letzten Stationen zu tun. Wer mich privat kennt, der weiß, dass ich nicht spröde bin, dass ich das Leben liebe, gesellig bin und auch mal gerne in die Kneipe gehe. Und sicherlich bin ich mit den Jahren auch lockerer, selbstbewusster und gelassener geworden.
Die Ruhe hatten Sie auch nach Rückschlägen beim FC bewahrt. Waren Sie nach dem 1:4 gegen Freiburg und dem 0:1 gegen Kiel wirklich so sicher, dass Ihr Rettungs-Plan aufgehen würde?
Ich war von Anfang an überzeugt davon, dass wir die Rettung schaffen werden. Selbst nach der Heimniederlage gegen Kiel. Denn mir war klar, dass die Entscheidung im Rückspiel fällt. Deshalb hatte ich in Köln auch Andersson, Kainz, Horn und Ehizibue nicht gebracht. Ich wusste, dass ich sie fit im Rückspiel benötige. Nach dem 0:1 habe ich die Herangehensweise verändert und die Mannschaft am Tag danach in Ruhe gelassen. Ich habe aber eine Ansprache gehalten und an das Selbstbewusstsein und die Fähigkeiten der Spieler appelliert. Freitagmorgen haben wir den Spielern nur positive Spielszenen gezeigt. Am Samstagvormittag habe ich auf die Sitzung verzichtet, stattdessen sind wir spazieren gegangen. In der Ansprache vor dem Anpfiff habe ich ganz auf Emotionen gesetzt.
In der Saisonendphase standen Ihnen mit Hector, Kainz, Andersson und Bornauw wieder Spieler zur Verfügung, die dem FC zuvor wochen- oder monatelang gefehlt hatten.
Wenn die vier dauerhaft und im Vollbesitz ihrer Kräfte einsatzfähig gewesen wären, dann hätte die Mannschaft deutlich besser abgeschnitten, Markus Gisdol wäre noch im Amt und wir säßen hier auch nicht zum Interview. Die Mannschaft ist nicht so schlecht zusammengestellt, wie zum Teil angeprangert. Dass allgemein bei einem Sportchef nicht jeder Transfer sitzen kann und dieser dafür auch Kritik einstecken muss, das ist völlig normal. Vielleicht hätte der FC auch Simon Terodde nicht abgeben dürfen, ich hätte das nicht gemacht. Aber insgesamt war das lange Fehlen dieser vier Schlüsselspieler entscheidend. Hätten Sie gespielt, wäre auch Horst Heldt wohl noch im Amt. Er ist nicht der Alleinschuldige.
Die Trennung vom Geschäftsführer Sport erfolgte nur wenige Stunden nach dem 5:1-Sieg in Kiel und den Feierlichkeiten. Das ist für viele nicht zu verstehen.
Auch für mich kam das überraschend. Horst hat gute Dinge gemacht und weniger gute, das weiß er auch selbst. Man muss aber ganz klar sagen: Er hat zweimal mit der Mannschaft das Ziel Klassenerhalt erreicht. Und viel mehr war unter den Umständen nicht möglich. Wohl fast ganz Köln hatte am Tag zuvor gefeiert, wir wollten das mit Horst und Alexander Wehrle dann am Sonntagnachmittag mit einer kleinen Garten-Party eigentlich nachholen. Die fiel anders aus als geplant.
Wie beurteilen Sie die Umstände der Freistellung? Heldt ging am Sonntag beim Treffen mit dem Vorstand von einer Saisonanalyse aus und erfuhr erst am Ende von seinem Aus.
Ich bin ja auch einige Male freigestellt worden, doch bis auf meine Station bei Fortuna ist das immer respektvoll abgegangen. Niemals war von mir eine Analyse verlangt worden – um mich danach freizustellen. Wenn die Entscheidung feststeht, dann sollte man das lassen.
Wie sehen Sie den FC aufgestellt?
Ich würde mir wünschen, dass der FC so aufgestellt wird, dass in sportlichen Fragen auch eine sportlich starke Führung die Entscheidungen trifft – wie es bei anderen Klubs der Fall ist. Das heißt, dass der Sportchef, der Cheftrainer und ein Verantwortlicher mit großer Sportkompetenz, der vielleicht dem Vorstand angehört, über die sportlichen Geschicke entscheiden. Es ist nicht gut, wenn Gremien über die Qualitäten eines Spielers diskutieren und Transfers genehmigen oder blockieren. Wenn Transfers wirtschaftlich vernünftig sind, müssen das alleine Leute mit Sportkompetenz entscheiden. Das ist ihre Kernkompetenz, da muss man ihrem Urteil vertrauen.
Können Sie sich vorstellen, dem FC auch in Zukunft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen?
Der Verein und die Liebe der Menschen in der Stadt zum FC, das hat mich in den letzten Wochen noch einmal begeistert und berührt. Ich möchte den Kontakt nicht verlieren und werde auch mal in der neuen Saison zum Training kommen, Ich kann mir natürlich vorstellen, für den FC weiter tätig zu sein – wenn man das will und auch die Voraussetzungen stimmen. Für mich ist das Wichtigste, dass die Verantwortlichen für den Sport kurze Wege haben, um Entscheidungen zu fällen. Nur so kannst du dauerhaft erfolgreich sein und Kontinuität in den Verein bekommen. Es muss doch für diesen 1. FC Köln mit seiner Wucht und seinen 115.000 Mitgliedern möglich sein, erfolgreicher zu werden. Wir können froh sein, dass der FC drin geblieben ist. Der Abstieg wäre eine Katastrophe gewesen.
Sie erwähnten, dass Sie in sieben Wochen keinen persönlichen Kontakt zum Vorstand gehabt hätten. Dieser entgegnete am Montag, dass ein Vorstand auch keinen engen Draht zu einem Cheftrainer benötige.
Ganz ehrlich: Das sehe ich anders. Ich persönlich hatte immer einen engen Draht zu meinen Präsidenten oder Vorstandsvorsitzenden. Dieser muss nicht unbedingt aus dem Fußball kommen, aber es ist doch das Normalste der Welt, dass man sich austauscht. Der FC ist doch ein Sportverein, da gehören Herzblut und Emotionen einfach dazu. Ich hätte mir manchmal einfach nur ein „Hallo“, ein Schulterklopfen und „viel Glück“ gewünscht.