Köln – Es ist nicht ganz leicht für den 1. FC Köln, den Fokus auf das Europapokalspiel am kommenden Donnerstag gegen den 1. FC Slovacko (21 Uhr, RTL) zu richten, das ja eigentlich ein Feiertag für den Verein sein soll. Die Randale von Nizza haben den Klub tief getroffen und werden ihn noch länger beschäftigen. Nach dem provokanten Plakat der Ultra-Gruppierung „Wilde Horde“ im Heimspiel gegen Union Berlin (0:1), mit dem die Kölner ihre Solidarität mit der in Frankreich verbotenen und in Nizza an den Ausschreitungen beteiligten „Supras“ ausgedrückt hatten, war beim FC-Vorstand dann allerdings das Maß voll.
Das Präsidium wandte sich mit einem Brief an die Mitglieder und kündigte Konsequenzen an (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete). Die Uefa ermittelt wegen der Gewaltexplosion gegen den FC und Nizza, bis Donnerstag haben die Vereine Zeit, Stellung zu den Vorfällen zu beziehen.Die wirken sich unmittelbar auf das erste Conference-League-Gruppenheimspiel des Bundesligisten aus.
Begegnung zu „Risikospiel“ hochgestuft
Als Konsequenz aus den Vorfällen hat die Uefa die Begegnung zum „Risikospiel“ hochgestuft. Für die Fans bedeutet das in erster Linie verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Dabei darf der FC das Rhein-Energie-Stadion erstmals wieder mit 50000 Fans auslasten. Rund 3000 Tickets sind noch erhältlich. Es besteht berechtigte Hoffnung, dass der Abend weitaus friedvoller verläuft als an der Côte d’Azur. Was alleine schon daran liegt, dass der FC, der tschechische Klub und beide Fanlager keinerlei Berührungspunkte zueinander haben und der 1. FC Slovacko ohnehin nur von knapp 500 Fans begleitet wird.
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Sportlich will sich die Kölner Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart nach dem 1:1 in Nizza eine gute Ausgangsbasis in der Gruppe verschaffen und strebt den Heimsieg an. Die personellen Voraussetzungen sind gut – auch wenn Mark Uth, der am Dienstag nach der Mannschaftseinheit individuell auf dem Platz trainierte, wohl erst nach der Länderspielpause im West-Schlager gegen Borussia Dortmund (1. Oktober) zur Option wird.
Ein Titel für den jungen Verein
Der Gegner am Donnerstag dürfte wohl für nahezu jeden Fan ein unbeschriebenes Blatt sein. Auch wenn es phonetisch so klingen mag, so ist der 1. FC Slovacko kein slowakischer Verein, sondern ein tschechischer Klub aus der Stadt Uherské Hradiště (25 000 Einwohner). Das Gebiet im Südosten Tschechiens (im historischen Land Mähren) grenzt im Südosten an die Slowakei und im Süden an Österreich. Der Erstligist ist der jüngste der Kölner Euro-Gegner und wurde erst im Juli 2000 gegründet.
Er entstand allerdings aus einer Fusion zweier regionaler Rivalen, dem FC Synot aus Staré Město und dem FC Synot Slovácká Slavia aus Uherské Hradiště. Die Eröffnung des Städtischen Fußballstadions (Městský fotbalový stadion) fand am 12. Oktober 2003 statt. Gegner war damals Kölns Erzrivale Borussia Mönchengladbach, der mit 3:2 bezwungen wurde. Damals hieß der Klub noch 1. FC Synot, doch nach einem Bestechungsskandal, in den dieser verwickelt war, wurde er umbenannt.
Die vergangene Saison in der Fortuna-Liga schloss Slovacko als Tabellenvierter ab, doch durch den erstmaligen Gewinn des nationalen Pokals (3:1 gegen Sparta Prag) qualifizierte sich die Mannschaft zum fünften Mal insgesamt für den europäischen Wettbewerb und stieg in der dritten Qualifikationsrunde zur Europa League ein. Dort war allerdings gegen Fenerbahce Istanbul Endstation (0:3, 1:1). In den Playoffs zur Conference League setzte sich das Team dann aber überraschend souverän gegen AIK Stockholm durch (3:0, 1:0). In der heimischen Liga ist Slovacko mit zehn Punkten nach acht Spielen mäßiger Achter.
Ex-Leverkusener Kadlec der Kapitän
Der Kapitän des Außenseiters ist ein Altbekannter aus der Bundesliga: Michal Kadlec, der von 2008 bis 2013 insgesamt 158 Pflichtspiele für Bayer 04 Leverkusen bestritt, lässt seine Karriere in Tschechien bei seinem Jugendverein ausklingen. Für dessen Vorgänger-Klub hatte bereits sein Vater Miroslav Kadlec gespielt, der in den 90er-Jahren legendärer Meister-Libero beim 1. FC Kaiserslautern war. 1998 ging es für die Familie dann von der Pfalz aus zurück nach Tschechien, Michal Kadlec begann als 15-Jähriger beim heutigen 1. FC Slovacko und gab mit 17 bereits sein Debüt im Seniorenbereich.
2018 kehrte der Verteidiger nach den Stationen Leverkusen, Fenerbahce Istanbul und Sparta Prag nun zum 1. FC Slovacko zurück. Ein Schritt, den er nicht bereut hat – zumal seine Familie in unmittelbarer Nähe lebt: „Das war eine super Entscheidung. Der Klub steht total hinter mir, und ich habe zu alter Stärke zurückgefunden“, sagt Kadlec, der auf dem Platz als verlängerter Arm von Trainer Martin Svedik gilt, mit seinen 37 Jahren allerdings nicht der älteste Stammspieler der Mannschaft ist. Rechtsaußen Milan Petrzela ist mit 39 noch zwei Jahre älter.