Der Vorstand hat seine Basis verloren, die ihn einst ins Amt brachte. Für Werner Wolf und seine Kollegen ist das der Anfang vom Ende ihrer Präsidentschaft.
Der neue Mitgliederrat des 1. FC KölnDie Kurve liefert einen Beweis ihrer Macht
Für den Vorstand war die Mitgliederversammlung ein doppelter Nackenschlag. Zunächst stellte der Mitgliederrat die Vertrauensfrage, indem er empfahl, Werner Wolf und seine Stellvertreter nicht zu entlasten. Dann scheiterte der Kandidat des Vorstands grandios. Zumindest letzteres wäre zu vermeiden gewesen und zeugt einmal mehr von einem strategischen Unvermögen in der Kölner Klubspitze.
Wieder einmal hat man etwas nicht kommen sehen. Wie schon bei der Transfersperre glaubte das FC-Präsidium, es besser zu wissen. Die Ablehnungsquote von 70 Prozent bewies dann, wie weit der Vorstand davon entfernt war, mit seinem Kandidaten durchzudringen.
Die Signalwirkung ist enorm
Die Nicht-Entlastung war vor allem ein Misstrauensvotum. Der 1. FC Köln hat auch nach der Mitgliederversammlung keine Aussichten, für die Transfersperre und deren Folgen in irgendeiner Form entschädigt zu werden. Juristisch wird die Aktion keine Folgen haben. Doch die Signalwirkung ist enorm.
Werner Wolf und seine Mitstreiter wissen nun, dass die Gremienvertreter, die sie einst vorgeschlagen haben, nicht mehr mehrheitlich hinter ihnen stehen. Und dass die Mitglieder, die sie ins Amt wählten und später bestätigten, sie eigentlich nicht mehr haben wollen. Dass Wolf auf einen Rücktritt verzichtete, ist mangels Alternativen vernünftig. Doch war diese Versammlung der Anfang vom Ende seines Präsidiums.
Südkurve entscheidet über die Besetzung
Der Mitgliederrat ist nicht voll besetzt. Das ist nicht weiter schlimm, zwölf Mitglieder werden ihre Aufgabe womöglich besser erfüllen können als 15. Doch zeigte sich wieder einmal: Nicht die 140.000 Mitglieder des 1. FC Köln wählen das Aufsichtsorgan des Vorstands. Es ist die Südkurve, die über die Besetzung entscheidet. Der Zusammenschluss der aktiven Fangruppen hatte exakt jene zwölf Kandidaten zur Wahl empfohlen, die nun im Gremium sitzen.
Besonders deutlich wird der Einfluss der Szene beim Blick auf die Zahlen jenseits von Platz zwölf: Zwischen den Rängen fünf und neun lagen nur drei Prozent. Zwischen zwölf und 13 waren es 30.
Verfälschte Ergebnisse in beide Richtungen
Die Wahlergebnisse waren in beide Richtungen verfälscht. Durch den Einfluss der Südkurve erhielten die einen Kandidaten drastisch zu gute, die anderen unerklärlich schlechte Ergebnisse. Das bedeutet aber nicht, dass nun jedes Mitglied des neuen Rates seine Berufung allein dem Wirken der Szene zu verdanken hat. Der Wahlvorschlag zeigt einmal mehr, dass Teile der Szene besser organisiert und informiert sind, als das Klischee des gewaltbereiten Pyromanen vermuten ließe.
Bei aller Verwunderung über die schwach argumentierte und doch beschlossene Nicht-Entlastung oder den Ausgang der Wahl, bei aller Skepsis, dass ein Verein dieser Größe unter derartigem Einfluss der Fankurve steht: Was sich für das Präsidium wie ein übles Foulspiel anfühlen mag, ist nicht mehr als ein demokratischer Vorgang.
Dem amtierenden Vorstand bleibt weiterhin die Möglichkeit eines versöhnlichen Endes seiner Amtszeit, für den FC wäre es das Beste. Wann das sein wird, ist weiterhin offen.