Der 1. FC Köln lädt zur jährlichen Aussprache in die Lanxess-Arena. Der Verein hat sich stabilisiert, doch die Lage ist sportlich wie wirtschaftlich angespannt.
Versammlung in Zeiten der KriseWelche Fragen sich die FC-Bosse stellen lassen müssen
Am Mittwoch (Beginn ist um 18 Uhr) steht die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln an. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Veranstaltung in der Lanxess-Arena.
Wie viele Mitglieder werden erwartet?
Prognosen sind traditionell schwierig. Es gibt keine Sonntagsfragen, keine verbindlichen Anmeldungen. Grundsätzlich war die Beteiligung immer dann hoch, wenn im Verein Unruhe herrschte. Außerdem zu wichtigen Abstimmungen wie über den Mitgliederrat im Jahr 2018, als mehr als 6000 Mitglieder in die Arena strömten. In Erinnerung blieb die Mitgliederversammlung 2017, als die zu einiger Berühmtheit gelangten „Hoodies“ verschenkt wurden, Kapuzenpullover. Damals kam es zu Tumulten an den Ausgabestellen. Immerhin erschienen rund 6500 Mitglieder.
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Ohne Geschenke und nennenswerte Unruhe im Verein nahmen im vergangenen Jahr 913 Mitglieder teil, 789 gaben am Ende ihre Stimme zur Wahl des Vorstands ab. Im Jahr 2020 führte der Klub wegen der Pandemie eine rein digitale Veranstaltung durch, 7500 Mitglieder wählten sich ein. Als tief in der Nacht über die Neubesetzung der Wahlkommission abgestimmt wurde, gaben noch 1100 Teilnehmer ihre Stimme ab.
Wie viele Mitglieder hat der 1. FC Köln?
Die Internetpräsenz des Vereins weist derzeit 132.439 Mitglieder aus. Damit ist der 1. FC Köln hinter dem FC Bayern, Borussia Dortmund und Schalke 04 der viertgrößte Fußballverein Deutschlands und der neuntgrößte Fußballklub der Welt. Präsident Werner Wolf hat in der Einladung zur Mitgliederversammlung die Bedeutung dieser Zahlen beschrieben. „Die aktuellen Entwicklungen haben nichts mehr mit der Seele des Fußballs zu tun. In diesen Zeiten bietet der FC ein Gegenmodell, das viele anzieht. Hier gibt es Profifußball, der nah an den Menschen bleibt, der weiß, wo er zu Hause ist.“ Der 1. FC Köln sei ein Verein, „der gut zuhört und Teilhabe ermöglicht“, ergänzt Vizepräsident Carsten Wettich.
Welche Wahlen stehen an?
Nach drei Jahren wird die Wahlkommission satzungsgemäß neu besetzt. Vorstand und Mitgliederrat haben die derzeitige Kommission vorgeschlagen. Weitere Wahlvorschläge gibt es nicht.
Wie wird das neue Format der Veranstaltung aussehen?
Bislang saßen auf der Bühne die Würdenträger im Scheinwerferlicht wie der Elferrat im Gürzenich. Das wird sich ändern. Für die FC-Verantwortlichen, die auf der Bühne gebraucht werden, wird eine Wartezone mit Couch bereitstehen. Es wird ein Rednerpult geben für Wortmeldungen der Mitglieder sowie einen Bereich, in dem die Verantwortlichen ihre Berichte abliefern werden. Diesmal in einem Talk-Format, moderiert von der Kölner Sportjournalistin Jana Wosnitza.
Nach den Jahresberichten sieht die Tagesordnung die Aussprachen vor. Man wolle die Versammlung so weiterentwickeln, „dass sie ein informativer, lockerer Abend für die Mitglieder wird. Wir brauchen Raum für die kritische Auseinandersetzung. Alles, was den Mitgliedern auf dem Herzen liegt, wird auch besprochen“, verspricht der Vorstand in der Einladung. Die Mitgliederversammlung in diesem Jahr bietet eine gute Gelegenheit, ein solches Format zu testen. In den kommenden Jahren steht die Wahl zum Mitgliederrat mit ausschweifenden Vorstellungsrunden der Bewerber an. 2025 wird schon wieder ein Vorstand gewählt.
Welche Zahlen wird die Geschäftsführung präsentieren?
Der 1. FC Köln wird für das abgelaufene Geschäftsjahr erstmals seit vielen Jahren wieder eine Bilanz ausweisen, die auch ohne Transfereinnahmen positiv ausgefallen wäre. Insgesamt wird der Klub einen Überschuss von rund zwölf Millionen Euro ausweisen, der durch die Verkäufe von Anthony Modeste und Salih Özcan für jeweils fünf Millionen Euro, die Teilnahme an der Conference League und eine deutliche Senkung der Personalkosten erreicht wurde. Zwar bleibt die Situation schwierig. Doch der Sanierungsplan schreitet voran, es wird weiter gespart.
Wo drohen Konflikte?
Der 1. FC Köln ist ein Fußballverein, entsprechend groß ist der Einfluss des sportlichen Abschneidens der Profis auf die Stimmung einer Mitgliederversammlung. Daran wird der blendende Start der Frauenmannschaft wenig ändern.
Der Sparkurs könnte als Ursache für den Fehlstart ausgemacht werden, Geschäftsführer Christian Keller dürfte solchen Vorwürfen mit dem Argument der wirtschaftlichen Alternativlosigkeit begegnen.
Dass der 1. FC Köln trotz des früh vollendeten Klassenerhalts Schwierigkeiten hatte, die Mannschaft zu verstärken, lag auch an der Unsicherheit durch das Fifa-Urteil im Fall Potocnik. Erst Ende Mai setzte der Internationale Sportgerichtshof (Cas) die Transfersperre aus, die Geschäftsführung wird sich also zwei Fragen gefallen lassen müssen: Erstens, wie man einen Vertrag mit einem Nachwuchsspieler schließen konnte, der ein deutliches Klagerisiko seines Ex-Vereins barg. Und zweitens, wie man es anschließend überhaupt zum Prozess kommen lassen konnte, mit dem man sich beim Fußball-Weltverband auf großer Bühne blamierte. Auch nach der Beschwerde beim Cas droht dem Verein eine Millionenstrafe sowie eine Transfersperre für ein Jahr.
Gibt es weitere größere Themen?
Der Konflikt um den Ausbau des Geißbockheims im Grüngürtel bedarf einer Erläuterung, das Präsidium dürfte dazu einen Beitrag vorbereitet haben, um die Mitglieder auf Stand zu bringen.
Interessant wäre zudem, ob es Neuigkeiten zum Stadion gibt. Der Pachtvertrag des 1. FC Köln mit der Kölner Sportstätten GmbH läuft im kommenden Jahr aus. Aus Sicht des FC liegt es nahe, einen Umzug nach Marsdorf mit der Stadionfrage zu verbinden: Das Geißbockheim soll nach dem Wegzug des FC in eine Bezirkssportanlage umgewidmet werden, für die Aufbauten würde der Verein eine Abstandszahlung verhandeln. Je höher die ausfiele, desto eher wäre der FC bereit, beim neuen Pachtvertrag Zugeständnisse zu machen. Doch obgleich diese Mittel letztlich aus einem Top kommen, sind die Themen Geißbockheim und Stadion schwierig zu verknüpfen.
Welche wichtigen Satzungsänderungen stehen zur Abstimmung?
Auf Initiative eines Mitglieds schlagen Vorstand und Mitgliederrat vor, ein Bekenntnis zum Nachhaltigkeitsprinzip in der Satzung zu verankern. Dazu passt, dass es einen Antrag gibt, nach dem die Einladungen zur Mitgliederversammlung künftig nicht mehr in Papierform verschickt werden müssten. Außerdem sollen Mitglieder künftig bereits im Alter von 16 Jahren wahlberechtigt sein – analog zum Wahlrecht in Nordrhein-Westfalen auf kommunaler Ebene.
Um die Dauer der Mitgliederversammlung zu reduzieren, soll künftig die Gesamtentlastung von Gremienmitgliedern der Grundsatz sein. Victor Robertz, Anwalt aus Köln, möchte eine Klausel streichen lassen, nach der das Präsidium mit Zustimmung des Mitgliederrats und nach Anhörung des Beirats berechtigt wäre, Anteile am 1. FC Köln zu verkaufen, um „einen drohenden schweren wirtschaftlichen Schaden“ abzuwenden. Grundsätzlich darf der Vorstand nur mit der Zustimmung der Mitgliederversammlung Anteile verkaufen.