- Der 1. FC Köln hat in der zurückliegenden Saison erst in der Relegation den Klassenerhalt geschafft.
- Zudem gibt der Verein auch abseits des Platzes aktuell kein gutes Bild ab, vor allem aufgrund der Personalie Horst Heldt.
- Im Interview spricht Lukas Podolski unter anderem über die aktuelle Krise des FC sowie die Option Investoren.
Herr Podolski, Ihr Heimatverein 1.FC Köln hat auf den letzten Drücker den erneuten Abstieg vermieden. Wie wichtig war das?Enorm wichtig, keine Frage. Der erneute Abstieg hätte gravierende Auswirkungen gehabt, vor allem finanziell. Ich glaube nicht, dass sich der Verein davon so schnell wieder erholt hätte. Der FC hätte viele Spieler verloren, die Zweite Liga ist zudem im nächsten Jahr gut besetzt. Das wäre ein sehr harter Kinnhaken für den Verein gewesen.
Wie sehr haben Sie sich über die Rettung gefreut?
Die Bilder von Bierduschen auf dem Spielfeld und der Party danach, das ist schon ein bisschen übertrieben gewesen. Der Anspruch hätte ja sein müssen, mit der Mannschaft nicht um den Abstieg zu spielen. Es war eine sehr bescheidene Saison, der FC stand ja von Anfang an mit dem Rücken zur Wand. Jetzt heißt es für alle, die dabei bleiben: Im Urlaub neue Kraft tanken und es in der neuen Spielzeit besser machen.
Freuen konnte man sich über den Erhalt der Erstklassigkeit genau einen Tag, dann rutschte der Klub schon wieder in tiefe Turbulenzen. Was sagen sie zur Trennung von Horst Heldt?
Ich denke, das war längst ausgemachte Sache. Der Sieg im Relegations-Rückspiel in Kiel konnte Horst Heldt gar nicht retten. Der Beschluss war vom Vorstand offenbar schon vorher getroffen worden.
War die Trennung richtig?
Wenn man ehrlich ist, hat er in seiner Zeit nicht viel bewirken können. Es wurden unter ihm so gut wie keine Spieler verpflichtet, die der Mannschaft wirklich weiterhelfen konnten oder die einen höheren Transferwert gewonnen haben. Es wäre aber viel zu einfach, ihn jetzt als alleiniges Bauernopfer nach vorne zu schieben. Viele zeigen mit dem Finger auf Horst Heldt, dabei gibt es noch jede Menge andere große Baustellen im Verein.
Welchen Eindruck macht der FC-Vorstand in der aktuell schwierigen Lage auf Sie?
Es wirkt auf mich so, als säßen sie in einer Dunkelkammer und würden versuchen, den Verein von dort aus zu leiten. In einer der schwierigsten Phasen des Vereins hat mir gefehlt, dass der Vorstand sich bei öffentlichen Auftritten hinter die Mannschaft gestellt hat. Wenn ich Vorstandsmitglied bin und mir der Verein am Herzen liegt, dann muss ich doch eine positive Grundstimmung verbreiten und versuchen, alle mitzunehmen, die Fans wie auch die Sponsoren und den gesamten Verein.
Der FC hat in der Corona-Krise hohe Schulden angehäuft, Leistungsträger wie Bornauw oder Skhiri müssen womöglich verkauft werden. Ist der verhinderte Abstieg nur aufgeschoben?
Schauen wir mal, was die neue Saison bringt. Andere Vereine haben durch Corona auch finanzielle Schwierigkeiten. Das ist ja kein Alleinstellungsmerkmal des FC.
Was muss geschehen, damit der Verein auch in der kommenden Saison konkurrenzfähig ist?
Die Mannschaft muss so aufgebaut werden, dass sie in der Lage ist, um einen Platz im gesicherten Mittelfeld mitzuspielen. Die Transfers, die getätigt werden, müssen sitzen. In den letzten Jahren hat das leider oft nicht gepasst. Steffen Baumgart als neuer Trainer wird dem Team auch eine neue Handschrift verleihen, zudem wird ja wohl ein neuer Sportdirektor gesucht… Schauen wir mal!
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Darüber hinaus: Wie muss sich der Klub aufstellen, damit er auf allen Ebenen eine gute Zukunft hat?
Das FC-Gefühl, die geballte Power, die dieser Traditionsklub hat, ist leider verloren gegangen. Das muss man wieder schaffen! Aber auch jetzt gibt es wieder Chaos, Unruhe. Man hat das Gefühl, es gibt kein Miteinander im Verein. Jeder schaut leider nur auf seinen Posten, so kommt mir das vor. Das tut dem Verein und der Stadt insgesamt nicht gut. Wenn es so weiter geht, kann es schnell mit Vollspeed bergab gehen.
Wäre es für den FC schädlich, wenn sich Investoren stärker engagierten und frisches Geld in den Verein brächten? Gibt es zwischen den Extremen Mitgliederverein und Investorenklub einen Kölner Weg, der eingeschlagen werden kann?
Wege gibt es immer. Die Debatte darüber muss aus meiner Sicht auch geführt werden. Auch in dem Wissen, dass es bei Investorenmodellen zuletzt viele negative Beispiele gab, bei denen das nicht geklappt hat und der Verein in ein noch größeres Chaos gestürzt wurde – siehe zuletzt Hertha BSC. Ich bin ja auch FC-Mitglied und habe durchaus Sorge vor einem reinen Investorenmodell. Das käme für mich nicht in Frage.
Wie kann denn der beste Weg für den Verein gefunden werden? Es müssen doch alle das Interesse haben, dass auch in vier Jahren in Köln noch Profifußball gespielt wird.
Ich finde, es sollte zuallererst ein breites Meinungsbild der Mitglieder eingeholt werden – und nicht nur die Meinung der wenigen tausend, die verlässlich bei Mitgliederversammlungen dabei sind. Der FC hat 115.000 Mitglieder, die müssen ganz konkret gefragt werden: Was wollt ihr? Danach kann dann auch keiner mehr rumheulen, wenn der Verein immer nur gegen den Abstieg spielt, weil die finanziellen Mittel fehlen. Wenn aber die Mehrheit sagt: Wir wollen auch wieder in Europa spielen, müssen von Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat Wege dafür gefunden werden.
Hätten Sie Lust, sich stärker im Verein zu engagieren und an seiner Zukunft mitzuarbeiten?
Stand heute will ich noch ein, zwei Jahre spielen.
Und danach?
Ich habe immer gesagt, der FC ist mein Verein, Köln ist meine Stadt. Jeder kennt den Bezug, es wird ja fast schon langweilig, wenn ich das immer sage. Aber wenn es sich ergibt, mit den richtigen Leuten zusammenzuarbeiten, kann ich mir schon vorstellen, stärker eingebunden zu sein. Alle müssen das aber auch wollen.
Anfang des vergangenen Jahres gab es mal ein Gespräch zwischen Ihnen und dem Vorstand. Hat es seitdem einen weiteren Austausch gegeben?
Nein, null, nix. Es ging offenbar nur darum, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass das Gespräch einmal geführt wurde. Dann wurde da auf dem Papier ein Haken dran gemacht.